Vereinigte Staaten:So unterstützten deutsche Firmen den US-Wahlkampf

Donald Trump

Er hat bald das Sagen: Donald Trump im Wahlkampf vor einer überdimensionierten Flagge.

(Foto: Evan Vucci/AP)
  • Unternehmen dürfen in den USA nicht direkt an Kandidaten für politische Ämter und Mandate spenden. Auch direkte Zuwendungen an Parteien sind in der Regel unzulässig.
  • Auch deutsche Konzerne haben im US-Wahlkampf große Summen gespendet. Sie gehen dafür geschickte Umwege - zum Beispiel über die Mitarbeiter.

Von Claus Hulverscheidt und Uwe Ritzer

Kurt Schrader und Rodney Davis gehören nicht zu den US-Politikern, die hierzulande ein Begriff wären. Für den Leverkusener Chemiekonzern Bayer jedoch sind der Demokrat aus Oregon und der Republikaner aus Illinois offenkundig enorm wichtig. Beide sitzen als Abgeordnete im Repräsentantenhaus; der eine gilt als einflussreicher Gesundheits-, der andere als wichtiger Landwirtschaftspolitiker - beides Felder, auf denen Bayer in den USA große Geschäfte macht.

Kein Wunder also, dass Schrader und Davis im jüngsten Wahlkampf Spenden aus dem direkten Einzugsbereich von Bayer erhielten, ja, sie waren mit je 15 000 Dollar sogar die größten Empfänger. Wohlgemerkt aus dem Einzugsbereich, denn Unternehmen selbst dürfen in den USA nicht direkt an Kandidaten für politische Ämter und Mandate spenden. Auch direkte Zuwendungen an Parteien sind in der Regel unzulässig. Also gehen Firmen geschickte Umwege. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung flossen über solche Umwege allein aus dem Kreis der im deutschen Aktienindex (Dax) notierten Konzerne mehr als 4,6 Millionen US-Dollar an die vielen Hundert Mandatsbewerber. Das meiste davon ging an Donald Trumps Republikaner.

Leicht höheres Spendenaufkommen als 2012

Als Vehikel für den Spendentransfer dienen unter anderem sogenannte Political Action Committees (Pac). Dabei handelt es sich um Fonds, die rein rechtlich nicht von Unternehmen selbst, sondern von deren Mitarbeitern gegründet werden. Einziger Zweck ist es, Wahlkampfspenden zu sammeln. Die Firmen selbst können zudem an sogenannte Super-Pacs spenden, von denen es nach Erkenntnissen des Centers for Responsive Politics (CRP) am Wahltag fast 2400 gab. Die Super-Pacs dürfen Politiker zwar nicht direkt unterstützen, wohl aber eigenständig Werbung für sie machen. Allein über solche Konstrukte wurden mehr als eine Milliarde Dollar eingesammelt.

Die Spenden aus Kreisen deutscher Dax-Konzerne stiegen im Vergleich zu den Wahlen von 2012 um etwa ein Prozent. Auffallend ist, wie differenziert die Arbeitnehmer ihre Zuwendungen verteilten. Bei den Präsidentschaftskandidaten gingen gut 305 000 Dollar an die Demokratin Hillary Clinton und nur knapp 18 000 Dollar an den späteren republikanischen Wahlsieger Trump. Bei den direkten Spenden an Bewerber für das Repräsentantenhaus und den Senat dagegen entfielen gut zwei Drittel auf republikanische und nur ein Drittel auf demokratische Politiker.

Am spendierfreudigsten zeigte sich die Belegschaft des Softwarekonzerns SAP mit einer Million Dollar. Von dem Geld floss etwa die Hälfte an die Demokratische Partei und ein Viertel an die Republikaner. Trump erhielt aus dem SAP-Topf gerade einmal 1000, Clinton 31 000 Dollar. Besonders freigiebig zeigten sich auch die Mitarbeiter von BASF (887 000 Dollar), Deutscher Telekom (652 000) und Bayer (619 000). Auch bei Fresenius Medical Care (407 000) und Siemens (364 000) kamen größere Summen zusammen.

