Globalisierung:Das Scheitern der Freihandelsabkommen ist eine Chance

Wirtschaft in Japan

TTIP und TPP sollten auch dazu dienen, andere Staaten auszuschließen. Dabei sollten Freihandelsabkommen Staaten verbinden.

(Foto: dpa)

Donald Trump will raus aus dem TPP-Abkommen, TTIP ist so gut wie tot. Schlimm ist das nicht. Denn nun gibt es die Gelegenheit, den Freihandel gerechter zu gestalten.

Kommentar von Silvia Liebrich

Stoppt der neue US-Präsident Donald Trump die zwei Freihandelsabkommen TTIP und TPP, dann schaden die Vereinigten Staaten damit vor allem sich selbst. Durch die geplanten Wirtschaftsbündnisse mit der EU und den Ländern der Asien-Pazifik-Region (ohne China) hätten die USA die Kontrolle über zwei der weltgrößten Wirtschaftsräume übernommen. Das Scheitern der amerikanischen Handelspolitik hat jedoch auch etwas Positives. Der globale Handel wird dadurch nicht zum Erliegen kommen, es werden nur andere sein, die die Regeln bestimmen. Und darin liegt die große Chance, den Freihandel der Zukunft offener und gerechter zu gestalten, als es mit TTIP und TPP möglich gewesen wäre.

So gibt es für ein Aus für das geplante Abkommen zwischen Europa und den USA durchaus plausible Gründe, die mit Trumps Abschottungspolitik wenig zu tun haben. Tatsache ist, dass sich beide Seiten in drei Jahren und 15 Gesprächsrunden in wesentlichen Punkten kaum nähergekommen sind. Dabei mangelte es nicht am politischen Willen. Stattdessen zeigte sich immer deutlicher, dass die wirtschaftlichen Interessen selbst nach zahlreichen Treffen weit auseinandergehen, etwa auf dem Gebiet von Landwirtschaft und Ernährung.

Ein Kompromiss wäre für beide Seiten mit schmerzhaften Zugeständnissen verbunden, so viel steht fest. Unterschiedliche Auffassungen gibt es auch beim Investorenschutz, der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder in Bezug auf Arbeitnehmerrechte. Zudem zeichnete sich ab, dass das Versprechen, bestehende Standards würden sich keinesfalls verschlechtern, kaum haltbar ist. Höhere Standards für Verbraucher- und Umweltschutz waren ohnehin nie das Ziel.

Kaum ein anderes Projekt der Europäischen Union war in den vergangenen Jahren so umstritten. Hunderttausende gingen in den vergangenen Monaten europaweit gegen TTIP auf die Straße. Solche Proteste gab es auch in den Ländern des Asien-Pazifik-Raums gegen TPP. Der Unmut vieler Kritiker richtete sich zu Recht gegen Handelsbündnisse, die darauf abzielten, den Einfluss von Wirtschaft und Konzernen auf politische Entscheidungen zu vergrößern und die Mitspracherechte der Parlamente zu schwächen. Das kann nicht im Sinne der Bürger sein und schadet der Demokratie.

Außer Frage steht aber auch: Ein reger und fairer Handel über Grenzen hinweg bringt Vorteile für alle, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Ein offener und transparenter Handel ist wichtiger denn je, für Europa und den Rest der Welt. In einem globalen Umfeld, in dem nationalistische Strömungen stärker werden, können stabile Wirtschaftsbeziehungen Verbindungen schaffen, die auf politischer Ebene schwieriger werden.

Die Globalisierung der vergangenen Jahrzehnte hat viele Gewinner, aber auch zahlreiche Verlierer hervorgebracht, sowohl in den reichen Ländern des Westens als auch in den armen Regionen dieser Welt. Viele Menschen fühlen sich abgehängt, sind wütend oder verängstigt. Wirksamstes Gegenmittel ist ein globaler Handel mit fairen und transparenten Regeln. Freihandelsabkommen können dabei einen entscheidenden Beitrag leisten, indem sie andere einladen, sich zu beteiligen, anstatt sie zu bevormunden.

Das Ergebnis der Klimaschutzgespräche macht Hoffnung

Ein Scheitern der Abkommen würde die Chance eröffnen, es besser zu machen. Wären sie erst einmal in Kraft, gäbe es kaum ein Zurück, jetzt schon erkennbare Fehler wären nicht korrigierbar. Die Freihandelsabkommen der Zukunft müssen verbinden, sie dürfen nicht ausgrenzen. In diesem Sinne waren TPP und TTIP von Grund auf falsch angelegt, als Bollwerke etwa gegen die Wirtschaftsgroßmacht China und den widerspenstigen Handelspartner Russland.

Der Versuch, auf Ebene der Welthandelsorganisation alle Länder auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, ist vor Jahren gescheitert. Nun wäre es an der Zeit, einen neuen Anlauf zu starten. Das überraschende Ergebnis der Klimaschutzgespräche macht zumindest Hoffnung, dass dies nun endlich auch bei globalen Handelsregeln gelingen könnte. Was hindert Europa außerdem daran, mit möglichst vielen Handelspartnern an einem Strang zu ziehen und so neue Standards in der Handelspolitik zu setzen? Dafür braucht es weltweites Ansehen und Durchsetzungsvermögen, über das die EU durchaus verfügt. Es wäre einen Versuch wert.

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