Bundeskanzlerin:Momente aus drei Amtszeiten

Atomausstieg, Finanzkrise, Flüchtlingsdrama: In ihrer Zeit als Kanzlerin musste Angela Merkel einige Brocken stemmen. Ein Rückblick in Bildern und Zitaten.

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(Foto: REUTERS)

Es ist geschafft: Am 24. September 2017 geht die Union aus der Bundestagswahl zum vierten Mal in Folge als stärkste Kraft hervor. Und doch ist das Ergebnis für viele Konservative eine herbe Enttäuschung: Auch CDU und CSU verlieren deutlich an Stimmen. Eine schwierige Regierungsbildung zeichnet sich ab. Angela Merkel zeigt sich unbeeindruckt - und sieht das Positive am Wahlergebnis: "Wir haben den Regierungsauftrag. Gegen uns kann keine Regierung gebildet werden."

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(Foto: picture alliance / dpa)

Merkel ist seit April 2000 CDU-Vorsitzende und seit November 2005 Kanzlerin. Nun hat sie die Chance, CDU-Mitbegründer Konrad Adenauer und auch Rekordhalter Helmut Kohl einzuholen. Adenauer war 14 Jahre, Kohl 16 Jahre Bundeskanzler. Ihre Kanzlerschaft beginnt am 18. September 2005 mit einem sehr skurrilen Szenario: Am Abend der Bundestagswahl muss sie bei der Elefantenrunde im Fernsehen einen völlig überdrehten Gerhard Schröder über sich ergehen lassen, der seine Niederlage nicht eingestehen will. Krawallig verkündet der damalige Noch-Bundeskanzler: "Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel bei dieser Sachlage einginge, in dem sie sagt, sie möchte Bundeskanzlerin werden? Also ich meine, wir müssen die Kirche doch auch mal im Dorf lassen." Mit starrer Miene nimmt Merkel Schröders Ausbruch zur Kenntnis. Wirklich beunruhigt scheint sie jedenfalls nicht zu sein. Bekanntlich wird Schröder nicht recht behalten.

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(Foto: dpa)

Dienstag, 22. November 2005: Die neugewählte Bundeskanzlerin legt beim damaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert den Amtseid ab. Lammert hat sein Amt nach der letzten Legislaturperiode aufgegeben, Merkel ist immer noch an der Regierungsspitze. Schon zu Beginn ihrer ersten Regierungserklärung im Jahr 2005 kündigt Merkel einen Politikstil an, der sie lange begleiten wird: "Viele werden sagen: Diese Koalition, die geht ja viele kleine Schritte und nicht den einen großen. Ich erwidere ihnen: Ja, genau so machen wir das."

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Angela Merkel ist auch die Kanzlerin der Fußballweltmeisterschaft 2006 im eigenen Land. Hier bejubelt sie den Achtelfinalsieg gegen Schweden - 2:0, zwei Mal Podolski. Während des Turniers sagt sie: "Wenn ich sehe, welches Potenzial an Begeisterung, an Fröhlichkeit in diesem Lande steckt, wenn ich sehe, wie andere von außen auf uns in diesen Tagen schauen und begeistert sind, dann wird mir nicht bange, dass dieses Land auch die Herausforderungen meistert, vor denen wir insgesamt stehen."

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Im März 2007 beschließt der Bundestag die Rente mit 67. In ihrer Neujahrsansprache hat Merkel die Entscheidung angekündigt - sehr vorsichtig, wie das so ihre Art ist. Reformen seien manchmal hart, zahlten sich aber später aus, leitete sie ein. Und fügte dann hinzu: "Das kann uns auf dem weiteren Reformweg nur ermutigen - bei der Rente mit 67 oder der zurzeit hart umkämpften Gesundheitsreform, auch bei der Reform der Pflegeversicherung, der Unternehmenssteuerreform oder bei weiteren Arbeitsmarktmaßnahmen. Sie alle sind unverzichtbar."

