Nahverkehr:Freie Wähler fordern S-Bahn-Ring

Nahverkehr: SZ-Karte; Quelle: Herzog/ Atabay

SZ-Karte; Quelle: Herzog/ Atabay

  • Das Konzept sieht eine S-Bahn-Strecke vor, ähnlich zum Verlauf des Mittleren Rings.
  • Eine zweite Stammstrecke sei nicht ausreichend, um den Nahverkehr in München zu entlasten, so das Argument der Freien Wähler.
  • Derzeit sind die Pläne aber nicht mehr als ein Denkanstoß.

Von Christoph Koopmann

Oftmals überfüllt, immer wieder zu spät, zu lange Fahrzeiten - die öffentlichen Verkehrsmittel in München sind chronisch überlastet. Einzig richtige Lösung in den Augen von Bund, Freistaat und Stadt: der Bau des zweiten S-Bahn-Tunnels. Doch Michael Piazolo, Landtagsabgeordneter für die Freien Wähler, reicht das nicht. "Alle Probleme wird der zweite S-Bahn-Tunnel nicht lösen können", sagt er. Zwar entlaste die zusätzliche Stammstrecke das Netz, doch weil sie parallel zur bestehenden Trasse laufen soll, konzentriere sich dann weiterhin alles auf das Stadtzentrum.

Piazolos Idee: Er will einen Bahnring um die Innenstadt, um selbige vor einem, wie er es nennt, "Verkehrsinfarkt" zu schützen und zugleich die Stadtteile nicht außen vor zu lassen. Denn München wächst und wächst, laut Prognosen auf 1,7 Millionen Einwohner bis zum Jahr 2030. Vor allem im Norden und Osten der Stadt soll immer mehr Wohnraum erschlossen werden.

Deshalb hat Piazolo die Mobilitäts-Wissenschaftler Simon Herzog und Dennis Atabay von der TU München damit beauftragt, ein Konzept für eine Ringbahn auszuarbeiten - "als Denkanstoß, nicht als Machbarkeitsstudie", wie Piazolo betont. Was dabei herauskam, stellten die Wissenschaftler am Dienstag vor. Im Wesentlichen geht es darum, bereits bestehende Trassen rund um das Zentrum zu einem S-Bahn-Ring zu verbinden. Daher auch der fantasievolle Name "Ringbahn", den man dem Projekt gegeben hat.

Eine bestehende Strecke, die hierfür genutzt werden soll, ist die Güterzug-Trasse von der Kreuzung Landshuter Allee/Triebstraße in östlicher Richtung bis zum Heizkraftwerk der Stadtwerke München (SWM) in Unterföhring. Dann soll die Ringbahn unter anderem über Johanneskirchen die Strecke befahren, auf der heute schon die S 8 verkehrt, über den Leuchtenbergring zum Ostbahnhof also. Auch der sogenannte Südring zwischen Ostbahnhof und Heimeranplatz wird bereits bei Störungen oder als Umleitung während Bauarbeiten für die S-Bahn genutzt. "Was bisher fehlt, ist der Lückenschluss zwischen Süd- und Nordring auf westlicher Seite", sagt Forscher Herzog.

Dafür haben sich die Wissenschaftler einen weiteren Tunnel ausgedacht: Kurz vor dem Heimeranplatz soll die S-Bahn in einer Röhre unter der Landshuter Allee abtauchen, die bis zur Querung mit der Dachauer Straße reichen würde. Dann soll es überirdisch weitergehen bis zum "Olympiakreuz", wie es die Planer genannt haben, am westlichen Ende des Nordrings. "So würden wir alle boomenden Wohngebiete rund um die Innenstadt erschließen und hätten neue Anbindungen für große Arbeitgeber wie BMW, SWM und Knorr Bremse", sagt Herzog. Die Fahrzeit von Johanneskirchen zum BMW-Forschungszentrum beispielsweise würde sich so von bisher 38 auf acht Minuten verkürzen.

Die S-Bahn auf den Spuren des Mittleren Rings

Betrachtet man den Verlauf der Ringstrecke, fällt sofort auf: Er entspricht fast genau dem Verlauf des Mittleren Rings. "Natürlich wollen wir damit auch erreichen, dass mehr Leute vom Auto auf die Bahnen umsteigen", sagt der Abgeordnete Piazolo. Mit der S-Bahn ließen sich Strecken entlang des Rings einfach schneller und stressfreier zurücklegen als im Auto. Nebenbei würde die Ringbahn aus Piazolos Sicht noch weitere Perspektiven eröffnen. "Es ist denkbar, dass ab dem Knotenpunkt Olympiakreuz S-Bahnen und Schnellzüge parallel zur A 92 zum Flughafen fahren." Für die Strecke bräuchte man dann nur elf statt 46 Minuten, vom Hauptbahnhof zum Airport nur noch 19 statt 41. "Auch ein Anschluss an das Fernverkehrsnetz ist denkbar, etwa mit den Trassen nach Augsburg oder Stuttgart", sagt Piazolo. Hier verkürzten sich die Fahrzeiten vom Airport aus um 30 bis 60 Minuten.

Für Piazolo ist klar: "Unabhängig davon, ob die zweite Stammstrecke kommt oder nicht, müssen wir im Münchner Nahverkehr weiter denken." Ebenso klar dürfte aber sein, dass ein weiteres Mammut-Infrastrukturprojekt nach dem zweiten S-Bahn-Tunnel nicht so schnell beschlossen würde.

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