Die zentrale Frage dabei lautet: Wie unabhängig sammeln und verteilen die Mitarbeiter ihre Spenden? Handeln sie am Ende nur als Strohmänner ihres Konzerns?

Die Selbstlosigkeit hat scheinbar Grenzen

Auf Nachfrage tun deutsche Unternehmen gerne so, als ging sie die Spendensammelei nichts an. Pacs seien nicht illegal und allein Sache der Beschäftigten, denen man dergleichen politisches Engagement nicht verwehren könne, heißt es sinngemäß bei Siemens, Bayer oder BASF. Dass die Mitarbeiter tatsächlich immer aus freien Stücken handeln, kann man aber zumindest in Einzelfällen bezweifeln. Manche werden auch vom Management gedrängt, sich im Namen des Unternehmens für bestimmte Politiker zu engagieren. "Firmen gründen keine Pacs, weil die einfachen Arbeitnehmer das von ihnen verlangen", sagt Viveca Novak, Sprecherin des CRP. Die Spendensammelstellen würden vielmehr geschaffen, um einen Politiker auf das Unternehmen aufmerksam zu machen.

Auch für den Regensburger Politologen Stephan Bierling stimmt die Argumentation von den angeblich unabhängig agierenden Mitarbeitern nur formal. "Natürlich handelt es sich in Wirklichkeit um den Ausfluss von Unternehmensinteressen", sagt der Professor für internationale Politik und transatlantische Beziehungen. "Das liegt in der Logik der Sache, denn sonst würden die Mitarbeiter keine Spenden sammeln." Wahlkampfspenden hätten immer und überall einen Zweck. "Die Unternehmen erhoffen sich einen deutlich besseren und einfacheren Zugang zu den politischen Entscheidungsträgern in den Geschäftsfeldern, in denen sie tätig sind."

Dass die angebliche Selbstlosigkeit ihre Grenzen hat, darauf lässt auch die Aussage eines Bayer-Sprechers schließen. Auch er betont die Eigenständigkeit der Mitarbeiter-Pacs, räumt aber zugleich ein, die eigenen Leuten spendeten vor allem "an Politiker, die sich intensiv mit Bayer-relevanten Themen befassen". Das sei etwa die Gesundheitspolitik. Auch der Patentschutz sei "extrem wichtig für ein forschendes Unternehmen wie Bayer." Welcher US-Politiker wie viel bekomme, würden aber nicht Manager des Chemiekonzerns entscheiden, sondern die Committees selbst.

SZ-Recherchen zeigen jedoch, dass diese Committees oft von Führungskräften der jeweiligen Firmen verantwortet werden. Bei SAP und BASF etwa sind das Manager, die sich im normalen Berufsleben federführend um Steuerthemen ihres Arbeitgebers kümmern. Den Siemens-Pac leitete amtlichen Unterlagen zufolge die Vizepräsidentin für Regierungsangelegenheiten bei Siemens in den USA, eine Lobbyistin also. Nutznießer von Zuwendungen aus dem Siemens-Pac waren in erster Linie Abgeordnete in Regionen, in denen das Unternehmen geschäftliche Interessen verfolgt - sei es in Kalifornien (Verkehrstechnik), oder North Carolina und Pennsylvania (Öl- und Gasfördergeschäft).

Paul Schrader und Rodney Davis übrigens, die eingangs erwähnten Abgeordneten aus Oregon und Illinois, werden vermutlich ein Drittel jener je 15 000 US-Dollar, die sie vom Bayer-Pac erhielten, zurückzahlen müssen. Eigentlich nämlich darf ein Pac für die Vor- und Hauptwahl nicht mehr als insgesamt 10 000 Dollar an einen Kandidaten spenden. Dieses Schicksal könnte auch Fred Upton ereilen, den Vorsitzenden des Energieausschusses im Repräsentantenhaus. Er durfte sich über 14 500 US-Dollar vom BASF-Pac freuen. Dass Upton zu den US-Politikern gehört, die den Klimawandel bezweifeln, störte die BASF-Mitarbeiter offenbar nicht.

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