Buchmesse:Unser Ding

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Die Göteborger Buchmesse rief zur Verteidigung der Freiheit auf. Ihr Schwerpunkt war diesmal ein Jubiläum: Vor 250 Jahren beschloss der schwedische Reichstag ein Gesetz zur Sicherung von Druck- und Pressefreiheit. Es war das erste seiner Art.

Von Stephan Opitz

Ende September ist eindeutig Göteborg die Hauptstadt Schwedens: Die dortige Buchmesse ist die größte Skandinaviens, die größte Schwedens und, würde man Besuchermengen und Ausstellerzahlen in Relation zur Bevölkerung setzen, ein Ereignis, neben dem die Frankfurter Messe sich mal gerade eben sehen lassen könnte.

Der Schwerpunkt in diesem Jahr war kein Gastland, das natürlich seine eigene Entourage zusätzlich an die schwedische Westküste mitbringt. Das Thema stand - sozusagen - seit 250 Jahren fest: Im Dezember 1766 beschloss der schwedische Reichstag das überhaupt erste und weltweit lange Zeit radikalste Gesetz zur Sicherung der Druck- und Pressefreiheit. Nur sechzig Jahre früher war der schwedische Übersetzer und Schriftsteller Johan Heinrich Schönheit noch wegen Blasphemie auf dem Scheiterhaufen gestorben.

So etwas mit und auf einer Buchmesse zu feiern ist gar nicht so leicht - was soll man auch anders sagen, als jenen zivilisatorischen und demokratischen Komfort zu bejahen und seine beherzte Verteidigung weltweit einzufordern? Was die schwedische Kulturministerin Alice Bah Kuhnke (sie ist sogar Ministerin für Kultur und Demokratie!) beherzt bei der Eröffnung tat.

Immer noch beleben jede Menge Krimis das Buchgeschäft

Umso höher schlugen die Wellen im Vorhinein der Buchmesse: Die rechtspopulistische bis rechtsextreme Zeitschrift Nya Tider (unter anderem leugnet man dort die Schoah) hatte einen Buchmessestand gebucht, der Vertrag war gültig. Dann rieb das Buchmessen-Management sich plötzlich die Augen und Nya Tider sollte einmal rausgeworfen werden. Dann ging das nicht - und die Folge war, dass ein eher kleinerer Messestand, deutlich erkennbar an den üblichen intelligenzfreien, unappetitlichen und langweiligen Parolen und Drucksachen, mächtig umlagert und besucht wurde. Und einige Autoren boykottierten dann die Messe - unter anderen Lisa Bjurwald, in Schweden sehr prominente und auch in Deutschland gut bekannte Publizistin und investigative Journalistin.

Der schwedische Buchhandel konnte ganz leicht zulegen, dank der üblichen Ratgeber-Drucksachen und nach wie vor jeder Menge Krimis, einschließlich des Millennium-Fakes von David Lagercrantz. Doch von einem großen, komplexen, neuen Roman war dieses Jahr weit und breit nichts zu sehen und zu lesen.

Die Göteborger Buchmesse überzeugt jedoch immer mit ihrem Seminar- und Vortragsprogramm, das fester und absolut gleichgewichtiger Bestandteil neben dem eigentlichen Messegeschäft ist. Dort war das Schwerpunktthema erstklassig untergebracht. Auch wenn dafür zuweilen Polizeischutz nötig war, etwa als Lars Vilks, der Mohammed-Zeichner, auf dem Podium saß. Ola Larsmo, Schriftsteller und Pen-Vorsitzender in Schweden, formulierte die Sache mit der Freiheit dann ebenso lässig wie engagiert: Jetzt ist es unser Ding, die Druck- und Pressefreiheit, welche die vor 250 Jahren mal losgetreten hatten, zu verteidigen. Sie hängt hier unter dem Dach der Messe, und sie gehört jedem von uns.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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