Überbevölkerung:Die spinnen, die Römer

Schwangerschaft erhöht Unfallrisiko

Geld oder Kind?

(Foto: dpa)

Frauen, die auf Nachwuchs verzichten, sollen eine Geldprämie bekommen: Das verlangt der "Club of Rome", um Überbevölkerung zu verhindern. Was für eine absurde Idee.

Kommentar von Christian Weber

Die Logik ist verführerisch: Jeder Mensch verbraucht Ressourcen und verursacht Emissionen. Theoretisch könnte er zwar nachhaltiger leben, praktisch lässt er sich nur schwer dazu bewegen. Einfacher wäre daher der Erhalt des Planeten, würde die Zahl der Menschen abnehmen. Alles nur eine Frage des Kopfgeldes, sagen Experten des Club of Rome und schlagen in einem kürzlich in Berlin vorgestellten Bericht vor, jeder Frau in den Industrieländern eine Prämie von 80 000 Dollar zu zahlen, wenn sie bis zum 50. Lebensjahr nicht mehr als ein Kind bekommen hat.

Es ist ein absurder Vorschlag.

Man sollte die Menschen nicht als Hautkrankheit des Planeten ansehen

Man muss schon sehr schlichten Marktmodellen folgen, um zu glauben, dass Lebensentscheidungen so einfach zu kaufen seien. Eine junge Frau mit Kinderwunsch soll ernsthaft auf Nachwuchs verzichten, nur weil sie vielleicht zwei Jahrzehnte später eine Summe bekommt, mit der sie sich eine hübsche Oberklasse-Limousine leisten kann? Kinder sind in westlichen Industriestaaten ohnehin teuer und ökonomisch sinnlos. Männer und Frauen zeugen Kinder, weil sie hoffentlich etwas Glück stiften oder das Leben bereichern, vielleicht auch aus Konvention und gelegentlich aus Zufall. Bestimmt aber nicht nach einem Griff zum Taschenrechner. Wenn schon, so zeigen Studien und Lebenserfahrung, spielen eher Überlegungen eine Rolle, wie sich Kinder mit Beruf und Karriere vereinbaren lassen.

Folgte man der Logik des Club of Rome, müsste man im Dienste der Ökologie möglichst viele Kinderkrippen schließen, Teilzeitarbeit erschweren, das Wickeln und Stillen in der Öffentlichkeit verbieten - eine möglichst kinderfeindliche Atmosphäre schaffen. Das wäre dann der Punkt, wo Umweltbewusstsein in Menschenfeindlichkeit umschlägt. Die Haltung erinnert an einen alten, nicht ganz unlustigen Witz: Sagt ein Planet zu einem anderen: "Du, ich habe Menschheit." Antwortet der andere: "Keine Sorge, das geht vorüber."

Wer die Menschen hingegen nicht als Hautkrankheit der Erde sieht, sondern die Umwelt auch für sie erhalten will, muss den anstrengenden Weg gehen und dafür sorgen, dass jeder einzelne ein nachhaltigeres Leben führt. Natürlich darf die Weltbevölkerung nicht ewig wachsen. Aber das wird sie auch nicht, sobald eigene Kinder nicht mehr für die Altersversorgung nötig sind. Und zahlreiche Modellrechnungen haben gezeigt, dass die Ressourcen der Erde reichen, um bis zu zehn Milliarden Menschen zu versorgen, wenn man richtig wirtschaftet. Auf den neuen Ratschlag des Club of Rome hingegen kann man gut verzichten. Die spinnen doch, die Römer.

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