Dachauer Straße:Familie stirbt bei Wohnungsbrand in der Maxvorstadt

  • Ein 37-jähriger Mann und seine zwei Töchter sterben bei einem Brand in einem Mehrfamilienhaus in der Maxvorstadt.
  • Die Feuerwehr war mehrere Stunden mit den Löscharbeiten beschäftigt.
  • Elf Menschen werden verletzt.
  • Die Ermittler gehen derzeit von Brandstiftung aus. Ob fahrlässig oder gezielt, ist derzeit noch offen.

Von Martin Bernstein

Die Feuerleiter endet auf einem Trittbrett sieben Meter über dem Asphalt des Hinterhofs. Dramatische Szenen haben sich dort, in der Dachauer Straße 24, in der Nacht zum Mittwoch abgespielt. Etwa 20 Menschen klammern sich an das Metall der Fluchtleiter, schreien um Hilfe, während wenige Meter neben ihnen Flammen aus den Fenstern des Treppenhauses schlagen. Andere Bewohner des fünfstöckigen Hauses retten sich in letzter Minute übers Dach.

Für drei Menschen, höchstwahrscheinlich ein Vater, 37, und seine zwei Töchter, 9 und 16, aus Bulgarien, kommt jede Hilfe zu spät: Sie sterben in den Flammen des Großbrands, der gegen 2 Uhr das Haus zerstört hat. Elf Bewohner müssen nach Angaben von Polizei und Feuerwehr mit Rauchgasvergiftungen in Münchner Kliniken gebracht werden. Mit einem Großaufgebot von etwa 150 Einsätzkräften sind Polizei, Berufsfeuerwehr und Rettungsdienste zur Stelle. Um sie bei den Löscharbeiten nicht zu gefährden, muss in dem Haus der Strom abgestellt werden.

Als die Flammen gelöscht sind, ist das Gebäude derart von Löschwasser durchtränkt, dass der Strom nicht wieder angestellt werden kann. Das Haus ist bis auf weiteres unbewohnbar. Mindestens 97 Menschen - so viele sind offiziell in dem Wohnheim gemeldet - haben ihre Bleibe verloren. Schräg gegenüber im King's Hotel finden viele von ihnen eine erste Unterkunft. Die Menschen sitzen dort zusammen, Familien mit kleinen Kindern, viele junge Männer.

Immer, wenn draußen am Brandgebäude Bewegung zu beobachten ist, laufen sie hinaus. Sie möchten in ihre Zimmer zurück, wollen schauen, ob von ihren Habseligkeiten etwas übrig geblieben ist. "Was soll ich machen?" fragt einer. "Ich habe nichts mehr." Möglicherweise dürfen einige von ihnen im Lauf des Tages in Begleitung von Polizisten noch einmal in ihr Zimmer und holen, was die Flammen verschont haben.

Viele der Geretteten tragen nur T-Shirt, kurze Hosen. Sie wurden im Schlaf überrascht. Zwei ältere Frauen mit Kopftüchern laufen auf dem Gehsteig hin und her, eine von ihnen weint. Wie viele Menschen wirklich in dem Gebäude gelebt haben, kann am Morgen noch niemand sagen.

"Es war ein Kommen und ein Gehen"

Die Polizei kennt das Haus. Einfachste Unterkünfte gab es dort, viele Einzelzimmer. Die Briefkastenschilder zeigen: viel Fluktuation, viele rumänische und bulgarische Namen. "Es war ein Kommen und Gehen", erzählt Adam. Offenbar lebten viele Wanderarbeiter aus Osteuropa in dem Haus. Auch Adam ist im King's Hotel gestrandet. Er wohnte zehn Jahre lang in dem Gebäude.

"Mein Mitbewohner lief in mein Zimmer", erzählt er. "Mit ihm kam Rauch herein." Plötzlich ein Knall, explosionsartig werden die Türen eingedrückt, Flammenschein. Adam und sein Kollege, der ihm wohl das Leben gerettet hat, klettern aus der Dachgaube im fünften Stock, bringen sich an einem Schneeschutzgitter entlang aufs Dach des Nachbarhauses und dort durch ein Fenster in Sicherheit.

Die Feuerwehr brachte den Brand in letzter Sekunde unter Kontrolle

Der Brand, berichtet Polizeisprecher Michael Riehlein am frühen Morgen, ist wahrscheinlich im hölzernen Treppenhaus ausgebrochen. Vom dritten Stock aus haben sich die Flammen schnell nach oben ausgebreitet. Ein Blick aus dem Hinterhof zeigt: Das Feuer hatte den Dachstuhl bereits erreicht, als es der Feuerwehr in buchstäblich letzter Sekunde gelang, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Sonst wäre ein Übergreifen auf die Nachbarhäuser kaum noch zu verhindern gewesen.

Was den verheerenden Brand ausgelöst hat, untersuchen jetzt die zwölf Beamten der Ermittlungsgruppe "Dachau". Nach ersten Erkenntnissen lag kein technischer Defekt vor, der Brand ging wohl von einer Matratze aus. Ob es fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung war, ist bislang noch völlig offen.

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