Demographie:Ohne Zuwanderung sinkt die Bevölkerung

Die Pessimisten unken schon: Wenn die Geburtenrate in Deutschland weiter so niedrig bleibt, sterben die Deutschen aus. Ganz so schlimm wird es nicht kommen, aber Fakt ist: die Einwohnerzahl Deutschlands wird sinken, es sei denn es findet massive Einwanderung statt.

Bernd Oswald

Mit dem zukünftigen Aufbau von Bevölkerungen befasst sich die Demographie. Diese Entwicklung hängt im Wesentlichen von der Geburtenhäufigkeit, von der Sterblichkeit, der Lebenserwartung und der Zuwanderung ab.

Demographie: In den nächsten fünfzig Jahren wird die Schere zwischen Gestorbenen und Lebendgeborenen immer weiter auseinander klaffen.

In den nächsten fünfzig Jahren wird die Schere zwischen Gestorbenen und Lebendgeborenen immer weiter auseinander klaffen.

(Foto: Statistisches Bundesamt)

Zur Zeit bringt jede deutsche Frau durchschnittlich 1,35 Kinder zur Welt. Damit die momentane Bevölkerung Deutschlands von zur Zeit etwa 82 Millionen Menschen konstant gehalten werden könnte, müsste jede Frau etwas mehr als 2 Kinder bekommen. Da dies auf absehbare Zeit nicht der Fall sein wird, würde die Einwohnerzahl Deutschlands stark zurückgehen.

In direktem Zusammenhang mit der Geburtenziffer steht die Sterblichkeit. Bis 1970 kamen in der Bundesrepublik jährlich mehr Kinder zur Welt als Menschen starben. Seit den 1970ern hat sich dieses Verhältnis aber umgekehrt: Es sterben mehr Menschen als Babys zur Welt kommen.

Anteil der Rentner steigt kontinuierlich

Das Problem, das dieser negative Saldo aufwirft, wird durch die steigende Lebenserwartung noch verschärft. Die Menschen in Deutschland werden dank des medizinischen Fortschritts immer älter. So stieg die Lebenserwartung von Frauen von 68,5 Jahren 1949 auf 80,6 Jahre 1998 (Männer 64,6 bzw. 73,6 Jahre) und wird noch weiter zunehmen.

Sind momentan 15,9 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre, werden es 2030 schon 27,9 Prozent, also fast doppelt so viele sein, wenn die demographische Entwicklung so weiter ginge wie bis jetzt.

Der Altersaufbau verschiebt sich bis 2030 auch dadurch, weil dann sehr viel mehr Menschen sterben als angesichts der niedrigen Geburtenziffer Kinder zur Welt kommen werden: Die Bevölkerung in Deutschland wird weiter abnehmen.

Um dem Bevölkerungsschwund vorzubeugen, benötigt die Bundesrepublik also Zuwanderung aus dem Ausland. Seit 1955, als die Bundesrepublik erstmals ausländische Arbeitnehmer anwarb, sind etwa 30 Millionen Migranten eingewandert, von denen 9 Millionen in Deutschland geblieben sind.

Seit der Neuregelung des Asylrechts 1993 sind immer weniger Ausländer nach Deutschland gekommen. 1998 verließen gar erstmals mehr Ausländer die Bundesrepublik als Ausländer zuzogen. Allerdings wurden in diesem Jahr mehrere Hunderttausend bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge abgeschoben.

Modellrechnungen zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Das Statistische Bundesamt hat vier Modellrechnungen zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland vorgelegt. Die hohe Variante geht von einem Zuwanderungsüberschuss von 300.000 Ausländern jährlich aus, die mittlere Variante rechnet mit einem jährlichen Überschuss von 200.000 Ausländen, in der niedrigen Variante sind es 100.000 Ausländer. Schließlich gibt es ein Modell ohne Zuwanderungsüberschuss aus dem Ausland.

Selbst wenn jährlich 300.000 Ausländer mehr ein- als auswandern, wird die Bevölkerung angesichts des negativen Saldos zwischen Lebendgeborenen und Gestorbenen von zur Zeit 82 Millionen auf rund 75 Millionen im Jahr 2050 sinken. Bei weniger Zuwanderung aus dem Ausland sinkt die Bevölkerung entsprechend stärker.

Ohne Zuwanderung steigen die Rentenbeiträge noch stärker

Zuwanderung ist aber nicht nur nötig, um den Bevölkerungsschwund halbwegs aufzufangen, sondern auch für den Arbeitsmarkt und für die Rentenpolitik. Damit zum Beispiel der Bevölkerungsanteil der potenziell Erwerbsfähigen, also die 15-64-Jährigen, bis 2050 konstant bleibt, bräuchte Deutschland nach Berechnungen der Vereinten Nationen jährlich im Schnitt etwa 460.000 Zuwanderer.

Wenn auch der Anteil der über 65-Jährigen konstant bleiben sollte, würde Deutschland gar einen durchschnittlichen Zuwanderungsüberschuss von 3,4 Millionen Menschen jährlich benötigen.

Solche Dimensionen wird die Zuwanderung sicher nicht erreichen (können). Die Folge ist, dass die Bevölkerung in Deutschland sinken wird und dass sich zugleich die Altersstruktur massiv verschieben wird und der Anteil der Rentner stark zunehmen wird. Mit Zuwanderung können diese Probleme aber immerhin etwas abgemildert werden.

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