Geretsried:Feine Struktur, flottes Tempo

Geretsried: Präziser Gesang: Der Isura-Madrigalchor wurde am Schluss beklatscht und bejubelt.

Präziser Gesang: Der Isura-Madrigalchor wurde am Schluss beklatscht und bejubelt.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Weihnachtsoratorium mit dem Isura-Chor unter Johannes Buxbaum

Von Reinhard Szyszka, Geretsried

Weihnachten ohne Bachs Weihnachtsoratorium - das geht für viele Musikfreunde gar nicht. In diesem Jahr hat sich ein Chor, den man sonst mit einem anderen Repertoire in Verbindung bringt, des populären Werks angenommen. Über Jahrzehnte hat sich der Isura-Madrigalchor mit anspruchsvollen A-cappella-Konzerten einen hervorragenden Ruf ersungen. Doch auch mit Instrumentalbegleitung können es die Isuraner, das haben sie wiederholt bewiesen. Diesmal also das Weihnachtsoratorium. Schon eine Viertelstunde vor Konzertbeginn am Sonntag war die Kirche Maria Hilf fast voll.

Dirigent Johannes Buxbaum hatte sich nicht für die übliche Auswahl der Teile 1 bis 3 entschieden, sondern kombinierte den ersten Teil mit den Teilen 5 und 6. So verlagerte sich das Schwergewicht auf die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland und König Herodes. Sicher eine plausible Zusammenstellung; die Texte im Programmheft erläuterten diese Wahl.

Mit warmem, anhaltendem Applaus begrüßte das Publikum die fast 50 Sängerinnen und Sänger, als sie die Kirche betraten. Entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten sang der Isura-Madrigalchor nicht in gemischter, sondern in Block-Aufstellung: ganz links der Sopran, ganz rechts der Bass. Der instrumentale Part war beim Ensemble Lodron bestens aufgehoben. Strahlende Trompetentöne, schmelzende Oboenklänge und weiches Streicherspiel machten das Zuhören zum Genuss.

Buxbaum dirigierte das Oratorium in sehr zügigem Tempo und brachte die drei Teile in rekordverdächtigen 80 Minuten durch. Manchmal wirkte das gleichbleibende Schnell-schnell etwas einförmig, und Nummern wie "Ach, wann wird die Zeit erscheinen" oder "So geht! Genug, mein Schatz geht nicht von hier" hätten eine etwas ruhigere Gangart vertragen. Aber die Instrumentalisten und die Sänger bewältigten die flotten Tempi souverän und fanden sogar noch Muße zur Gestaltung.

Sopranistin Roswitha Schmelzl präsentierte eine strahlende, runde Höhe, war in den tieferen Lagen aber manchmal kaum zu hören - besonders beim Choral "Er ist auf Erden kommen arm", der entgegen der üblichen Praxis nicht dem Chorsopran, sondern der Solistin anvertraut war. Das abschließende "Kyrieleis" ging gegen die Instrumente völlig unter.

Die Altistin Anja-Maria Luidl sang mit voller, vibratoreicher und nicht eben Bach-typischer Stimme, eher ein Mezzosopran als ein tiefer Alt. Sie gefiel besonders gut im Terzett "Ach, wann wird die Zeit erscheinen", wo sie die Einwürfe "Schweigt, er ist schon wirklich hier" schneidend und energisch, keinen Widerspruch duldend sang.

Taro Takagi hatte als Evangelist natürlich den größten Solopart zu bewältigen. Seine Stimme klang sehr hell, dabei in allen Lagen ausgeglichen, textverständlich und klar. Im Terzett wollte sich sein Tenor mit dem Sopran nicht so recht mischen.

Für den Bassisten Thomas Stimmel aus Icking war die Aufführung fast ein Heimspiel. Er glänzte mit mächtiger, dabei ungemein flexibler Stimme. Bei "Großer Herr und starker König" war er in seinem Element. Die endlos langen Koloraturen bei "Erleucht auch meine finstern Sinnen" stellten ihn gelegentlich vor Atemprobleme. Ein Kabinettstückchen: das kurze Rezitativ, mit dem Stimmel den König Herodes wie einen Opernschurken charakterisierte.

Doch der eigentliche Gesangsstar war der Isura-Madrigalchor. Beim Eingangschor verschwanden die vokalen Feinheiten noch hinter Trompetengeschmetter, aber spätestens bei "Ehre sei dir, Gott" zeigten die Isuraner ihre ganzen Qualitäten. So sorgfältig artikuliert, so differenziert gestaltet, so polyphon durchhörbar hat man das Werk selten erlebt.

Buxbaum hatte sehr sorgfältig gearbeitet und insbesondere bei den Chorälen eine sinnvoll gegliederte, textbezogene Darstellung erreicht. Mit äußerster Konzentration folgten die Sängerinnen und Sänger jedem Wink ihres Meisters und setzten das Einstudierte präzise um. So war es mit Recht der Chor, der beim begeisterten Schlussapplaus am meisten bejubelt und beklatscht wurde.

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