Fremdenfeindlichkeit:Immer mehr Rechtsextremisten bei Pegida

Fremdenfeindlichkeit: 3000 Menschen gedachten am 9. November 2015 am Odeonsplatz Nazi-Opfern und stellten sich gegen Pegida.

3000 Menschen gedachten am 9. November 2015 am Odeonsplatz Nazi-Opfern und stellten sich gegen Pegida.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Pegida München will am Montag, zwei Tage vor dem Jahrestag des Hitler-Putsches und der Pogromnacht von 1938, wieder vor der Feldherrnhalle demonstrieren.
  • Die Gruppierung zeigt immer deutlicher ihre Nähe zu Rechtsextremisten.
  • Sie hat sogar ihr Logo geändert - und das Hakenkreuz, das darauf in den Müll geworfen wird, durch die Embleme demokratischer Parteien ersetzt.

Von Martin Bernstein

Seit einem Jahr beobachten bayerische Verfassungsschützer offiziell die Münchner Pegida. Und sie können beobachten, wie die rechte Gruppierung immer kleiner wird - und immer radikaler. Inzwischen umwirbt Pegida München öffentlich Neonazis und andere Verfassungsfeinde aus dem rechtsextremistischen Spektrum.

Dass Rechtsextremisten bei Pegida München mitmachen und zunehmend den Ton angeben, ist nicht neu. Neu ist allerdings, wie offen die Gruppierung damit umgeht. Vor einem Jahr hatten Heinz Meyer und seine Pegida-Vorstandskollegen in einem Brief an die Abgeordneten des Landtags noch betont: "Wir sind keine Nazis, wir sind nicht einmal stramme Patrioten." Wenn "echte Nazis" auf den Montagskundgebungen auftauchten, beteuerte Meyer, dann nur, weil sie von der "Gegenpropaganda" dorthin getrieben würden. "Wir haben dann einige Mühe, die Nazis wieder loszuwerden."

Diese Mühe hat Pegida sich in Wirklichkeit nie gemacht. Wie willkommen Nazis sind, zeigt schon eine kleine, aber entscheidende Veränderung am Logo der Gruppe. Zu sehen ist ein Strichmännchen, das Symbole in einen Papierkorb wirft. Zu Beginn der Pegida-Aufmärsche purzelte da auch ein Hakenkreuz in den Müll. Es wurde inzwischen ersetzt - durch die Logos der demokratischen Parteien.

Pegida-Moderator Lukas Bals sagt in einem von ihm im Internet veröffentlichten Video ganz deutlich, was ihm vorschwebt - eine Art rechte Volksfront. Dass man dafür nicht einmal mehr hundert Teilnehmer auf die Straße bringt, bekümmert ihn sichtlich. Pegida München zeichnet sich laut Bals "seit einiger Zeit stark dadurch aus, dass es keine Abgrenzung gibt." Es gebe nur "minimale Differenzen", sagt Bals: "Deshalb arbeite ich gerne mit jedem aufrechten Patrioten zusammen - sei er Nationalsozialist oder eher liberaler Patriot."

Die Namen der Teilnehmer und Redner der jüngsten Pegida-Versammlungen lesen sich wie ein Auszug aus dem Verfassungsschutzbericht. Als Versammlungsleiter fungiert immer noch Heinz Meyer. Gegen ihn ermittelt das Landeskriminalamt seit 2012 im Auftrag der Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung.

Inzwischen hat Meyer das Mikrofon des Wortführers aber an Lukas Bals abgegeben. Der ehemalige Dortmunder war dort Aktivist der Neonazi-Partei "Die Rechte" (auch sie Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes) und war beteiligt an einem gewalttätigen Überfall auf eine Wahlparty 2014 im Dortmunder Rathaus. Einer der Redner am vergangenen Montag war Dan Eising aus Nürnberg. Auch er war bis vor kurzem ein führendes Mitglied von "Die Rechte". Der seinerzeit von Eising geleitete Kreisverband organisierte nach Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz im vergangenen Jahr eine interne Vortragsveranstaltung mit Karl-Heinz Hoffmann, dem Gründer der nach ihm benannten und 1980 verbotenen rechtsextremen Wehrsportgruppe.

Über das inzwischen geräumte Flüchtlingscamp am Sendlinger Tor sagte Eising bei seinem jüngsten Pegida-Auftritt: "Diese Leute, die sich gestern im sogenannten Protestlager aufgehalten haben, müssten eigentlich in einem anderen Lager sitzen." Unter den Zuhörern und Ordnern der Münchner Pegida finden sich regelmäßig Anhänger der Identitären Bewegung und der Neonazi-Partei "Der Dritte Weg", darunter auch der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger, sowie Fußball-Hooligans der "Brigade Giesing".

Am Montag wird wieder einmal BIA-Stadtrat Karl Richter sprechen, ehemaliger NPD-Funktionär - auch er steht im Fokus des Verfassungsschutzes. Dass Richter, Meyer und Bals mit Pegida zwei Tage vor dem Jahrestag des Hitler-Putsches und der Pogromnacht von 1938 ausgerechnet vor der Feldherrnhalle demonstrieren, empört zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen. Pegida hat sich auch nach Einschätzung des Bündnisses "München ist bunt" und der Initiative Nobagidamuc zuletzt kontinuierlich radikalisiert.

"Pegida-München Chef Heinz Meyer besucht wie selbstverständlich offen neonazistische Kundgebungen, während viele der selben Neonazis Stammgäste bei Pegida sind", prangert "München ist bunt" an. "Damit werden also nur zwei Tage vor dem Jahrestag der Novemberpogrome, an einer Kultstätte des Nationalsozialismus, ganz offen Nazis und Rassisten ihre Hetze verbreiten".

Zahlreiche Gruppen rufen deshalb für Montag, 19 Uhr, zu Protesten am Odeonsplatz und an der Pegida-Marschstrecke von der Feldherrnhalle zum Marienplatz auf.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: