Hochschule für Fernsehen und Film:Münchner gewinnt Studenten-Oscar mit Cyber-Thriller

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Der Münchner Alex Schaad erhält den Studentenpreis der Academy in Beverly Hills. Dabei war sein Thriller über digitale Überwachung eigentlich nur eine Art Übungsfilm.

Von Bernhard Blöchl

Es war vor ein paar Tagen, als Alex Schaad Atemnot bekam. Da rief plötzlich Hollywood bei dem jungen Filmemacher an, um ihn "nach einer sehr langen Einleitung", wie es der Münchner formuliert, zur Oscar-Verleihung nach Los Angeles einzuladen. Nun geht es dabei nicht um die eine weltbewegende Oscar-Verleihung, sondern um die "Student Academy Awards", also die sogenannten Studenten-Oscars, aber sei's drum: Das ist die Krönung für jemanden, der das Filmemachen gerade erst lernt.

"Real ist es immer noch nicht", sagt Schaad, wissend, dass sein Märchen sehr wohl wahr ist. Der 26-Jährige studiert Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), er erhält die Auszeichnung in der Kategorie "Bester ausländischer Spielfilm". Ob Gold, Silber oder Bronze, das erfährt der Münchner am 22. September in Beverly Hills.

"Beverly Hills, Kalifornien", das soll auch auf dem Display seines Telefons gestanden haben, als ihn der Anruf erreichte. "Das hat mein Handy wohl irgendwie zugeordnet", sagt Schaad, dessen Film genau davon handelt: von den zunehmend unheimlicheren Mysterien der digitalen Welt. Hier war es nur die Zuordnung einer unbekannten Nummer; im halbstündigen Thriller "Invention of Trust" treibt es Schaad auf die Spitze.

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Da gerät ein junger Gymnasiallehrer in die Fänge eines dubiosen Konzerns. Dieser kauft Internet- und Handydaten, bewertet sie und droht damit, die Analysen zu veröffentlichen. Einkaufs- und Surfverhalten, Gesundheitsrisiken, Beziehungsqualitäten, alles. Der Film skizziert einen Albtraum unserer Zeit, den Cyber-Super-Gau, und wie sich in der Story Eltern, Schüler und Freunde von dem Lehrer abwenden, ist der blanke Horror.

Am Ende, im Chaos, schwingt sich der gefallene Protagonist zu einem atemberaubenden Monolog auf, spricht vom "Anbruch einer totalitären Zeit" und davon, dass wir "unser Grundrecht auf Privatsphäre verschleudert" hätten.

"Invention of Trust" ist eine starke Miniatur mit Qualitäten in Schauspielerführung, Kamera und Aktualität. Das haben bereits die Juroren beim Max-Ophüls-Filmfestival in Saarbrücken erkannt, wo das Werk im Januar als Uraufführung lief und den Preis für den besten mittellangen Film bekommen hat. Dabei hatten Alex Schaad und sein Team lediglich vier Drehtage. Entstanden ist der Film im September 2015, gedreht wurde in München, etwa am Werner-von-Siemens-Gymnasium.

Drei HFF-Studenten haben den Nachwuchs-Oscar schon gewonnen

Besonders kurios ist die Tatsache, dass es sich bei dem preiswürdigen Thriller um einen Übungsfilm handelt, Schaads zweiten an der HFF. Erst seit 2013 studiert der in Kasachstan geborene Russlanddeutsche an der renommierten Hochschule, davor war er selbständig, hatte "Jobs bei Fernsehen, Film und Theater", wie er sagt.

Früher lebte er in Mengen in Baden-Württemberg, wo seine Eltern nach dem Ende der Sowjetunion neu angefangen hatten. Nach München gebracht habe ihn sein älterer Bruder Dimitrij, der an der Theaterakademie August Everding Schauspiel studierte und sich auf Theaterbühnen etablieren konnte. In "Invention of Trust" überzeugt er in der Hauptrolle, und auch am Drehbuch war er beteiligt. "Wir schreiben immer zusammen", sagt Alex Schaad.

Bereits drei HFF-Studenten bekamen den Nachwuchs-Oscar: Katja von Garnier 1994, Florian Gallenberger 2000 und zuletzt Lennart Ruff 2014. Dass sich aber ein Übungsfilm und nicht der Abschlussfilm gegen Hunderte Arbeiten aus aller Welt durchsetzt, das ist neu. "Bei uns gab es das jedenfalls noch nie", bestätigt Jette Beyer von der HFF. Alex Schaad sagt: "Ich habe das auch meinem Professor Andreas Gruber zu verdanken." Dieser habe den Film ausgewählt, jede Hochschule darf ja nur ein Werk bei der Academy einreichen.

Schaad ist ein Glückspilz, ein ganz besonderer noch dazu: Der Tag, an dem die Auszeichnung seines Films offiziell verkündet wurde, war sein 26. Geburtstag.

© SZ vom 01.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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