Wahl in Frankreich:Hollandes historische Entscheidung

Francois Hollande

Ist in Frankreich nicht mehr populär: Präsident François Hollande

(Foto: REUTERS)
  • Frankreichs Präsident François Hollande tritt nicht zur Wiederwahl an. Das Risiko für das Land und seine Partei sei zu hoch.
  • Hollande zieht damit die Konsequenzen aus dauerhaft schlechten Beliebtheitswerten.
  • Obwohl er sein politisches Scheitern einräumte, verteidigte der scheidende Präsident ausführlich die Bilanz seiner Regierungszeit.

Von Leo Klimm, Paris

Frankreichs Präsident François Hollande stellt sich nicht zur Wiederwahl im nächsten Frühjahr. In einer kurzfristig angesetzten Fernsehansprache erklärte Hollande am Donnerstagabend: "Mir sind die Risiken bewusst, die meine Kandidatur bedeuten könnte, wenn sie nicht genug Unterstützung fände. Ich habe mich entschieden, nicht für die Präsidentschaftswahl zu kandidieren." Die Begründung verweist darauf, dass Hollande selbst in seiner eigenen Partei, den Sozialisten, nicht mehr ausreichend Rückhalt für eine neue Bewerbung ums höchste Staatsamt hatte.

Die Entscheidung ist historisch. Noch nie seit Gründung der Fünften Republik 1958 hat ein amtierender Präsident in Frankreich darauf verzichtet, ein zweites Mal zur Wahl zu anzutreten. Hollande zieht damit die Konsequenzen aus dauerhaft schlechten Beliebtheitswerten - und entgeht einer wahrscheinlichen Demütigung im ersten Wahlgang Ende April. In Umfragen rangierte Hollande bei den Wählern zuletzt mit rund sieben Prozent abgeschlagen an fünfter Stelle. Allein zwei Kandidaten des sozialdemokratischen und linken Spektrums lagen vor ihm. Trotzdem kommt der Verzicht überraschend: Selbst engste Vertraute hatte im Elysée-Palast hatte Hollande nicht vorab über seine Entscheidung informiert. Viele in der Partei drangen bis zuletzt auf seine Kandidatur.

"Ich bin bereit", hatte Valls zu einer möglichen eigenen Kandidatur erklärt

Dem Verzicht war in den vergangenen Tagen allerdings ein heftiger Machtkampf mit Premierminister Manuel Valls vorausgegangen. "Ich bin bereit", hatte Valls zu einer möglichen eigenen Kandidatur erklärt und unverhohlen auf die untergrabene Autorität des Präsidenten verwiesen. Valls dürfte in Kürze die Teilnahme an der Vorwahl der Sozialisten im Januar erklären, für die er nun als Favorit gilt. Für die Sozialisten geht es darum, eine Stichwahl zwischen der Rechtsextremen Marine Le Pen und ihrem Front National und dem Anwärter der konservativen Republikaner, François Fillon, zu verhindern. "Ich will nicht, dass Frankreich Abenteuern ausgesetzt wird, die teuer und sogar gefährlich für seine Einheit und die sozialen Gleichgewichte wären", begründete Hollande den Vortritt für Valls. Der konservative Bewerber hat derzeit beste Aussichten aufs Präsidentenamt.

Obwohl er sein politisches Scheitern einräumte, verteidigte der scheidende Präsident ausführlich die Bilanz seiner Regierungszeit. Er habe nicht nur den Sozialstaat gestärkt, sondern zugleich die Staatsfinanzen in Ordnung gebracht. Auch die Senkung der Arbeitslosigkeit sei ihm gelungen. Dies war das zentrale Versprechen Hollandes, als er 2012 ins Amt kam. Tatsächlich sinkt die Erwerbslosenquote seit Anfang 2016 - allerdings Jahre später als ursprünglich versprochen. "Nur eine Sache" bereue er, so Hollande: dass er im Kampf gegen islamistische Attentäter die Aberkennung der französischen Staatsbürgerschaft für Terrorverdächtige durchsetzen wollte. Mit diesem Plan habe er das Land gespalten statt es zu einen. Nun wolle er in den fünf verbleibenden Monaten seiner Aufgabe nachkommen, es zu führen.

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