Münchner Rathaus:Paare in der Politik: Nichts geht über Beziehungen

Münchner Rathaus: Verheiratet, ein Kind: Gudrun Lux leitet die Münchner Grünen, Florian Roth deren Stadtratsfraktion.

Verheiratet, ein Kind: Gudrun Lux leitet die Münchner Grünen, Florian Roth deren Stadtratsfraktion.

(Foto: Andreas Gregor)
  • Gudrun Lux ist zur neuen Stadtvorsitzenden der Grünen gewählt worden.
  • Sie ist die Ehefrau des Fraktionsvorsitzenden Florian Roth - aus diesem Grund gab es vor der Wahl bei der Parteibasis gelegentliches Grummeln.
  • Lux und Roth sind nicht das erste Paar, das in München gemeinsam im Politikbetrieb arbeitet.

Von Heiner Effern und Frank Müller

Machtkonzentration hat an der Grünen-Basis über Jahrzehnte mindestens Hautausschlag und Übelkeit ausgelöst. All diesen allergischen Reflexen zum Trotz haben sich die Münchner Parteimitglieder am Montagabend für eine Art politischen Familienbetrieb entschieden: Sie wählten Gudrun Lux, 36, zur neuen Stadtvorsitzenden. Die bisherige Beisitzerin im Vorstand ist mit Florian Roth, 49, verheiratet, der mit Gülseren Demirel die Grünen-Fraktion im Rathaus führt. Im Vorfeld grummelte es an Teilen der Basis, am Wahlabend drehte Lux den Spieß aber um.

Offensiv sprach sie in ihrer Bewerbungsrede zuerst ihre Kritiker an. "Ich habe mich wahnsinnig geärgert im ersten Moment. Dann hat es mich bestärkt, erst recht anzutreten." Im zweiten Schritt stellte sie die Zweifler, ob Amt und Mandat in einer Familie nicht zu eng verbandelt seien, in die frauenfeindliche Ecke. "Es gibt in München offensichtlich immer noch Leute, die sich nicht vom Gedanken frei machen können, dass eine Frau das Anhängsel ihres Mannes ist."

Sie werde sich kein Politikverbot aufdrücken lassen, nur weil ihr Mann Politiker sei. Als sie auch noch Transparenz versprach, um auf die "Herausforderung" eines Politikerpaares zu reagieren, dankte es ihr die Versammlung mit warmen Applaus. Schon da war zu erkennen, dass die Machtkonzentration in einem Haushalt sie vielleicht einige Stimmen, nicht aber die Wahl kosten würde.

Gerade Münchens und Bayerns Grüne haben schon früher bewiesen, dass sie Paare in ihrer Partei durchaus tolerieren. Theresa Schopper füllte als Landes- und Fraktionschefin im Landtag Spitzenämter aus, während ihr Mann Boris Schwartz in München politisch aktiv war. Schopper verzichtete dann aber auf die Spitzenkandidatur bei der OB-Wahl 2014, weil Schwartz gleichzeitig Kommunalreferent werden wollte.

"Ich will jeden Eindruck vermeiden, dass die Familie Schwartz/Schopper die Stadtgeschicke vom Küchentisch aus in die Hand nimmt, und etwaigen Interessenkonflikten von vornherein eine klare Absage erteilen", schrieb Schopper damals an die Parteifreunde. Letztlich schied Schwartz aus der Fraktion aus und wurde auch nicht Kommunalreferent. Schopper ist mittlerweile Staatssekretärin im grün regierten Baden-Württemberg.

Paare in den Parteien

Paare in der Politik sind aber keine grüne Spezialität. Als Christian Ude auf dem Weg in die Stadtspitze war, ließ er sich im Jahr 1990 erstmals in den Stadtrat wählen. Dort allerdings saß schon seine Frau Edith, ebenfalls für die SPD. Sie überließ ihm die Bühne und schied aus dem Rathaus aus. Einen gänzlich anderen Weg ging Ende der Achtzigerjahre ein weiteres SPD-Duo: Die beiden Stadträte Doris Henkel und Peter Kripp wurden ein Paar und fühlten sich in der SPD privat und politisch nicht mehr wohl. Sie gründeten daraufhin im Rathaus die als "Sofafraktion" viel verspottete zweiköpfige USD. Diese veränderte immerhin den Lauf der Stadtgeschichte, weil sie in einer Koalition der CSU zu einer Mehrheit im Rathaus verhalf.

Eines der bekanntesten Ehepaare in der Münchner Politik waren Ex-Oberbürgermeister Georg Kronawitter und seine Frau Hildegard. Beide saßen nacheinander im Landtag. Dort erregt derzeit ein weiteres, noch recht frisches Paar Interesse: CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer ist mit der Münchner Abgeordneten Mechthilde Wittmann liiert.

Die Themen der Grünen stehen im Mittelpunkt

Mit ihrem Paar gingen die Grünen in München jedenfalls entspannt um. Lux bekam 66 Stimmen, ihre Gegenkandidatin Henrike Hahn 58. Diese verzichtete in ihrer Rede komplett auf eine Anspielung in diese Richtung. Auch bei Fragen aus der Versammlung kam das Thema nicht zur Sprache. So konnten Lux und ihr Mann später gelöst mit einem Weißbier auf ihren Sieg anstoßen. Erleichtert und voller Tatendrang. "Es ist nicht mehr lange hin, bis wir über beide Ohren im Bundestagswahlkampf stecken", sagte Lux. "Organisation, Koordination, Projektmanagement, das macht mir Spaß. Es geht darum, dass grüne Themen noch viel mehr gehört werden."

Die Münchner Grünen hatten die vergangenen Jahre bei ihren Stadtvorsitzenden eine hohe Fluktuation. Die bisherige Amtsträgerin Heidi Schiller trat vorzeitig zurück, um ein Entwicklungsprojekt im Senegal zu betreuen. Hermann Brem als Ko-Vorsitzender bleibt bis zum regulären Termin im Mai im Amt, dann müssen Lux und er sich einer Neuwahl stellen.

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