Flüchtlinge:Worauf Brüssel in der Flüchtlingsfrage hinauswill

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Eine Rückkehr zum Dublin-Verfahren dürfte nur für wenige Flüchtlinge Auswirkungen haben. (Foto: Giorgos Moutafis/Reuters)

Die EU-Kommission rät dazu, Flüchtlinge wieder nach Griechenland abzuschieben - eine Empfehlung mit Symbolcharakter.

Analyse von Thomas Kirchner, Brüssel

Die EU-Kommission hat empfohlen, vom kommenden Frühjahr an zu Dublin zurückzukehren und Flüchtlinge wieder nach Griechenland abzuschieben. Das Dublin-System war im vergangenen Jahr zusammengebrochen, als sich Hunderttausende über die Staaten an der Südgrenze der EU in den Norden durchschlugen.

Eigentlich hätte man die Menschen in die Länder zurückschicken müssen, wo sie zuerst europäischen Boden betraten, aber daran war nicht mehr zu denken. Nach Griechenland durfte, angesichts der Zustände in den dortigen Aufnahme- und Abschiebelagern, schon seit 2011 nicht mehr abgeschoben werden.

Viel mehr als ein inständiger Wunsch ist die Empfehlung der Kommission aber nicht. In der Realität wird sie zunächst kaum zum Tragen kommen. Die Behörde betont selbst, dass "nur sehr wenige Menschen" davon betroffen sein werden.

Dublin-Verfahren
:EU-Kommission will Flüchtlinge wieder nach Griechenland abschieben

Wegen mangelnder Standards bei der Unterbringung wurde das sogenannte Dublin-Verfahren für Griechenland schon vor ein paar Jahren ausgesetzt. Nun hat Brüssel offenbar keine Bedenken mehr.

Zum einen nimmt sie besonders verletzliche Flüchtlinge und unbegleitete Minderjährige aus, zum anderen muss Griechenland in jedem einzelnen Fall humane, den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Aufnahmebedingungen garantieren. Darüber werden dann die Regierungen der Abschiebeländer, nationale und letztlich auch europäische Gerichte entscheiden.

Und zum Dritten glaubt und hofft die Kommission, dass es künftig kaum noch irreguläre Migration aus Griechenland in Richtung Norden geben wird. Denn die Grenzen Richtung Mazedonien und Bulgarien sind geschlossen, außerdem gibt es jetzt einen Europäischen Grenz- und Küstenschutz, der genau solche unerwünschte Wanderungsbewegungen unterbinden soll.

Zeichen für die Reform des Dublin-Systems

Insofern hat die Brüsseler Empfehlung hauptsächlich symbolischen Charakter. Sie soll den Rest-Europäern zeigen, dass sich in Griechenland in Bezug auf die Unterbringung von Flüchtlingen einiges zum Besseren entwickelt hat. Immerhin wurden nicht zuletzt dank außerordentlich kräftiger finanzieller Hilfen aus dem EU-Topf etwa 60 000 Aufnahmeplätze geschaffen.

Und sie soll ein politisches Zeichen setzen für die von der Kommission vorgeschlagene, aber politisch extrem schwierige Reform des Dublin-Systems. Wenn schon die geltenden Regeln sich nicht ansatzweise durchsetzen lassen, wird diese Reform immer unglaubwürdiger und daher unmöglicher.

Noch mehr gilt das für den permanenten Umverteilungsmechanismus, der für den Fall von krisenhaften Zuständen geplant ist. Auch hier sieht es schlecht aus: Die aktuelle Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien kommt weiterhin nur schleppend voran. Und gegen einen Automatismus, der ihnen künftig Solidarität, also die Aufnahme von Flüchtlingen, rechtlich aufzwingen würde, sperren sich vor allem die osteuropäischen Staaten nach allen Kräften.

Einen Hebel, um daran etwas zu ändern, hat die Kommission nicht. Ihr bleiben in dieser Lage nur Wünsche, Appelle und Gesten.

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