Köln gegen Mönchengladbach:"Die Gladbacher sind uns immer noch einen Schritt voraus"

1. FC Köln - Borussia Mönchengladbach

Rheinische Derby-Größen: Gladbachs Stürmer Raffael (links) und der Kölner Kapitän Matthias Lehmann haben Erfahrung im Umgang mit dem Lokalrivalen.

(Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Von Philipp Selldorf, Köln

Peter Stöger nimmt gern am gesellschaftlichen und geselligen Leben in Köln teil, der FC-Trainer ist oft abends in der Stadt unterwegs. Im Laufe der vergangenen Tage ist ihm dabei etwas aufgefallen. Die Leute kommen zwar weiterhin auf ihn zu, um ihm auf die Schulter zu klopfen. Aber sie bringen jetzt nicht mehr die Anerkennung für den guten Saisonstart und ihren Stolz auf den neuen FC zum Ausdruck, sondern eine Ermahnung: Obacht, am Samstag ist Derby, erinnern sie ihn. Stöger lässt sie dann wissen, dass ihm das bereits bekannt gewesen sei. Und "einen schönen sonnigen Tag" wünscht der raffinierte Wiener natürlich auch noch - einerlei, ob es Nacht ist oder Dauerregen fällt.

"Wir haben uns in der Bundesliga etabliert", sagt Peter Stöger

Seit dem Wiederaufstieg mit dem österreichischen Trainer ist es für den 1. FC Köln das fünfte Treffen mit dem alten Widersacher Borussia Mönchengladbach. In den Neunzigern und den Nuller-Jahren machten die beiden Vereine auf beinahe brüderliche Art harte Zeiten durch, sogar in der zweiten Liga marschierten die Nachbarn zweimal Seite an Seite, als ob sie einander gesucht hätten. Dann kam Lucien Favré an den Niederrhein, und die Wege trennten sich: Gladbach kletterte, Köln stieg erneut ab. Nun sind sich die Klubs wieder ein Stück näher gekommen, was vor allem an den Kölnern liegt. "Wir haben uns in der Bundesliga etabliert", sagt Stöger, "aber die Gladbacher sind uns immer noch einen Schritt voraus - auch wenn es momentan in der Tabelle nicht so aussieht."

Die Tabelle hat die Kölner Fans zuletzt zu Freudengesängen animiert, dort steht der FC vor den Gladbachern und Leverkusenern. Die Nummer eins am Rhein zu sein, nicht bloß für eine flüchtige Nacht, sondern in einem seriösen Zwischenzeugnis, das ist für die FC-Anhänger eine große Sache. Allerdings ist es auch Anlass zur Sorge, man fürchtet die Ernüchterung, mancher Pessimist erklärt den Rausch nach den Niederlagen in Berlin und Frankfurt bereits für beendet. Stöger kann mit solchen Deutungen wenig anfangen. Er nimmt sie wahr, aber er plant, sich nicht über sie zu ärgern. "Es hat überhaupt keinen Sinn, darüber nachzudenken", sagt er. Vom Glauben, dass gute Resultate einen Trainer vor schlechten Resultaten schützen, ist Stöger auch längst abgefallen. Die angespannte Lage seines Gladbacher Kollegen André Schubert hält er daher "leider für typisch: Im Fußball- und speziell im Trainergeschäft interessiert, was die letzten fünf Stunden und die letzten fünf Tage war, vielleicht die letzten fünf Wochen und wenn du gut aufgestellt bist, die letzten fünf Monate".

In Köln ist nicht zu rechnen mit einer Trainer-Debatte

Bei Schubert ist diese Frist nach weit verbreiteter Ansicht überschritten. Im Mai schaffte er es mit der Borussia auf Platz vier in der Bundesliga, im August wurde daraus die Champions-League-Teilnahme. Nun, drei Monate später, stehen die Gladbacher auf Platz elf der Liga, und Manager Max Eberl wird im Interview befragt, ob Schuberts Verhältnis zum Team intakt sei, ob der Trainer das System zu oft wechsle, ob er die Spieler überfordere, und was das Vertrauen in ihn rechtfertige. Die Situation um Schubert halte er für "pervers", hat Eberl dieser Tage geklagt. Stöger sieht das abgeklärter: "Wie Schubert die Borussia unter schwierigen Bedingungen auf die Beine gestellt hat, das finde ich außergewöhnlich gut. Aber das Trainergeschäft ist so, dass das jetzt niemanden mehr interessiert."

In Köln ist mit einer Trainer-Debatte nicht zu rechnen. Nicht mal dann, wenn die Prestige-Partie im Borussia-Park auf groteske Weise verloren ginge. Stöger sagt, er habe keine Ahnung, wie die bedrückte Stimmung die Gladbacher beeinflusse; ob sie verunsichert seien oder zum Befreiungsschlag ausholten. Mit dem Rückkehrer Raffael und seinem Kompagnon Stindl erhält Schubert Verstärkung, die auch Stöger gefällt: "Es macht Spaß ihnen zuzusehen - allerdings nicht, wenn sie gegen uns spielen."

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