Druck auf Israel:Siedler im Minenfeld

Eigentlich legt die Fifa fest, dass "Klubs nicht auf dem Territorium eines anderen Mitgliedsverbandes ohne dessen Erlaubnis spielen dürfen". Israelische Siedler-Klubs tun das aber, in den besetzten Gebieten. Das wollen 60 EU-Abgeordnete ändern.

Der Fußball rollt im Nahen Osten seit jeher über ein Minenfeld, gekämpft wird längst nicht nur auf dem grünen Rasen. Sport ist Politik und damit die Fortsetzung des Konflikts mit anderen Mitteln. Vor allem für die Palästinenser bietet sich hier manche Möglichkeit, die Israelis auch einmal in die Defensive zu drängen. Nun haben die Fußball-Funktionäre in Ramallah um den kernigen General Dschibril Radschub Hilfe bekommen aus dem EU-Parlament: Rund 60 Abgeordnete wollen nächste Woche einen Brief an Gianni Infantino, den Präsidenten des Fußball-Weltverbands Fifa, schicken, in dem sie den Ausschluss von fünf israelischen Klubs aus dem Ligabetrieb fordern. Der Grund: Die Mannschaften stammen aus den jüdischen Siedlungen, die völkerrechtswidrig auf dem seit 1967 besetzten palästinensischem Territorium gebaut wurden.

Initiator des parteiübergreifenden Briefs, der Druck entfalten soll vor dem Treffen des Fifa-Rats am 13. und 14. Oktober in Zürich, ist der Abgeordnete Alyn Smith von der Schottischen Nationalpartei. Ein Großteil der Unterzeichner gehört zum grünen und linken Lager, aber es finden sich darunter auch liberale, sozialdemokratische und konservative Abgeordnete. Gefordert wird, dass die "Fifa beschließt, dass Siedlungsklubs ihren Sitz entweder ins Gebiet der international anerkannten israelischen Grenzen verlegen oder vom Israelischen Fußballverband ausgeschlossen werden" müssen. Zur Begründung wird an die von der Fifa jüngst wieder betonte "Verpflichtung zur Förderung der Menschenrechte" erinnert - vor allem aber wird auf die Fifa-Statuten verwiesen. Dort nämlich ist in Artikel 83 explizit festgeschrieben, dass "Mitgliedsverbände und ihre Klubs nicht auf dem Territorium eines anderen Mitgliedsverbandes ohne dessen Erlaubnis spielen dürfen".

Die Uefa zwang Russland, eine eigene "Krim-Liga" zu bilden

Einen recht aktuellen Präzedenzfall gibt es in Osteuropa: Nachdem Russland im März 2014 die Krim annektiert hatte, spielten die vormaligen ukrainischen Erstligaklubs aus Sewastopol und Simferopol plötzlich in der dritten russischen Liga, natürlich ohne Erlaubnis des ukrainischen Verbands. Die Uefa setzte diesem Treiben schließlich ein Ende, und Russland musste den Ausschluss der Klubs akzeptieren. Gegründet wurde stattdessen eine eigene "Krim-Liga" außerhalb der Fifa-Welt.

"Es gibt keinen Grund, eine nachsichtigere Politik gegenüber den israelischen Siedlungsklubs zu verfolgen", heißt es nun im Brief der EU-Abgeordneten. Neu auf der Tagesordnung der Fifa ist das Thema allerdings nicht. Verhandelt worden war darüber schon beim Fifa-Kongress im Mai 2015 - als Teil eines Antrags der Palästinenser, Israel aus der Fifa auszuschließen. Als Kompensation dafür, dass schließlich dieser den heiligen Fifa-Frieden störende Antrag zurückzogen wurde, hat man eine Kommission ins Leben gerufen, die sich speziell mit den israelisch-palästinensischen Fußball-Beziehungen befasst. Nun steht das Thema im Oktober wieder auf der Tagesordnung des Fifa-Rats.

Betroffen wäre Hapoel Bikat Hayarden - in "Liga Aleph Süd"

Unter den EU-Parlamentariern, die den Brief unterzeichneten, ist auch der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi. "Als deutscher Abgeordneter gehe ich natürlich an alle Entwicklungen, die Israel betreffen, mit der gebotenen Vorsicht heran", sagt er. "Aber ich habe mich trotzdem dafür entschieden, hier zu unterzeichnen, weil ich glaube, dass völkerrechtliche Grundsätze und die Fifa-Statuten Anwendung finden müssen." Der Sport, so meint er, habe "immer gut daran getan, nicht zu stark politisiert zu werden". Doch hier sieht er die Politisierung in den "Doppelstandards", mit denen die Siedlungsklubs behandelt würden. Dies gelte es zu korrigieren.

Jenseits des Politischen würde ein Ausschluss der Mannschaften aus den Siedlungen übrigens wohl kaum größere sportliche Turbulenzen auslösen. Alle fünf Klubs spielen in unteren israelischen Ligen. Am weitesten oben steht noch Hapoel Bikat Hayarden aus der "Liga Aleph Süd", der geteilten dritten Spielklasse. Die Mannschaften aus Ariel, Kirjat Arba, Maaleh Adumim und Givat Zeev spielen ganz unten, in Liga vier und fünf. "Israel hat nun zwei Optionen", meint Martin Konecny, ein Unterstützer des Briefs, der in Brüssel einer Nichtregierungsorganisation namens "Europäisches Nahost-Projekt" vorsteht. Es könnte eine eigene Siedler-Liga gründen, oder aber die Vereine müssten umziehen. "Es geht ja nicht darum, Leute vom Fußballspielen abzuhalten", sagt er, "auch nicht die Siedler."

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