Deutsche Banken:Kein Allheilmittel

Deutsche Bank in Frankfurt

Die Türme der Deutschen Bank in Frankfurt

(Foto: Arne Dedert/dpa)

In Deutschland sollten sich viel mehr Kreditinstitute zusammenschließen, fordert Deutsche-Bank-Chef Cryan. Doch was bedeutet das für die Kunden und Steuerzahler?

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es ist zweifelsohne menschlich, die Schuld für das eigene Schlamassel auch auf die Umstände zu schieben. Kein Wunder also, dass Deutsche-Bank-Chef John Cryan gerade ausführlich dargelegt hat, warum es für Banken angeblich so schwierig ist, in Deutschland ordentlich Geld zu verdienen. Die heimischen Kunden nämlich achteten sehr viel genauer auf die Preise fürs Girokonto oder Überweisungen als anderswo, klagte er. Außerdem gebe es hierzulande "schlicht zu viele Banken", anders als in Spanien, Frankreich oder Nordeuropa. Diese "Kleinstaaterei" solle beendet werden, es brauche Fusionen - auf nationaler Ebene, aber auch über die Grenzen hinweg. Auch an die Deutsche Bank dürfte Cryan dabei gedacht haben. Schließlich gab es in den Doppeltürmen zuletzt vage Überlegungen, ob man nicht mit der Commerzbank fusionieren könnte. Was ist dran an Cryans Aussagen?

Gibt es wirklich zu viele Banken in Deutschland?

Da gehen die Meinungen auseinander. Die Sparkassen und Volksbanken argumentieren, dass es in Deutschland durchaus viele kleine und größere Banken braucht, um Unternehmen und Privatkunden quer durch die Republik zuverlässig mit Bankdienstleistungen und Krediten zu versorgen. Trotzdem nahm die Zahl der Banken in den vergangenen Jahren stetig ab. Gab es in den Neunzigerjahren noch über 4500 Institute in Deutschland, sind es aktuell nur noch 1960, davon gut tausend Volksbanken. Diese verbleibenden knapp 2000 Banken und Sparkassen liefern sich jedoch weiterhin einen harten Konkurrenzkampf, schließlich sind viele Bankprodukte letztlich weitgehend austauschbar. Bankenexperte Jan Pieter Krahnen von der Goethe-Universität in Frankfurt sagt, das größte Problem von Europas Banken sei nicht der Kapitalmangel, sondern die mangelnde Profitabilität. "Die Banken machen zu wenig Gewinn, weil es schlichtweg immer noch viel zu viele Banken gibt in Deutschland mit insgesamt viel zu vielen Mitarbeitern", sagt Krahnen. Deutschlands Bankenmarkt ist zudem der am stärksten zersplitterte der Euro-Zone. Laut EZB hatten die fünf größten heimischen Banken 2014 nur einen Marktanteil von 32 Prozent. In Cryans Thesen steckt daher durchaus Wahrheit: Wären die Sparkassen nicht so dominant, hätte es die Deutsche Bank hierzulande wohl leichter. Allerdings hat sie den Mittelstand auch lange vernachlässigt.

Wird es nun mehr Fusionen geben?

Über lange Zeit fusionierten jedes Jahr rund eine Handvoll Volksbanken und Sparkassen. Dieser Trend hat sich bei den Regionalbanken seit gut einem Jahr deutlich verstärkt. Die niedrigen Zinsen fressen dauerhaft die Margen auf; da wollen manche Institute gemeinsam Kosten sparen. Zu Fusionen kommt es in der Regel nämlich erst, wenn die Geschäfte schlechter laufen. Schließlich verlieren Vorstände ihre Posten, und Lokalpolitiker müssen ihre lukrativen Sitze in den Verwaltungsräten der Sparkassen räumen. In fünf Jahren werden von den derzeit 408 Sparkassen in Deutschland wohl nur noch rund 250 übrig bleiben, schätzt Bernd Nolte, Sparkassenexperte der Beratungsfirma 4 P Consulting. Die Zahl der Volksbanken dürfte sich bis dahin von jetzt 1047 auf 700 dezimiert haben. Bei den größeren Banken sind die Beharrungskräfte stärker: Trotzdem haben es die Volksbanken nun geschafft, ihre Spitzeninstitute DZ und WGZ-Bank zu fusionieren. Auch bei den Landesbanken gibt es Bewegung. Wie die Nord-LB am Donnerstag mitteilte, schluckt sie die Bremer Landesbank wie geplant komplett und löst damit die Kapitalprobleme ihrer Tochter. Übrig bleiben fünf große Landesbanken, die sich Konkurrenz machen.

