Sozialer Wohnungsbau:Große Lösung

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Karlsfeld baut in der Parzivalstraße einen fünfstöckigen Komplex mit 66 Sozialwohnungen und 16 Appartements für Betreutes Wohnen. Der Bedarf in der zuzugsstärksten Gemeinde des Landkreises steigt stetig

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Nach jahrzehntelanger Pause investiert die Gemeinde Karlsfeld nun wieder kräftig in den sozialen Wohnungsbau. An der Parzivalstraße entsteht ein Komplex mit 66 Sozialwohnungen und 16 Wohnungen für betreutes Wohnen. Das Gebäude soll fünf Etagen haben, davon ein Parkgeschoss für Fahrzeuge. Mit einer Höhe von rund 15 Metern wird es ähnlich groß werden wie das Heizkraftwerk, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. Einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. "Damit setzen wir auch ein Signal für die Umgebung", erklärte Bauamtsleiter Günter Endres - nämlich für die unbebauten innerörtlichen Flächen bis zum Eichinger Weiher. Genau das löste in Teilen der CSU-Fraktion Sorge aus. "Mir ist bange, wie wir den Weg eines gesunden Wachstums halten können", sagte Stefan Handl.

Im Gremium bildete sich trotzdem schnell ein Konsens, dass die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises auf dem Grundstück der Gemeinde eine große Lösung umsetzen soll, um möglichst viele Sozialwohnungen zu schaffen. Eine kleinere Variante sah vier Geschosse vor. Allerdings wären dann nur 48 Sozialwohnungen und zwölf Einheiten für betreutes Wohnen möglich gewesen.

Nach Angaben von Sozialreferentin und SPD-Fraktionssprecherin Hiltraud Schmidt-Kroll gibt es jetzt schon 70 Karlsfelder, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Der Bedarf ist immens. Karlsfeld ist wegen seiner Nähe zu München eine der wachstumsstärksten Zuzugsgemeinden im Landkreis, der Wohnungsmarkt steht unter Druck, nirgendwo im Dachauer Raum sind die Mieten so hoch wie in Karlsfeld. Trotzdem wurde jahrzehntelang nicht mehr in den sozialen Wohnungsbau investiert.

Jetzt gibt es in Karlsfeld gleich drei Projekte. Das neue Seniorenheim am S-Bahnhof, in dem 18 sozial gebundene Wohnungen für betreutes Wohnen entstehen sollen, das von der Genossenschaft Maro geplante Mehrgenerationenhaus mit 17 Wohnungen für weniger begüterte Familien und Senioren sowie der neue Wohnkomplex an der Parzivalstraße.

Dort hatte der Verein Seniorenvilla jahrelang für eine Einrichtung für betreutes Wohnen gekämpft. Vor einigen Jahren hatte die Gemeinde das Grundstück an der Parzivalstraße eigens für diesen Zweck zur Verfügung gestellt, aber kurz darauf wegen der prekären Finanzlage auf Eis gelegt. Dass nun alles etwas anders kommt, als geplant und das ursprüngliche Modell der Seniorenvilla damit endgültig begraben ist, stört die Vereinsvorsitzende Karin Boger kaum. In der jüngsten Vereinsversammlung überwog der Stolz: "Die Tatsache, dass man sich in Karlsfeld mit der Errichtung von bezahlbarem Wohnraum beschäftigt, hängt nicht zuletzt mit unserem Engagement zusammen."

Bei aller Freude, dass die Gemeinde nun endlich eine wichtige Aufgabe anpackt, blieben kritische Wortmeldungen trotzdem nicht aus. Karlsfeld stecke in einem Dilemma, sagte Wolfgang Offenbeck (CSU). Die Gemeinde brauche Sozialwohnungen, und zwar möglichst viele. "Aber wir werden die Wohnungsknappheit des Großraums München nicht in Karlsfeld lösen." Sein Parteikollege Stefan Handl warnte davor, Begehrlichkeiten bei den Besitzern der umliegenden Grundstücke zu wecken, die dann vielleicht ähnlich massiv bauen wollten. "Was mich schreckt, sind die Folgewirkungen", sagte er. "Wir sollten nicht zu viel Gas geben."

Allerdings blieben das Einzelstimmen. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) verwies darauf, dass die Gemeinderäte es selbst in der Hand hätten, wie sich die Umgebung weiter entwickle. SPD-Fraktionschefin Hiltraud Schmidt-Kroll, die selbst in der Allacher Straße wohnt, sagte, das Gebiet vertrage eine massivere Bebauung. Und selbst Bündnis-Fraktionssprecherin und Umweltreferentin Mechthild Hofner, die in der Vergangenheit viele Bauprojekte kritisiert hat, weil sie ihr zu wuchtig und zu dicht waren, verteidigte die große Lösung: "Es wäre ein schlechtes Signal, gerade hier die Bremse reinzuhauen."

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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