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(Foto: Rainer Jensen/dpa)

Im Herbst 2008 stürzt der Bankrott der Investmentbank Lehman Brothers die Finanzmärkte ins Chaos. Merkels Berater fürchten, in Deutschland könne es zu einem "Bank Run" kommen - so nennt man es, wenn Kunden massenhaft Geld abheben. Am 5. Oktober tritt Merkel daher gemeinsam mit dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück vor die Presse und sagt einen Satz, für den sie später gefeiert wird: "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind."

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(Foto: REUTERS)

Die Pleite der Investmentbank und die folgende Finanzkrise wird Merkel von nun an lange beschäftigen. Am 18. Februar 2009 sagt sie über das "Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz", ein Gesetz zur Verstaatlichung von Banken: "Ich halte das Vorgehen für alternativlos." Im September 2009 fährt die CDU bei der Bundestagswahl unter Merkels Führung zwar ein schwaches Ergebnis ein, es reicht aber für das gewünschte schwarz-gelbe Bündnis.

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(Foto: dpa)

Am 30. Juni 2010 wird Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt, nachdem Horst Köhler im Mai überraschend zurückgetreten ist. Wulff war Merkels Wunschkandidat, kurz vor der Wahl sagte sie über ihn, er sei "ein wunderbarer zukünftiger Bundespräsident". Im Februar 2012 tritt Wulff zurück. Wegen Vorteilsnahme wird ihm der Prozess gemacht, doch das Gericht spricht Wulff frei.

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(Foto: dpa)

Im Nachhall der Atomkatastrophe von Fukushima I beschließt der Bundestag den Atomausstieg. In ihrer Regierungserklärung am 9. Juni 2011 spricht Merkel über die radikale Kehrtwende: "So sehr ich mich im Herbst letzten Jahres im Rahmen unseres umfassenden Energiekonzepts auch für die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke eingesetzt habe, so unmissverständlich stelle ich heute vor diesem Haus fest: Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert."

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(Foto: dpa)

In ihrer zweiten Legislaturperiode regiert Merkels CDU gemeinsam mit der FDP, das Bild zeigt sie bei einem China-Besuch im August 2012 mit Außenminister Westerwelle. Vier Monate später lässt sie sich nach Turbulenzen in der Koalition zu einer Spitze gegen den Partner hinreißen: "Auch mir hat eine Satiresendung schon einmal richtig aus der Seele gesprochen, als es dort hieß: Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen, um uns zu prüfen."

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(Foto: dpa)

Nach den Enthüllungen Edward Snowdens um den US-Geheimdienst NSA im Sommer 2013 wird die Cyberspionage zu einem Dauerthema für die Bundesregierung. Zwei Sätze von Angela Merkel bleiben besonders in Erinnerung: "Das Internet ist für uns alle Neuland, und es ermöglicht auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung, mit völlig neuen Möglichkeiten und völlig neuen Herangehensweisen unsere Art zu leben in Gefahr zu bringen." Und: "Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht." Bei der Bundestagswahl im September 2013 erreicht die Union mit 41,5 Prozent das beste Zweitstimmenergebnis seit 1990. Merkel wird im Dezember zum dritten Mal im Bundestag zur Kanzlerin gewählt.

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(Foto: dpa)

Am 9. November 2014, zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, gedenkt Angela Merkel öffentlich der Opfer des SED-Regimes. Einige Tage später sagt sie zum Jubiläum des Mauerfalls: "Da habe ich mich fast noch einmal in den Arm gezwickt."

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(Foto: dpa)

Die Finanzkrise in Griechenland und die damit verbundene Befürchtung, das Land müsse die gemeinsame europäische Währung abgeben, begleitet Merkel in großen Teilen ihrer bisherigen Amtszeit. Im Mai 2010 sagt sie im Bundestag: "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa." In Südeuropa wird sie scharf für ihre aufs Sparen ausgerichtete "Austeritätspolitik" angefeindet. Bei einem Referendum in Griechenland 2015 sagt eine deutliche Mehrheit der Griechen "Oxi", also Nein, zu den Spar- und Reformvorschlägen der internationalen Geldgeber. In Deutschland kritisieren Teile der eigenen Partei, dass Merkel finanzielle Hilfen für Griechenland als "alternativlos" behandelt.

