Emissionen:Das Klimaziel ist fast unerreichbar

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Experten des Bundes stellen in einem Klimabericht fest: Der Anteil des Ökostroms legt zu, die Emissionen aber auch. Deutschland könne die gesetzten Emissionsziele nur erreichen, wenn die Wirtschaft regelrecht einbricht.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Rein theoretisch lässt sich das deutsche Klimaziel für 2020 noch immer erreichen: Die Wirtschaft müsste ordentlich einbrechen, und der Export von Kohlestrom müsste massiv abnehmen. Schon würden hierzulande bis zu 40,4 Prozent weniger Treibhausgas ausgestoßen als 1990. Das Ziel sind 40 Prozent minus. "Damit wird auch deutlich", so heißt es in einem Klimabericht der Bundesregierung, "dass ein Erreichen des 40-Prozent-Ziels nach wie vor möglich ist." Am Mittwoch hat das Kabinett den Bericht abgesegnet.

So wie einen anderen Bericht auch, den Monitoringbericht zum Fortgang der Energiewende. Da stellen sich die Dinge nicht ganz so rosig dar. Zwar schreite der Umbau der Energieversorgung voran, konstatieren die vier Wissenschaftler, die den Bericht im Auftrag des Bundes bewerteten. Beim Energieverbrauch aber sei die Lage "unbefriedigend". So wuchs der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch, also auch in Gebäuden und im Verkehr, im vorigen Jahr auf 14,9 Prozent. Das sind 1,3 Prozentpunkte mehr als 2014. Beim Strom schnellte der Anteil auf 31,6 Prozent herauf; die Zielmarke von 35 Prozent ist damit in Reichweite. Anders aber beim Energieverbrauch: Er soll bis 2020 auf 11 500 Petajoule gesunken sein. Stattdessen stieg er 2015 an, auf 13 300 Petajoule. Mit dem Energieverbrauch stiegen auch die klimaschädlichen Emissionen an. Trotz des 40-Prozent-Ziels aus Berlin. "Die Bundesregierung hält dieses Ziel noch in der Schwebe, aber wir halten die Zielverfehlung für sehr wahrscheinlich", sagt Andreas Löschel, Energieökonom an der Uni Münster und Kopf der Monitoringkommission des Bundes. "Wir legen der Bundesregierung ans Herz, mit der absehbaren Zielverfehlung offensiv umzugehen."

Schon 2014 hatte die Bundesregierung ein "Aktionsprogramm" erarbeitet, um das Ziel noch zu erreichen, mit mehr als 100 Maßnahmen, "aber oft zu kleinteilig mit vielfältigen Ausnahmen", sagt Löschel. Nötig sei ein klarer Rahmen, inklusive einer allgemeinen Bepreisung des CO₂-Ausstoßes. Das allerdings werde vermutlich ein Thema für die nächste Bundesregierung. "Auch um eine unbequeme Debatte über die Zukunft der Kohle kommen wir nach der Bundestagswahl nicht mehr herum", sagt der Energieökonom. Vermutlich dann aber zur Erreichung des deutschen Klimaziels für 2030: minus 55 Prozent

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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