Partnerschaft:Keine Trennung ohne Drama

Partnerschaft: Kann leider nicht schmerzfrei erfolgen: die Botschaft "Ich liebe dich nicht mehr".

Kann leider nicht schmerzfrei erfolgen: die Botschaft "Ich liebe dich nicht mehr".

(Foto: Getty Image; Collage Jessy Asmus/SZ.de)

Kleenex, Randale, kalter Entzug: Liebe ist ein Schlachtfeld am Rande des Wahnsinns. Berühmte Beispiele zeigen, wie man auseinandergehen sollte - und wie nicht.

Von Violetta Simon

Wer verstehen will, wie eine Beziehung zwischen zwei Menschen funktioniert, sollte hinsehen, wie sie endet. Als Alma Mahler sich 1918 von Oskar Kokoschka trennte, ließ sich der Künstler, bis dahin als ernstzunehmender Vorreiter des Expressionismus bekannt, bei der Münchner Puppenmacherin Hermine Moos eine lebensgroße Sexpuppe nach dem Vorbild seiner Geliebten anfertigen.

Drei Jahre begleitete die lebensgroße Puppe den Maler, selbst auf Kutschfahrten und in die Oper. Am Ende erkannte Kokoschka, dass ein Wesen, dessen Gliedmaßen mit Mehl gefüllte Strümpfe waren, kein Ersatz für seine Verflossene sein konnte. Auf einem Fest übergoss er die Puppe mit Rotwein und schlug ihr den Kopf ab. So grausam kann die Liebe sein.

Liebe ist ein Schlachtfeld

In ihrem aktuellen Buch "Kill your Darling" beschreibt die New Yorker Autorin Jennifer Wright eine Reihe solcher spektakulärer Trennungsgeschichten, die vor allem einen Schluss erlauben: Liebe ist ein Schlachtfeld. Unabhängig von Bildung und Stand sind selbst geniale Persönlichkeiten immer wieder regelrecht ausgetickt, als sie erkannten, dass ihre Gefühle nicht mehr erwidert wurden.

Der zweifache Pulitzer-Preisträger und US-Schriftsteller Norman Mailer griff zum Messer und stach in seiner blinden Wut auf seine Ehefrau Adele ein. Diese überlebte den Angriff knapp und verzichtete, den Kindern zuliebe, auf eine Anzeige. Der englische König Heinrich VIII. ließ zwei seiner sechs Ehefrauen köpfen: Catherine Howard war ihre Untreue zum Verhängnis geworden. Anne Boleyn hingegen hatte der König bereits Jahre zuvor aus dem Weg geräumt, weil sie ihm lästig geworden war.

Der schwer verliebte Kaiser Nero ließ sogar zuerst seine eigene Mutter Agrippina, dann seine Frau Octavia töten, um den Weg frei zu machen für die Heirat mit seiner Angebeteten Poppaea. Ein ehrliches Gespräch war für ihn offenbar keine Option.

Trennung ohne verbrannte Erde

Wenn bei einer Trennung kein Blut fließt, heißt das nicht, dass sie weniger wehtut. Die Botschaft "Ich liebe dich nicht mehr" kann nun mal nicht schmerzfrei erfolgen. "Doch sollte man zumindest zeigen, dass man den Schmerz des anderen respektiert und nachempfinden kann", sagt der Münchner Paartherapeut David Wilchfort. Die Aussage "Ich kann mir vorstellen, wie schlimm das für dich ist" sei auf jeden Fall hilfreicher als ein egozentrisches und von Schuldgefühlen getriebenes "Ich fühle mich so schlecht!"

Überhaupt sollte es sich der, der gehen will, nicht zu leicht machen. Die Schlüssel wegzuwerfen, auf den nächsten Bus aufzuspringen und aus der Stadt zu verschwinden, ist keine Lösung - auch wenn Paul Simon das in seinem Song "50 ways to leave your lover" für eine gute Idee hält. Es gibt wirklich bessere Arten, eine Beziehung zu beenden.

Das perfekte Beispiel sind Gwyneth Paltrow und Chris Martin, die 2014 ihren neuen Beziehungsstatus als Conscious Uncoupling deklarierten. Statt sich um Möbel und Sorgerecht zu streiten, praktizierte das Promi-Paar eine "bewusste Distanzierung auf einer höheren Bewusstseinsstufe", eine Art spirituell betreute Scheidung - der Familie zuliebe.

Den versöhnlichen Ansatz findet Paartherapeut David Wilchfort begrüßenswert. "Überlegen Sie es sich gut: Lohnt es sich, mit voller Kraft draufzuhauen und auf Ihr Recht zu pochen - oder können Sie sich zurücknehmen?" Im Fall einer Trennung sollten die Partner nicht im Moment verharren, sondern an die Zukunft denken. Eines Tages müssten die Kinder sich sonst entscheiden, wer von beiden zur Hochzeit oder zur Taufe des Enkels kommen darf.

