Wahl in Frankreich:François Fillon - das perfekte Feindbild

  • François Fillon hat sich deutlich als Präsidentschaftskandidat der französischen Konservativen durchgesetzt.
  • Sein radikales Wirtschaftsprogramm macht Fillon zum perfekten Feindbild für Linke und Rechtsextreme.
  • Vor allem Marine Le Pen wird das ausnutzen. Umfragen sehen sie gegen Fillon in der Stichwahl.

Analyse von Lilith Volkert

Seine Anhänger jubeln, als wäre der größte Schritt schon geschafft. "Fillon! Président!", skandieren sie, als am Sonntagabend klar wird, dass François Fillon die innerparteiliche Kandidatenkür der französischen Konservativen - Les Républicains - gewonnen hat. Als wäre die Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr nur noch Formsache. So viel Zuversicht gibt Schwung, doch im Élysée-Palast ist Fillon allen Umfragen und Gedankenspielen zum Trotz noch lange nicht.

Sicher, François Fillon, der vor drei Wochen noch als chancenloser Außenseiter gehandelt wurde, hat die Vorwahl zu seinem Triumphzug gemacht. Mit Nicolas Sarkozy und Alain Juppé besiegte er zwei politische Schwergewichte. Die Zustimmung für ihn war überragend. In der Stichwahl am Sonntag bekam Fillon zwei Drittel der Stimmen. Und das bei überraschend hoher Wahlbeteiligung.

Fillon will einen "kompletten Neustart"

Die Mischung aus wirtschaftsliberalen und wertkonservativen Ideen in seinem Programm hat die Teilnehmer der Vorwahl offenbar angesprochen. Auch seine Persönlichkeit und sein besonnenes Auftreten mögen eine Rolle gespielt haben. Doch es gilt die Größenordnung im Blick zu behalten: Am Sonntag haben knapp drei Millionen Franzosen für ihn gestimmt. Frankreich hat aber 44 Millionen Wahlberechtigte. Und vielen davon dürften seine wirtschafts- und sozialpolitischen Pläne nicht gefallen.

Denn François Fillon will einige von Frankreichs heiligen Kühen schlachten: Die 35-Stunden-Woche nicht etwa langsam aufweichen, sondern sofort nach der Wahl abschaffen. Den Arbeitsmarkt liberalisieren. Das Rentenalter heraufsetzen. Eine halbe Million Beamtenstellen streichen. "Frankreich braucht einen Schock", sagt er immer wieder. Er wolle einen "kompletten Neustart". Wohl wissend, dass schon geringere Reformprojekte Hunderttausende Franzosen zum Demonstrieren auf die Straße gebracht haben.

Was Unternehmer jubeln und EU-Haushaltspolitiker aufatmen lässt, ist gleichzeitig Fillons größte Angriffsfläche. Sein radikales Wirtschaftsprogramm macht ihn für seine Gegner von links und rechts zum perfekten Feindbild. Die Sozialisten dürften Fillon kaum gefährlich werden, sie sind am Ende von Hollandes Präsidentschaft geschwächt und zerstritten. Die Gefahr droht von rechts außen: Derzeit sieht es so aus, als würde Fillon in der Stichwahl auf die rechtsextreme Marine Le Pen treffen.

Le Pen nennt Fillon einen "sehr guten" Gegner

Diese wird sein Programm nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen und verunglimpfen. Der FN propagiert eine protektionistische Frankreich-zuerst-Politik und einen starken, fürsorglichen Staat. "Fillon plant den massivsten Sozialabbau aller Zeiten", kommentierte Le Pen seine Wahl am Sonntag. Er werde ein "sehr guter" Gegner sein.

Fillon hat erkannt, dass es nicht genügen wird, die bürgerlichen, traditionellen Wähler überzeugen. "Ich werde jeden Einzelnen brauchen", sagte er am Sonntag in seiner Dankesrede. Er sagte nicht, an wen er dabei vor allem dachte: Ob an die Menschen, die dem Staat Misstrauen und Wut entgegenbringen und ihre Interessen nur noch vom Front National vertreten sehen. Oder an die gemäßigten und linken Wähler, die sein Programm zwar nicht gut finden. Die aber in einer Stichwahl Fillon gegen Le Pen zähneknirschend das kleinere Übel wählen werden.

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