Ausschreibung:Künstler sollen in München Gedenkorte für NS-Opfer gestalten

Stolpersteine München

Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus sind in vielen Orten akzeptiert - nur in München nicht.

(Foto: dpa)
  • Stolpersteine zum Gedenken an Opfer aus der Nazi-Zeit sind in München nicht erlaubt.
  • Der Stadtrat beschloss vor rund einem Jahr, eine eigene, städtische Alternative für das Gedenken anzubieten und dafür einen Wettbewerb auszuschreiben.
  • Die Einladung von Künstlern erweist sich allerdings offenbar schwieriger als angenommen.

Von Franz Kotteder

Zwei städtische Kunstwettbewerbe laufen derzeit, bei denen es um die heiß diskutierte Frage geht, wie man der Opfer des Nationalsozialismus gedenken kann. Am kommenden Dienstag sollen die Entwürfe für eine städtische Alternative zu den umstrittenen Stolpersteinen und für ein Namensdenkmal vorliegen.

An der Öffentlichkeit lief das gesamte Verfahren bislang weitgehend vorbei - das städtische Kulturreferat hatte das so gewollt und den Stadtrat davon überzeugt, für beides jeweils einen sogenannten geladenen Wettbewerb auszuschreiben. Bei dem wählt eine Jury die beteiligten Künstler aus. Wie sich jetzt allerdings zeigt, ist es gar nicht so einfach, die zu finden.

Vor einem guten Jahr befasste sich der Stadtrat zum vorerst letzten Mal mit der schwierigen Frage des Gedenkens an die Nazizeit und ihre Opfer. Nachdem die Stolpersteine im Rest der Republik und in ganz Europa als gängige Form des Gedenkens akzeptiert sind, in München aber vor allem am Widerstand der Israelitischen Kultusgemeinde scheitern, beschloss man damals, eine eigene, städtische Alternative anzubieten und dafür einen Wettbewerb auszuschreiben.

Der ist in seiner Art konkurrenzlos, zumindest was die Länge seines Namens angeht: "Gestaltungswettbewerb Erinnerungstafeln an Hauswänden auf Blickhöhe und Stelen mit Erinnerungstafeln auf öffentlichem Grund vor dem Gebäude". Zusätzlich schrieb man noch einen Kunstwettbewerb für ein richtiges Denkmal aus. Auf ihm sollen die Namen aller Münchner "Todesopfer des nationalsozialistischen Terrorregimes" aufgelistet sein. Es könnte entweder beim Prinz-Carl-Palais, beim Siegestor, zwischen Feldherrnhalle und Königsplatz oder an der Neuhauser Straße vor der Alten Akademie aufgestellt werden. Für beide Wettbewerbe sollen die Entwürfe bis Dienstag bei der Stadt eingereicht werden.

Bisher gab es darüber so gut wie keine öffentliche Diskussion. Sie war auch gar nicht gewollt, weil der Stadtrat ja in beiden Fällen beschloss, die Jury gezielt Künstler einladen zu lassen. Eine völlig offene Ausschreibung, an der sich jeder Feld-, Wald- und Wiesenkünstler beteiligen könne, heißt es, schrecke Profis nur ab. "Ein in der internationalen Kunstszene etablierter Name macht bei so etwas gar nicht erst mit", sagt Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD). Da ist zwar etwas dran, Qualität garantieren die großen Namen aber dennoch nicht. Andere große Städte - Berlin zum Beispiel - schreiben derartige Wettbewerbe offen aus, und das funktioniere auch, sagen viele Künstler. In der Münchner Szene herrscht Unmut über die vielen nicht offen ausgeschriebenen Kunstwettbewerbe.

Namen werden erst genannt, wenn die Entscheidung gefallen ist

Die von der Stadt eingesetzte Jury bestand aus sieben Fachleuten städtischer und staatlicher Museen, acht Stadträten sowie Vertretern der Israelitischen Kultusgemeinde, der Liberalen jüdischen Gemeinde, zweier weiterer Opfergruppen und dem Stadtarchiv. Diese 20 Mitglieder luden Künstler ein, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Mit offenbar mäßigem Erfolg. Für das Denkmal fand man fünf Kandidaten von zumindest nationaler Reputation, für die Tafeln und Stelen sind es acht, zwei davon sind auch schon beim Denkmal mit dabei. Immerhin findet man hier aber auch eine bildende Künstlerin von internationalem Ruf.

Namen will das Kulturreferat nicht nennen - es fürchtet, Künstler könnten wieder abspringen, wenn sie in die öffentliche Diskussion gerieten. "Angesichts der sehr emotional und teilweise auch unsachlich geführten Auseinandersetzungen rund um die Stolpersteine", sagt Referatssprecherin Jennifer Becker, "war es nicht einfach, überhaupt geeignete Künstler und Künstlerinnen für eine Wettbewerbsbeteiligung zu gewinnen." Die Jurymitglieder hätten deutlich mehr Personen nominiert, als letztlich zugesagt haben.

Was bei den beiden Wettbewerben herauskommt, wird die Öffentlichkeit erst im kommenden Jahr erfahren, wenn dem Stadtrat die Entscheidung der Jury vorgelegt wird.

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