Gault & Millau:In der BMW-Welt kocht ein Nachwuchstalent

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Jung, aber oho: Die Tester vom Gault & Millau fanden, dass Philip Jaeger "beste Produkte klassisch zubereitet und mit Witz und Stil serviert". (Foto: Alessandra Schellnegger)

Philip Jaeger ist mit 27 Jahren noch ziemlich jung für die Leitung seiner eigenen Küche. Doch sein Chef, Zwei-Sterne-Koch Bobby Bräuer, hat volles Vertrauen in ihn.

Von Franz Kotteder

Genaugenommen war es ja schon nicht ohne für einen 27-Jährigen, gleich Küchenchef in der Bavarie zu werden und 14 Leute unter sich zu haben. Denn die Bavarie, das ist nicht irgendwas, sondern es ist das zentrale Restaurant in der BMW-Welt, dem größten Touristenmagneten Bayerns mit jährlich drei Millionen Besuchern, da kann nicht einmal Schloss Neuschwanstein mithalten. Es wird betrieben von Käfer und untersteht dem Zwei-Sterne-Koch Bobby Bräuer, der eine Etage weiter oben, unter dem Dach und somit auch optisch auf höchstem Niveau, sein Gourmet-Restaurant Esszimmer führt. Bräuer ist für die gesamte Gastronomie der BMW-Welt verantwortlich. Insofern ist es natürlich auch für ihn ein schöner Erfolg, dass er mit seinem Esszimmer nicht nur zwei Sterne hat, sondern dass auch die Bavarie, ein Stockwerk tiefer, solche Erfolge feiert.

Jetzt eben gerade mit dem 27-jährigen Philip Jaeger, der seit Januar dort Chefkoch ist. Die Gourmetbibel Gault & Millau, deren deutsche Ausgabe für 2017 an diesem Dienstag erscheint, hat die Bavarie mit 15 von 20 möglichen Punkten bewertet und ihn als "Junges Talent" ausgezeichnet. Ein Titel, der an nur acht Nachwuchstalente pro Jahr vergeben wird. Die Tester fanden, dass er "beste Produkte klassisch zubereitet und mit Witz und Stil serviert". Besonders gut gefielen ihnen sein "gegrilltes bayerisches Kräuterferkel auf hauchdünnen Maistortillas mit Mole, der mexikanischen Sauce aus Schokolade und Chile", oder auch der "gebratene Zander auf einem mit Blutwurst verfeinerten Graupen-Risotto mit süß-sauren weißen Rübchen".

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An der Beschreibung dieser Gerichte kann man schon erkennen, woher Philip Jaeger seine Inspirationen hat. Es gibt da schon eine solide, regionale Grundlage, wie es sich für ein Restaurant, dessen Name phonetisch zwischen den Begriffen Brasserie und Bavaria hin- und herpendelt, auch gehört. Andererseits ist man hier auch weltstädtisch, daher die internationalen Einflüsse. All das spiegelt sich ja auch in der Person des Küchenchefs. Denn Jaeger ist gebürtiger Münchner und hat "schon als ich klein war, gerne gekocht". Und als in der Schule dann die Zeit kam, als man sich um Berufspraktika kümmern sollte, meinten die Eltern: "Probier's doch mal mit der Gastronomie, Kochen hat dir doch immer Spaß gemacht."

Und so probierte er es mit der Gastronomie, bewarb sich um ein Schülerpraktikum im Hotel Vier Jahreszeiten an der Maximilianstraße und wurde auch gleich genommen. Es gefiel ihm sehr, was er dort machte, und das gefiel wiederum ebenso den Küchenchefs dort, denn er bekam nach dem Praktikum gleich einen Ausbildungsplatz angeboten.

"So habe ich dann von 2006 bis 2009 meine Kochlehre im Vier Jahreszeiten gemacht", erzählt er, "und dann ging's gleich weiter nach Zell am See zu Andreas Mayer." Der war früher selbst mal Küchenchef im Vier Jahreszeiten gewesen, daher die Verbindung, hat dann später mit Eckart Witzigmann gearbeitet und führt heute in Zell am See in Schloss Pielau das nach ihm benannte Gourmetrestaurant. Jaeger hat dort viel gelernt, sagt er, was die Sternegastronomie anging.