Die Trennung überstehen

Liz Taylor und Richard Burton wären an so einer vernunftbegabten Lösung wahrscheinlich gescheitert - schon allein aus Gründen der Leidenschaft. "Man kann zwei Dynamit-Stangen nicht immer wieder gegeneinanderschlagen, ohne zu erwarten, dass sie explodieren", erklärte Burton die von Dramen und Szenen geprägte Beziehung. 1974 ließen sich die beiden scheiden - um 1975 erneut zu heiraten. Die zweite Ehe dauerte nicht einmal ein Jahr.

Doch was wären Hollywood-Paare ohne Drama? Wenn bei den Stars die Fetzen fliegen, nimmt daran immer auch die Öffentlichkeit Anteil. Bis heute haben Rosenkriege berühmter Persönlichkeiten ihre Faszination nicht verloren.

Als das vermeintliche Traumpaar Brangelina seine Trennung verkündete und mit dem üblichen Scheidungswettrüsten (Anwalt, Sorgerechtsstreit, Kontaktverbot, Verunglimpfung) begann, hielt die Welt den Atem an. Und holte nur Luft, um zu verfolgen, wie es weiterging im Scheidungskarussel um Johnny Depp und Amber Heard: Nach gerade mal 15 Monaten Ehe erschien die damals 30-Jährige vor Gericht mit einem blauen Auge und dem Vorwurf, der 52-jährige Hollywood-Star habe sie jahrelang misshandelt. Heard forderte Unterhalt in Höhe von 50.000 Dollar pro Monat, Depp behauptete später, von ihr erpresst worden zu sein.

Es ist bemerkenswert, wie sehr solche Geschichten auch die Menschen berühren, die keinen der Beteiligten persönlich kennen. Vermutlich, weil die meisten sehr wohl die verzweifelte Lage kennen, in der sich Liebende nach einer Trennung befinden: Wie sie toben, randalieren oder mit Selbstmord drohen. Sich ins Bett legen in der festen Absicht, nie wieder aufzustehen. Tonnenweise Eis essen und Kleenex verschneuzen. Zu viel trinken und dem Verflossenen abwechselnd Liebesgeständnisse und Drohungen ins Telefon lallen.

So lange, bis sie überzeugt sind, dass der oder die Ex einem das Leben zerstört und einen ohnehin nicht verdient hat. Und schließlich einsehen, dass es nicht zu ändern - oder sogar besser so ist.

Trauern für den Neuanfang

Leugnen, Trauer, Wut, Akzeptanz: An den vier Phasen führt laut Psychologen kein Weg vorbei, um sich auf einen neuen Lebensabschnitt vorzubereiten. Wie lange die Phasen jeweils dauern, ist jedoch sehr unterschiedlich - und völlig unabhängig von der Dauer der Beziehung.

So beschreibt Autorin Jennifer Wright in ihrem Buch, wie sich die britische Schriftstellerin Caroline Lamb über Jahre hinweg weigerte, das Ende ihrer Affäre mit dem Dichter Lord Byron zu akzeptieren. Ungeachtet der Tatsache, dass sie selbst mit einem anderen Mann verheiratet war, verhielt sich Lamb wie eine tyrannische Stalkerin. Sie schickte dem abtrünnigen Byron Briefe mit ausgerissenen Schamhaaren, bedrohte ihn mit einem Messer und brachte rufschädigende Gerüchte über ihn über seine vermeintliche Homosexualität, Pädophilie und inzestuöse Affären in Umlauf.

Vernünftig wäre wohl eher das Gegenteil gewesen: "Keine Treffen, keine Briefe, möglichst nicht in Erinnerungen schwelgen - kalter Entzug sozusagen", empfiehlt die US-Hirnforscherin Lucy Brown, die die Auswirkungen von Liebeskummer ausführlich untersucht hat, den Verlassenen.

"Keine Treffen, keine Briefe" - womöglich hat Charlize Theron da etwas falsch verstanden, als sie 2015 ihre Beziehung zu Sean Penn beendete und damit eine neue Trennungskategorie schuf: Ghosting, eine fiese, aber leider recht zeitgemäße Art, sich aus dem Staub zu machen.

Nach 20 Jahren Freundschaft und 18 Monaten Beziehung brach die Hollywood-Schauspielerin den Kontakt zu dem damals 55-Jährigen völlig überraschend ab und stellte die Kommunikation restlos ein: kein klärendes Gespräch, kein Anruf, kein Abschiedsbrief. In diesem Fall hatte der "kalte Entzug" das Leid erst erzeugt, statt es zu lindern. Sean Penn dürfte ziemlich viel Kleenex und Eiscreme gebraucht haben, um das zu verkraften.

"Auch wenn es wehtut und sehr, sehr schwer ist: Schauen Sie nach vorne", rät Paartherapeut Wilchfort. Das sei auch wichtig für einen Neustart." Abgesehen davon ist es schade um die schönen Momente, die man gemeinsam erlebt hat."

Manchmal hilft dabei auch eine symbolische Handlung: Auf Ebay versuchen derzeit 563 Personen, einen "Ehering, gebraucht" loszuwerden.

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