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(Foto: dpa)

Seit dem Sommer 2015 kommen Hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland. Dem Unmut aus der eigenen Partei tritt sie entschieden entgegen. Anfang September 2015 lässt sie sich nach dem Besuch einer Asylunterkunft mit diesem Flüchtling fotografieren - und Tage zuvor sagt sie einen weiteren Satz, der von ihrer Kanzlerschaft bleiben wird: "Wir schaffen das!" Später sagt sie noch: "Wenn wir jetzt anfangen, uns noch dafür entschuldigen zu müssen, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land."

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(Foto: Bloomberg)

Zwar wollte der scheidende US-Präsident Barack Obama sich eigentlich nicht in die Bundestagswahl in Deutschland einmischen - tut es dann aber trotzdem. Bei seinem Abschiedsbesuch in Berlin beschreibt er Merkel als eine herausragende, verlässliche und berechenbare Kanzlerin, als "wunderbare Freundin". Wäre er Deutscher, würde er die Kanzlerin jedenfalls wählen. Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten, nach dem Brexit und angesichts des Erfolges rechtspopulistischer Parteien überall in Europa wird Merkel von einigen amerikanischen Medien als letzte verbliebene Verteidigerin westlicher Werte auf der internationalen Bühne bezeichnet.

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(Foto: dpa)

Einige ausländische Beobachter hoffen wohl, dass Merkel diese Werte auch künftig als Kanzlerin hochhalten wird. Denn obwohl die Union bei der Bundestagswahl 2017 stärkste Kraft wurde, ist ihr eine Regierungsbildung zunächst nicht gelungen. Sondierungen über die Bildung einer Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP scheiterten. Auch Acht-Augen-Gespräche der Parteichefs führten zu keinem Ergebnis: Cem Özdemir (Grüne, von links), Horst Seehofer (CSU), Christian Lindner (FDP) und Angela Merkel (CDU) bei Gesprächen in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. Persönliche Fehler bei den Verhandlungen sah Merkel nicht, ihr zufolge hätten sie wohl auch nicht enden müssen: "Ich habe das getan, was ich konnte, und wie gesagt, wir waren auch wirklich vorangekommen."

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(Foto: dpa)

In den darauffolgenden Wochen wollte Merkel unbedingt eine Neuauflage der großen Koalition zustandebringen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte Union und SPD nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen eigens ins Schloss Bellevue geladen, um auszuloten, was da noch geht. Die SPD stimmte "ergebnisoffenen Verhandlungen" zu. Merkel sagte, sie sei "bereit, Gespräche mit der SPD aufzunehmen, ernsthaft, engagiert, redlich". Auf die Frage, welche Konzessionen die Union dafür bereit sei zu machen, antwortete sie: "Jeder kennt unser Regierungsprogramm, da ist alles gut aufgeschrieben."

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(Foto: AFP)

Der Weg zur neuen großen Koalition war steinig: CDU, CSU und SPD einigten sich zunächst auf ein gemeinsames Sondierungspapier und später auf einen Koalitionsvertrag. Der musste dann noch in einem SPD-Mitlgiederentscheid beschlossen werden - 66 Prozent der Sozialdemokraten sitmmten schließlich zu. Am 12. März war es dann so weit: Merkel und die beiden anderen Parteivorsitzenden Olaf Scholz (SPD), links, und Horst Seehofer (CSU), unterzeichneten den Vertrag. In einer Presskonferenz sagte Merkel zuvor: "Alle haben das Gefühl, dass es Zeit ist, endlich anzufangen."

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