Anschläge in den USA:Nach dem Bombenanschlag ist die Stimmung in Chelsea angespannt

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Nach den Anschlägen in New York und New Jersey hat die Polizei Straßen gesperrt. (Foto: AFP)

"Warum hier?" Diese Frage stellen sich Menschen, die im New Yorker Stadtteil leben, in dem die Bombe explodiert ist. Inzwischen wurde ein Verdächtiger festgenommen.

Von Hakan Tanriverdi, New York

Der Polizist stoppt eine Gruppe Fußgänger, die die Straße entlanglaufen will. Rundherum ist alles abgeriegelt. "Ihr könnt hier nicht durch", sagt der Polizist. Es ist keine weitere Erklärung notwendig, ein Blick in die Gegend reicht: Polizei- und Feuerwehrautos, Absperrband und Agenten in Anzügen, an den Straßenecken postiert. Am Polizisten kommt nur vorbei, wer in dieser Straße wohnt oder arbeitet. Keiner aus der Traube also. "Alles klar", sagt einer, und dann: "Thank you for your service". Es ist die in den USA geläufige Grußformel, mit der sich Menschen bei Polizisten und Soldaten für deren Arbeit bedanken.

Vor zwei Tagen, am Samstagabend, explodierte in dieser Straße, es ist die 23rd Street im südwestlichen Teil von Manhattan, eine Bombe. Es handelte sich um einen mit Metallteilen gespickten Schnellkochtopf, gebaut für ein Massaker, wie die New York Times titelte. Vier Straßen weiter nördlich fand die Polizei eine weitere baugleiche Bombe. Sie detonierte nicht.

29 Menschen verletzt, keiner tödlich

Bei der Explosion wurden insgesamt 29 Menschen verletzt, einer schwer, keiner tödlich. Wenige Stunden später wurden zudem Sprengsätze an einem Bahnhof im benachbarten Bundesstaat New Jersey gefunden.Die Polizei hat nun einen 28-jährigen US-Bürger mit dem Namen Ahmad Khan Rahami inhaftiert, berichten NBC News und CNN. Er soll sowohl mit den Taten in New York als auch mit denen in New Jersey in Verbindung stehen.

Im New Yorker Stadtteil Chelsea waren zunächst einige Straßenzüge abgeriegelt. Mittlerweile scheint sich die Polizei auf die 23rd Street zu konzentrieren. Die U-Bahnen stoppen wieder an den nahegelegenen Haltestellen, Menschen marschieren schnell durch den strömenden Regen.

Die Stimmung in New York ist über das Wochenende vergleichsweise ruhig geblieben. Anteil daran dürfte auch der Bürgermeister der Stadt haben, Bill de Blasio. Dieser riet anfangs - als noch wenig über die Motive bekannt war - davon ab, das Wort "Terrorismus" zu benutzen.

Inzwischen wird de Blasio für seine Aussage allerdings kritisiert, denn die Vermutung eines terroristischen Hintergrunds erhärtet. Doch de Blasio versucht weiterhin, zu beruhigen. Bald findet in New York die Generalversammlung der Vereinten Nationen statt. Die Polizeipräsenz werde dann "größer denn je zuvor sein", kündigte der Bürgermeister an.

"Es fühlt sich an wie ein Testlauf"

Im Stadtviertel Chelsea hingegen, wo die Bombe explodierte, ist die Stimmung nun angespannter. Eine Anwohnerin erzählte dem Wall Street Journal, dass sie Angst vor weiteren Angriffen habe. "Es fühlt sich an wie ein Testlauf", sagte sie der Zeitung.

Auch Anowarul Haque äußert sich ähnlich. Der Mann führt einen kleinen Kiosk in der 23rd Street, der am Sonntag geschlossen bleiben musste. "Warum haben sie die Bombe hier gezündet?", fragt der Mann, der nach eigener Aussage seit 30 Jahren in New York lebt. New York ist eine Stadt, in der es Dutzende Orte gibt, die viel prominenter sind und an denen sich viel mehr Menschen versammeln, sagt er. Diese Straße gehört nicht dazu.

Sein Mitarbeiter, ein junger Mann, der gebrochenes Englisch spricht, steckt sich beide Finger in die Ohren. Er arbeitete am Samstag, als er plötzlich einen lauten Knall hörte. "Drei Stunden lang hat die Explosion in meinen Ohren nachgehallt."

Eine Kundin kommt in den Laden. Sie schaut in den Raum und fragt: "Bist du etwa der Typ, der gerade gesucht wird? Du trägst einen Bart." Die Polizei hat kurz zuvor das Bild von Rahmani verschickt. Für eine Sekunde ist es still. Dann grinst Haque breit und die Frau sagt: "Ich nehm' dich nur auf den Arm." Sie ist Stammkundin in diesem Laden, und versteht sich gut mit Haque, der ein Muslim ist.

Doch schon ihr bitterer Witz zeigt, wie angespannt die Lage ist und wie die öffentliche Debatte, so kurz vor der Präsidentschaftswahl, in den kommenden Wochen geführt werden wird. Donald Trump, der republikanische Kandidat, spricht sich bereits für racial profiling aus. So sollen potentielle Terroristen gefunden werden - allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit oder ihres Aussehens.

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