Opec:Die Rückkehr des Ölkartells

Ölförderung in Russland

Arbeiten zur Ölförderung bei Rosneft. Russland ist stark auf Öleinnahmen angewiesen und unterstützt daher die Strategie der Opec.

(Foto: Bloomberg)
  • Der Erdöl-Länder-Club Opec hat auf einem Treffen in Wien eine Deckelung mit Nicht-Opec-Ländern vereinbart. Ein historischer Schritt.
  • Das Abkommen vom Wochenende sieht vor, dass elf Nicht-Opec-Staaten wie Russland und Mexiko pro Tag rund 560 000 Barrel à 159 Liter weniger fördern.
  • Öl wird auf absehbare Zeit wohl trotzdem nicht so teuer werden, wie es einmal war.

Von Lukas Zdrzalek

Es war ein einziger Satz, vier Wörter kurz, der die Zeitenwende beim wichtigsten Preis der Welt einläutete. Am Samstagvormittag um 10.33 Uhr schickte ihn die Nachrichtenagentur Reuters einmal rund um den Globus, an Medien, an Analysten, an unzählige Unternehmen. Der venezolanische Ölminister Eulogio Del Pino war Urheber des Satzes, ein kräftiger Mann mit grauen, kurzen Haaren, der erklärte: "Wir haben einen Deal." Gemeint war: Der Erdöl-Länder-Club Opec hatte sich mit anderen Förderstaaten darauf geeinigt, die Menge des produzierten Öls wieder zu begrenzen. Ein historischer Schritt.

Öl ist der bedeutendste Rohstoff des Globus: Wenn der Preis steigt oder fällt, merken das Verbraucher sofort, an den Zapfsäulen der Tankstellen etwa, beim Kauf von Heizöl. Jahrzehntelang war die Opec die Herrscherin über diesen Preis, die Organisation erdölexportierender Länder. Sie war das wichtigste Kartell der Welt, das nach eigenem Gutdünken festlegte, wie viel Öl die Mitgliedsländer produzieren - und die damit beeinflussten, ob der Preis stieg oder fiel.

Aber die Opec zerfiel vor gut acht Jahren, die rund ein Dutzend Mitglieder konnten sich nicht mehr auf eine Obergrenze einigen. Der Ölpreis brach ein - jetzt meldet sich der Orden der Ölländer zurück, mit gleich zwei Erfolgen binnen kürzester Zeit. Erst Ende November hatten sich die Mitgliedsländer intern geeinigt, die Fördermenge zu begrenzen. Jetzt schafft es die Opec auf ihrem Treffen in Wien, eine Deckelung mit Nicht-Opec-Ländern zu vereinbaren - zum ersten Mal seit 15 Jahren. Die Ironie des so bedeutsamen Schrittes: Öl wird auf absehbare Zeit wohl trotzdem nicht so teuer werden, wie es einmal war.

Opec: SZ-Grafik; Quelle: Bloomberg

SZ-Grafik; Quelle: Bloomberg

Die Opec stärkt damit ihre eigene Übereinkunft

Das Abkommen vom Wochenende sieht vor, dass elf Nicht-Opec-Staaten wie Russland und Mexiko pro Tag rund 560 000 Barrel à 159 Liter weniger fördern. Die Opec stärkt damit ihre eigene Übereinkunft von Ende November, bei der die 13 Mitgliedsländer vereinbart hatten, pro Tag nur noch 32,5 Millionen Barrel pro Tag zu fördern, rund 1,2 Millionen Barrel weniger als bisher. Vor allem das wichtigste Mitgliedsland Saudi-Arabien muss harte Einschnitte hinnehmen.

Die Abkommen beenden den jahrelangen Streit innerhalb der Opec. Gerade Saudi-Arabien sprach sich immer wieder gegen Obergrenzen aus und versuchte, mit den niedrigen Preisen zum einem den Erzfeind Iran zu schwächen, mit dem das Land um die Vormachtstellung in der Region kämpft. Zum anderen versuchte die Regierung in Riad, andere Produzenten ganz aus dem Markt zu drängen, etwa die boomende Ölindustrie in den USA, die das Fracking-Verfahren nutzt. Sie benötigte zum Überleben lange Zeit relativ hohe Preise.

Doch die Strategie Saudi-Arabiens ging nicht so recht auf: Die US-Förderer schafften es, immer effizienter zu werden. Statt den Wettbewerb gegen den Golfstaat zu verlieren, führte das zusätzliche Öl zu immer weiter fallenden Preisen. Die Ölsorte Brent beispielsweise verlor zwischen Sommer 2014 und Anfang 2016 mehr als 70 Prozent an Wert. Dadurch gerieten Förderländer wie Venezuela und ausgerechnet Saudi-Arabien selbst unter Druck. In Venezuela grassiert inzwischen die Inflation, und für die saudi-arabische Regierung wurde es immer schwieriger, ihre sozialen Wohltaten zu finanzieren. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte gar, das Land könne in einigen Jahren bankrott sein.

"Vor allem der finanzielle Druck hat die Regierungen dazu bewogen, ein Abkommen zu schließen, um höhere Ölpreise zu ermöglichen", sagt Marco Scherer, Ölexperte der Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Asset Management.

Besonders stark wird der Anstieg des Ölpreises nicht ausfallen

Dieses Ziel haben die Opec-Länder bereits mit ihrem Abkommen Anfang November erreicht. Die Preise schnellten anschließend um gut zehn Prozent nach oben. "Das Abkommen in Wien könnte dazu führen, dass die Preise in den nächsten Tagen weiter zulegen dürften", sagt Scherer. Doch besonders stark wird der Anstieg nicht ausfallen, Niveaus von 100 US-Dollar und mehr pro Fass halten Experten in naher Zukunft für praktisch ausgeschlossen. Ein Barrel, prognostizieren sie, dürfte erst einmal zwischen 50 und 70 Dollar kosten. Benzin, Diesel und Heizöl werden daher in den kommenden Monaten nur moderat teurer werden. Das Wiener Marktforschungsinstitut JBC etwa rechnet damit, dass die Preise an den Zapfsäulen mittelfristig nur einige Cents höher liegen werden als heute.

Dafür gibt es vier Gründe. Erstens sind die Kürzungen relativ gering, sie betragen gerade einmal wenige Prozent des gesamten Ölmarktes. Zweitens sind die Lagerbestände relativ hoch, sie belaufen sich allein in den USA derzeit auf rund 500 000 Barrel. Drittens steigt die Nachfrage weniger stark als noch vor ein paar Jahren. Sie nahm bis zur Finanzkrise jährlich zwischen rund zwei und drei Prozent zu, mittlerweile ist es nur noch ein Prozent, weil die Wirtschaft in Schwellenländern wie Brasilien lahmt. Viertens ist der Einfluss der Opec inzwischen begrenzt. Vor allem die US-Industrie deckelt den Preis. Bei steigenden Preisen werden die Fracking-Firmen mehr produzieren und die steigende Nachfrage auffangen.

Ausgerechnet die am Abkommen beteiligten Ländern könnten die Vereinbarung noch gefährden. Wie bereits mehrfach geschehen, könnten sie sich nicht an die Vorgaben halten. Der Anreiz ist groß: Das Land, das als erstes einfach mehr Öl fördert, kann auf Kosten der anderen Marktanteile gewinnen - ohne eine Strafe fürchten zu müssen, denn die Opec kann Verstöße nicht sanktionieren. Die vier Worte des venezolanischen Ölministers Eulogio Del Pino vom gelungenen Deal, sie könnten sich als Makulatur erweisen.

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