Danach ging es weiter nach Mannheim zu Juan Amador, dem Drei-Sterne-Koch und Avantgardisten, einer der wenigen deutschen Köche, die sich intensiv mit der Molekularküche beschäftigten. Anschließend arbeitete Jaeger im Deidesheimer Hof an der Deutschen Weinstraße, ein Hort der klassischen französischen Küche auf gehobenem Niveau, eine ganze Weile auch als Sous-Chef, also als Vertreter des Küchenchefs.

"Eine sehr komplexe Geschichte"

Schließlich rief 2014 die Heimat wieder, Philip Jaeger ging zurück nach München, ins Esszimmer der BMW-Welt und arbeitete dort an den verschiedensten Stationen als Chef tournant, also als Springer. Da war er mal für die kalten Speisen zuständig, dann für die Beilagen, zuletzt arbeitete er dem Chef Bobby Bräuer direkt zu. Dann erfuhr er, dass der Posten des Küchenchefs in der Bavarie frei wurde, fasste sich ein Herz und schlug Bräuer vor, den Laden zu übernehmen.

"Das war für ihn sicher ein Riesenschritt", meint Jaeger, der seinen Chef nach wie vor respektvoll "Herr Bräuer" nennt, "ich bin ja noch jung, und da hängt doch ein Haufen Arbeit dran". Bräuer selbst sagt, die Arbeit in der Bavarie sei "eine sehr komplexe Geschichte, wir haben dort ja sozusagen ein 360-Grad-Angebot". Aber Jaeger sei ihm als "sehr innovativer und sehr offener Mensch aufgefallen, und 27 ist eigentlich ein gutes Alter, um den nächsten Schritt zu gehen".

Das findet Philip Jaeger selbst auch. Er ging recht selbstbewusst an seine Aufgabe heran, was man auch tun muss, wenn man gleichzeitig zwischen 60 und 80 Gästen à la carte versorgen muss und bei Veranstaltungen bis zu 250 Gäste bekochen darf, bei Stehempfängen sogar bis zu 500. "Zwischen dem schnellen Business-Essen am Mittag und dem Sechs-Gang-Premium-Dinner ist bei uns alles geboten." Da ist ein Spagat zu bewältigen, selbst wenn man zwölf Köche und zwei Küchenhelfer zur Seite hat. "Wenn man dann noch im Gault & Millau 15 Punkte damit erreicht", sagt Jaeger, "dann ist das natürlich schon wahnsinnig toll!"

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Tatsächlich ist das Niveau der Gerichte in der Bavarie erstaunlich hoch für einen Betrieb mit diesem täglichen Durchlauf an Gästen. Natürlich liegt das auch daran, dass Chef und Team in der gehobenen Gastronomie zu Hause sind. Aber Jaeger betont auch die Bedeutung der Produkte, die sie in ihrer Küche verwenden. "Wir haben den großen Vorteil, dass wir an Käfer angebunden sind und außerdem auf die gleichen Lieferanten zugreifen können wie das Esszimmer." Die Qualität der Zutaten sei also außerordentlich hoch, so etwas zahle sich eben aus. Jaeger nennt ein Beispiel: "Wir arbeiten mit einem kleinen Fischlieferanten. Paolo kommt zweimal die Woche aus Italien und bringt den Fisch direkt vom Fischkutter. Der liefert sonst nur ans Esszimmer, ans Tantris und den Königshof. Und da können wir uns dranhängen."

Das allein ist schon ein Vorteil. Und dann hat ihn der Job, sagt er, auch deshalb gereizt, weil er nach all den Jahren in der Sternegastronomie auch mal selbst bewertet werden wollte. "Natürlich hab ich immer geschaut, ob ein Gericht, das mir eingefallen ist, besonders gelobt wurde", sagt er, "aber ich wollte auch mal das komplette Feedback bekommen und sehen, wie die Tester meine Arbeit finden." Nicht übel, wenn dieses Feedback dann gleich eine Auszeichnung im Gault & Millau ist.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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