Wie wahrscheinlich ist eine Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank?

In der Theorie klingt die Idee erst einmal charmant, vor allem in einem Markt, der kaum noch wächst. Denn gemeinsam könnten die Institute Kosten einsparen. Zusammen hätten sie in Deutschland und Europa zudem einen relevanten Marktanteil im Privat- und Firmenkundengeschäft. In der Praxis aber ist so eine Fusion derzeit schwer vorstellbar. Zunächst bräuchten die beiden Banken die Zustimmung von Aktionären und Aufsicht. Sie müssten diese überzeugen, dass sie mit einer Fusion wirklich ihre Probleme lösen können. Denn auch gemeinsam wären sie nach wie vor schwach kapitalisiert. Außerdem schlössen sich nicht nur zwei kulturell sehr unterschiedliche Institute zusammen, es würden auch sehr viele Arbeitsplätze wegfallen, womöglich sogar kurz vor der Bundestagswahl 2017. Ob der Bund, der nach wie vor an der Commerzbank beteiligt ist, so ein Vorhaben unterstützen würde, ist daher offen. Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht Bafin, sagte am Donnerstag auf einer Konferenz, aus zwei schwachen Instituten werde nicht automatisch ein starkes. Fusionen seien daher kein Selbstzweck, aber immerhin einer von mehreren Wegen zu mehr Effizienz.

Sparen, sparen, sparen

Die Deutsche Bank erwägt, ihren Sparkurs noch einmal zu verschärfen. Der Vorstand werde darüber an diesem Wochenende beraten, am 15. und 16. September folge dann eine Strategie-Klausur mit dem Aufsichtsrat in Mailand, sagten zwei mit den Plänen vertraute Person. Das Strategietreffen auf höchster Ebene findet zwar jedes Jahr um diese Zeit statt. Es bekommt dieses Mal aber Brisanz, weil die Bank wegen der Niedrigzinsen unter einem enormen Ertragsdruck steht. Zudem sind eine Handvoll der wichtigen Rechtsstreitigkeiten der Bank immer noch ungelöst, womit unklar ist, wie hoch die Strafen genau ausfallen werden. Einem Insider zufolge lässt sich die Tagesordnung für die Sitzung mit den Schlagworten Systeme, Prozesse, IT und Kunden zusammenfassen. Um eine Fusion mit einem anderen Geldhaus gehe es auf der nächsten Sitzung nicht, denn man könne nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Jedoch müsse sich die Bank die Frage stellen, ob die bisherigen Sparbemühungen ausreichten. Zudem denkt die Bank dem Vernehmen nach weiter über einen Teil- oder Komplettverkauf ihrer Vermögensverwaltung nach. Zumindest ein kleiner Teil dieser Sparte könne losgeschlagen werden, um zur Not die Kapitalprobleme zu lösen. Reuters/Mesc

Wenn immer mehr Banken fusionieren: Was heißt das für Kunden und Steuerzahler?

Weniger Banken würden mit großer Wahrscheinlichkeit auch höhere Preise für Girokonten und Kreditkarten sowie höhere Zinsen für Baudarlehen bedeuten. In den USA zum Beispiel bezahlen Kunden laut Deutsche-Bank-Chef Cryan für viele alltägliche Bankprodukte drei- oder viermal so viel wie hierzulande. Das aber macht die Banken profitabler: Sie könnten ihre Eigenkapitalreserven aufstocken, die sie für die Kreditvergabe vorhalten müssen und die sie vor einer Pleite schützen. Geht es daher um die Frage, wie stabil das Finanzsystem sein soll, dann plädieren viele Experten für einen Markt mit weniger, dafür aber profitableren Kreditinstituten, die idealerweise eingehegt sind in den Schranken des Kartellrechts und auf ihre Kosten achten. Nicht noch einmal sollen die Steuerzahler viele Milliarden für die Rettung von Banken bezahlen müssen wie in der Finanzkrise.

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