Lebensversicherung:"Das rechnet sich nicht"

Heimstettener See bei Kirchheim, 2013

Wer später ein gutes Auskommen haben will, muss frühzeitig vorsorgen. Lebensversicherungen eignen sich dazu kaum noch.

(Foto: Florian Peljak)

Viele Makler empfehlen solche Policen nur noch eingeschränkt zur privaten Altersvorsorge. Und raten dazu, bald auslaufende Verträge zu prüfen - manchmal lohnt sich die Kündigung.

Von Herbert Fromme, Hamburg

Zehntausende von Versicherungsvertretern und Maklern verkaufen unverdrossen Lebensversicherungen an private Kunden, dafür kassieren sie Milliarden an Provisionen. Aber bei erfahrenen Vermittlern hat ein Umdenken eingesetzt: Angesichts der niedrigen Zinsen lohnen sich private Lebensversicherungen unter Rendite-Gesichtspunkten kaum noch. Zur Risikoabsicherung sind sie aber weiter wichtig, glauben sie. Außerdem empfehlen Vermittler, bald zur Auszahlung anstehende Verträge zu prüfen. Manchmal lohnt sich eine vorzeitige Kündigung.

Ganz offen äußert sich Oliver Fellmann, Chef der Maklerfirma Mark in München. Fellmann empfiehlt derzeit keinem Kunden für die private Altersvorsorge klassische Lebensversicherungen, fondsgebundene Policen oder andere von den Versicherern neu auf den Markt gebrachte Produkte. "Das rechnet sich nicht", sagt Fellmann. Grund sind niedrige Zinsen verbunden mit hohen Kosten. "Dann soll er anders und diversifiziert investieren, vielleicht auch in Aktien." Muss der Kunde allerdings ein Berufsunfähigkeits- oder Todesfallrisiko abdecken, kann die Lebensversicherung sinnvoll sein, fügt er hinzu. Auch in der betrieblichen Altersversorgung kann sie nützlich sein, meint der Makler.

Fellmann ist nicht irgendwer. Er ist Vorstandsmitglied des Verbands Deutscher Versicherungsmakler, in dem 640 große und mittelgroße Maklerfirmen mit 12 000 Mitarbeitern Mitglied sind. "Die Versicherer müssen endlich mit den vom Kunden zu zahlenden Kosten runter, damit sich die Verträge wieder lohnen", fordert er.

Wenn heute ein Kunde zu Fellmann kommt und ihn um Rat für die Altersvorsorge bittet, empfiehlt er immer, zunächst die sogenannten biometrischen Risiken abzusichern - Familienversorgung im Todesfall, Berufsunfähigkeit. Und wenn er die abgesichert hat? "Hat er eigentlich nie, aber wenn wir davon ausgehen, würden wir fragen, was er von den Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung genutzt hat." Dafür würde er eine Lebensversicherung mit Garantie oder ein "gemäßigtes Alternativprodukt" empfehlen, also einen Vertrag ohne hohe Risiken für den Kunden. Bei der betrieblichen Altersversorgung helfen mögliche Arbeitgeberzuschüsse und Einsparungen bei Sozialbeiträgen der Rendite, bei privaten Verträgen nicht.

Die aktuelle Kapitalmarktlage verbunden mit der wirtschaftlichen Situation vieler Gesellschaften kann dazu führen, dass sich für manche Verträge eine vorzeitige Kündigung lohnt. Fellmann rät Kunden mit bald ablaufenden Policen zur genauen Prüfung. Das gilt gerade für hohe Lebensversicherungen, bei denen eine halbe Million Euro oder eine Million Euro fällig werden. Denn bei Ablauf oder Kündigung müssen die Versicherer Beteiligungen an den Bewertungsreserven auszahlen, die aber wegen der Kapitalmarktlage schon bald geringer ausfallen könnten.

So machen bei einer konkreten Police mit 520 000 Euro Auszahlung die zusätzlich fälligen Bewertungsreserven knapp 30 000 Euro aus. "Dieser Betrag ist aktuell höher als erwartet", sagt Fellmann. "Es kann aber sein, dass die Summe in den kommenden Jahren sinkt." Das hänge von der Kapitalmarktentwicklung und der Lage der Versicherer ab. Denn sie nutzen die Bewertungsreserven, um ihre in den 90er-Jahren gegebenen Zinsgarantien von 3,5 Prozent und 4 Prozent abzusichern. Dann stehen sie für die Ausschüttung nicht mehr zur Verfügung. "Es kann deshalb im Einzelfall Gründe geben, einen solchen Vertrag vorzeitig aufzulösen", sagt Fellmann. Allerdings solle sich ein Kunde hier unbedingt von Experten genau beraten lassen - zum Beispiel müsse die Frist von zwölf Jahren Laufzeit eingehalten sein, um negative steuerliche Auswirkungen zu vermeiden.

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