Pop:Postpunk aus Fernost

Die Band "Hiperson" im Import Export

Von Dirk Wagner

Als die chinesische Band Carsick Cars im vergangenen Jahr über Facebook verkündete, dass sie wegen eines Konzertausfalls noch einen Termin zwischen Straßburg und Wien zu vergeben hätte, stockte dem Münchner Studenten Adam Lange der Atem. Nach seinem Abitur war er für ein Jahr nach Peking gezogen, um dort die chinesische Sprache zu lernen. Dabei lernte er auch die chinesische Indie-Szene kennen, in der Carsick Cars eine bedeutende Rolle spielt. Zusammen mit seinem Freund Jonas Haesner suchte er in München einen Auftrittsort und fand ihn in der Südstadt. Obgleich der Gig sehr spontan kam, war das Konzert gut besucht. Das motivierte Lange und Haesner, weitere Gigs mit chinesischen Bands in München zu veranstalten. "Comecerts" heißt ihre Reihe, die nach einem weiteren Konzert in der Südstadt ins größere Import Export übersiedelte. Hier werden die Konzerte zu regelrechten Partys ausgeweitet.

Nach dem Konzert der aus Chendu stammenden Postpunk-Band Hiperson legt diesen Samstag der Münchner DJ Yu En elektronische Musik aus China auf. Yu En heißt eigentlich Jörn Blachnitzky und ist auch regelmäßig in der Favoritbar zu Gast. Nur um chinesische Filme zu verstehen, lernte Blachnitzky ursprünglich die chinesische Sprache. "Als Linguist wusste ich ja, dass sie gar nicht so schwierig ist, wie immer behauptet wird", sagt Yu En, der bald auch die Popmusik des Riesenlandes für sich entdeckte und mittlerweile vom Jazz aus den Dreißigerjahren bis zu aktuellen Techno-Produktionen "für mindestens sieben Jahre ausreichende Musik" aus China besitzt, wie er sagt.

Vor allem die asiatischen Einflüsse machen für Jörn Blachnitzky alias Yu En den besonderen Reiz des modernen Techno aus Peking aus, der derzeit auch in Europa immer häufiger gespielt wird. Zum regelrechten China-Experten avanciert, besuchte Blachnitzky natürlich auch alle Veranstaltungen von "Comecerts". "Er schätzt unsere Arbeit. Und wir schätzen seine", erklärt der "Comecerts"-Veranstalter Jonas Haesner den Umstand, dass es nun zu einer engen Zusammenarbeit der China-Experten kommt. Dass im Vorprogramm zu Hiperson auch noch der Münchner Ausnahme-Schlagzeuger Tom Wu aufspielt, der unter anderem auch bei Das Weiße Pferd, Parasyte Woman, Hidden Cameras oder Shinto mitwirkt, hat allerdings nichts mit dem chinesisch anmutenden Namen zu tun.

"Wir lassen bewusst Münchner Musiker, die wir toll finden, im Vorprogramm der chinesischen Bands spielen, weil wir möchten, dass die sich gegenseitig kennenlernen und eventuell vernetzen", sagt Haesner, der langfristig einen Kulturaustausch erhofft, der Münchner Bands auch mal nach Peking lockt. "Es spielen dort ohnehin schon erstaunlich viele sehr gute Bands aus dem Westen", sagt Blachnitzky, der selbst regelmäßig nach China reist, um die dortige Kultur vor Ort zu erfahren. Es sei schon fast enttäuschend, dass sie offensichtlich nicht bedeutend genug seien, als dass die chinesische Regierung sie zensieren wollte, soll ein chinesischer Musiker laut Blachnitzky mal über die fernöstliche Indie-Szene gesagt haben. Gerade mal die Hip-Hop-Musiker ecken ab und zu an. Aber nicht etwa, weil sie über die Korruption in China singen, sondern weil in ihren Texten das chinesische Wort für "ficken" zu oft vorkommt, sagt Blachnitzky.

Hiperson, Samstag, 17. September, 21.30 Uhr, Import Export, Dachauer Straße 114

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