Fußballer im Netz:Ter Stegen hat den langweiligsten Twitter-Account des Fußballs

VfL Borussia Moenchengladbach v FC Barcelona - UEFA Champions League

Marc-André ter Stegen hat wenig zu sagen - zumindest auf Twitter.

(Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Immer 100 Prozent, immer "#DesireToWin". Immer gähn. Der Torwart des FC Barcelona füllt das Netz mit leeren Hülsen. Wir wundern uns über so viel Gedankenlosigkeit.

Von Jonas Beckenkamp

Im Grunde müsste es aus Fußballtorhüter Marc-André ter Stegen nur so heraussprudeln, schließlich blickt er auf eine Woche mit erhöhtem Nachrichtenbetrieb zurück. Erst kehrte er mit dem FC Barcelona in sein früheres Zuhause Mönchengladbach zurück. Dann folgte am Sonntagabend ein 3:4 in Vigo, an dem er sich mit einem halben Eigentor beteiligte, ehe am Montag plötzlich wieder Erfreuliches zu seiner Person zu hören war.

Das große Barça, die Wiege des schönen Spiels, baut trotz seines Abspielfehlers gegen einen Menschen namens Pablo Hernandez in der Zukunft auf ihn. Eine Vertragsverlängerung bis 2021 bei einer festgeschriebenen Ablösesumme von 80 Millionen Euro soll ihn zu einem Gesicht des Klubs machen. Doch zu alldem hat der 24-Jährige bisher nur wenig gesagt. Er werde seine "Spielweise nicht ändern", er sei eben ein fußballspielender Torwart, die üblichen Erklärungen.

Ausgerechnet auf Twitter, wo ter Stegen einen Account mit hoher Mitteilungsfrequenz betreibt, blieb er still. Normalerweise sind die Tweets von Deutschlands Torhüter Nummer zwei eine Besonderheit, denn sie sind irgendwie einmalig. Einmalig abgeschmackt. In letzter Konsequenz führt nämlich kein Weg an folgender These vorbei: Marc-André ter Stegen hat den langweiligsten, banalsten, PR-verseuchtesten Twitter-Account des Profifußballs.

Im Gegensatz zu Sportlern wie Mats Hummels oder Dirk Nowitzki scheint ter Stegen seine Äußerungen im Netz nicht selbst zu tätigen. Er lässt tweeten. Und zwar von Marketing-Menschen, die offenbar Posts wie diese beiden für innovativ halten, damit seine 365 000 Follower ordentlich Content um die Ohren gepeitscht bekommen.

Da ist die Rede vom "#DesireToWin" - ein Branding, das sich per Hashtag durch viele Einträge zieht, ähnlich wie bei Mario Götze und seiner immer wiederkehrenden Nullaussage "#PartofGötze". Auch dessen Twitter-Account ist ja ein rechter Witz, aber bei ter Stegen erreicht das #HeißeLuftLevel ganz neue Qualitäten. Dass ein Nationalkeeper viel trainiert, um ständig besser zu werden, ist natürlich eine bahnbrechende Erkenntnis. Da möchte man fast schon anmerken, dass Übung den Meister macht und der frühe Vogel den Wurm fängt, Heidewitzka. Und den obligatorischen "Great team win" gibt's als Schmankerl noch obendrauf - er ist übrigens ein Floskel-Import aus dem Amerikanischen, wie sich an den Profilen berühmter Basketballer erkennen lässt.

Das mit dem "Improven", dem kategorischen Trainingsfleiß, liegt ter Stegen aber offenbar wirklich am Herzen. "Only you have the power zu improve", heißt es in einer früheren Notiz, damit das endlich auch mal alle checken. Den Fans, womöglich ebenso alles Selbstimprover, gefällt's. 1712 Likes. Wohlgemerkt: So was muss immer noch ein Mensch bei Twitter in 140-Zeichen-Form eintippen. Es hat sich also in ter Stegens Management wirklich jemand hingesetzt und diese Plattitüden eigenhändig verfasst.

So bekommt der Twitter-User auch die Bestätigung, dass Marc-André ter Stegen es nicht unter 100 Prozent macht - weder bei Jogi noch beim jogo bonito im Nou Camp. Und zwar immer. Immer weiter. Immer hohler. Der Fußballspieler als leere Hülle. Als wandelnde Litfaßsäule seiner selbst. Als Spam-Entlader auf der Müllhalde Internet.

Vieles erinnert an den Twitter-Auftritt von Philipp Lahm, dem das Fachmagazin 11 Freunde im April dieses Jahres schon eine hübsche Widmung schrieb und feststellte: "Wenn man sich versehentlich alle 163 Tweets (Stand: 31. März 2016) von Philipp Lahm durchliest, muss man ein bisschen Sorge haben, dass die Lahmisierung des Profitums nicht mehr aufzuhalten ist."

Allzu gerne hätte man die PR-Profis im Umfeld von Marc-André ter Stegen gefragt, was sie sich von dieser Art der Vermarktung erwarten? Ob der gute ter Stegen denn auch mal selbst was postet? Ob er überhaupt Bescheid weiß, was auf seinem Profil passiert? Warum er es nicht macht wie Kevin Großkreutz, Benedikt Höwedes oder Sebastian Kehl, die wenigstens ab und zu noch selbst Ernstgemeintes ins Netz posten.

Aber leider fördern auch wiederholte Anfragen an ter Stegens Berater keine Antworten zu Tage. Vielleicht ist man dort einfach zu beschäftigt mit dem #DesireToWin.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: