Erfundene Artikel:Geld oder Lüge

Google und Facebook reagieren auf die Kritik, dass sie gefälschte Nachrichten im Wahlkampf ungehindert zirkulieren ließen. Künftig schließen sie Betreiber von Webseiten, die solche Berichte erfinden, aus ihren Werbenetzwerken aus.

Von Jannis Brühl

Die Wahrheit war auf Google am Sonntag zweitrangig. Wer "final election vote count 2016" googelte, erhielt ganz oben in den Suchergebnissen den Link zu einer erfundenen Meldung: Donald Trump habe auch die Mehrheit der Wählerstimmen insgesamt erhalten, wie ein echter Präsident des Volkes quasi. Stimmt gar nicht - Trump wurde lediglich mit der Mehrheit im Wahlmännergremium Präsident. Am Montag gab Google den Fehler zu. Gemeinsam mit Facebook reagiert der Konzern auf den öffentlichen Druck nach der Wahl. Beide wollen gegen die Verbreitung erfundener Nachrichten auf ihren Seiten vorgehen.

Die beiden wichtigsten Plattformen für die Verbreitung digitaler Inhalte wollen Webseiten, die solche "Fake News" verbreiten, künftig aus ihren Werbenetzwerken ausschließen. Im Wahlkampf hatten sich erfundene Nachrichten viral verbreitet; wie die, der Papst habe die Wahl Donald Trumps empfohlen. Nun wird debattiert, ob sie die Stimmung weiter aufgeheizt hätten, wovon Trump profitiert habe. Vor allem Facebook steht in der Kritik, weil der Konzern für politische Inhalte auf seinen Seiten keine Verantwortung übernehmen will - im Gegensatz zu Nacktbildern, die zensiert werden. Der Konzern weigert sich, auch wie ein Verleger zu agieren, also: einzugreifen, wenn die Inhalte zu irre werden.

Genau das löst inzwischen offenbar auch im eigenen Haus Unmut aus. Wie Buzzfeed berichtet, hätten sich Mitarbeiter zu einer inoffiziellen "Task Force" zusammengeschlossen, die offensiver über Facebooks Anteil am Wahlausgang diskutieren will. Erst am Wochenende hatte Mark Zuckerberg entsprechende Vorwürfe als "verrückt" bezeichnet. In dem Artikel wird ein Mitglied dieser Gruppe zitiert, das wiederum Zuckerbergs Reaktion verrückt findet: Auch im Konzern sei durchaus bekannt, dass während des Wahlkampfs im Netzwerk ungehindert Falschmeldungen verbreitet wurden. Noch treffe sich die Gruppe aus Angst vor Nachteilen im Job im Geheimen, das Ziel sei aber, dem Management konkrete Vorschläge zu machen.

Mit dem nun verkündeten Schritt nutzen Facebook und Google ihre Machtposition. Beide haben praktisch ein Duopol auf den Online-Werbemärkten: 75 Cent von jedem US-Dollar, der für Online-Werbung ausgegeben wird, fließt an einen von ihnen. Kritikern wird der Plan nicht reichen. Er träfe nur werbefinanzierte Webseiten, die mit gefälschten Inhalten Geld verdienen wollen. Überzeugungstätern und Propagandisten kann das egal sein. Zudem bleibt unklar, wie die Firmen prüfen wollen, welche Beiträge falsch sind. Nutzer können dem Netzwerk schon jetzt falsche News melden, doch das hat bisher offenbar nicht viel geholfen.

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