Gesundheitskarte:Wenig Wissen

Die Mehrheit der Versicherten fühlt sich nicht ausreichend informiert, ergab eine Umfrage. Fast die Hälfte glaubt, alle medizinischen Daten würden gespeichert.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Fast zwei Jahre nach Einführung der elektronischen Gesundheitskarte fühlt sich die Mehrheit der Versicherten über die neue Karte nicht ausreichend informiert. Das Wissen der Bürger über die Frage, was die elektronische Karte kann und was nicht, sei nach wie vor "außerordentlich gering", heißt es in dem "Gesundheitsmonitor 2016". Für das Kooperationsprojekt der Bertelsmann-Stiftung und der Barmer GEK wurden fast 1600 Versicherte zwischen 18 und 79 Jahren nach ihrer Einstellung zu der Karte befragt.

Die Gesundheitskarte, die Anfang 2015 Pflicht wurde, unterscheidet sich bislang von ihrer Vorgängerin nur durch das aufgedruckte Foto. Die auf ihnen gespeicherten Daten sind ansonsten identisch - Name, Geburtsdatum, Anschrift, Krankenversicherungsnummer. Die Bundesregierung drängt darauf, dass nach mehreren Verzögerungen von 2017 an die technischen Möglichkeiten der Karte stärker genutzt werden. Nach den Vorgaben des Gesetzgebers sollen zum Beispiel die Arzneimitteldaten nun Anfang 2018, spätestens aber Ende 2019 über die Karte abrufbar sein.

Fast die Hälfte aller Befragten glaubt, dass alle medizinischen Daten gespeichert werden

Das Bundesgesundheitsministerium verspricht sich dadurch weniger Doppelbehandlungen. Auch ließe sich leichter feststellen, welche Medikamente ein Patient nimmt, um eine hohe oder schädliche Verordnung zu vermeiden. Wie erfolgreich die Karte sein wird, hängt allerdings maßgeblich davon ab, inwieweit die Bürger diese akzeptieren.

Bei der repräsentativen Umfrage des Gesundheitsmonitors wurde deshalb genau nachgehakt: Danach gaben 62 Prozent an, nicht genug über die Karte zu wissen. Fast die Hälfte glaubt, dass darauf alle medizinischen Daten landen, inclusive der Untersuchungsergebnisse. Tatsächlich ist dies wegen des Datenschutzes nicht verpflichtend geplant. Die meisten Befragten sind aber vom Sinn der Karte durchaus überzeugt: Mehr als zwei Drittel finden es gut, wenn darauf künftig Informationen über verordnete Medikamente zu finden sind, um zum Beispiel gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden.

82 Prozent sprechen sich ebenfalls dafür aus, zumindest medizinische Daten wie die Blutgruppe, die für einen Notfall erforderlich sind, automatisch zu speichern. Die Mehrheit ist auch dafür, dass der Impfpass, eine Organspende-Erklärung oder die Patientenverfügung generell auf der Karte zu finden sein sollten. Skeptisch sind die Bürger der Umfrage zufolge bei anderen Daten: Mehr als die Hälfte plädierte dafür, Diagnosen, Therapie-Empfehlungen oder Behandlungsberichte nur auf persönlichen Wunsch dort zu speichern.

Es sei deutlich zu sehen, dass verglichen mit früheren Umfragen "bei allen Aspekten der Datenspeicherung die Menschen in deutlich höheren Maße einbezogen werden wollen als früher", heißt es in dem Bericht. So hält mehr als jeder Dritte die Daten, auf die sich mit der Karte zugreifen lassen, für unsicher. Jeder Zweite befürchtet sogar, dass die gespeicherten Daten auch Unbefugten, wie etwa den Anbietern von Lebensversicherungen, zugänglich sein könnten.

Das Bundesgesundheitsministerium will mit dem E-Health-Gesetz die Nutzung der Karte vor allem auf freiwilliger Basis vorantreiben. Es wird somit zukünftig maßgeblich von der Zustimmung der Patienten abhängen, auf welche Daten Krankenhäuser, Mediziner und Arztpraxen zugreifen können.

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