Geburtstagskonzert für Klaus Doldinger:Das Volk klatscht erstmals nicht auf die Eins

Er ist ein Weltstar des Jazz - und er hat den Bayern den Groove beigebracht. Seine Heimatgemeinde Icking gratuliert ihm zum 80. Geburtstag.

Von Claudia Koestler

Was schenkt man jemandem, der alles hat - vielleicht nicht zwingend im materiellen Sinne, aber auf jeden Fall im musikalischen? Jemandem, der eine neue Dimension der Musik erschlossen hat? Der den deutschen wie internationalen Jazz prägte wie kein anderer? Einem, dessen tonale Leuchtkraft, Vielfalt und Ideenreichtum süchtig machten und immer noch machen? Einem Star eben, den die Musikwelt schon seit Jahrzehnten feiert? Einem Klaus Doldinger eben? Kein leichtes Unterfangen!

Doch Icking, wo Doldinger mit seiner Familie seit 1968 zu Hause ist, hatte sich etwas Besonderes ausgedacht, um seinen Mitbürger, jene Legende des Jazz, nachträglich zu dessen 80. Geburtstag zu würdigen: Mit einem musikalischen Panoptikum aus der Gemeinde, das Doldinger am Mittwochabend in der Aula der Grundschule zuteil wurde. "Oder sollte ich sagen, in der Ickinger Isar-Philharmonie?", scherzte Bürgermeisterin Margit Menrad ob der Örtlichkeit. Auf der provisorischen Bühne verneigten sich über dreieinhalb Stunden lang sowohl talentierte Nachwuchsmusiker als auch etablierte Künstler vor dem Großmeister, der schon lange selbst ein inspirierendes Geschenk für die Gemeinde ist. Der Abend war somit quasi ein Äquivalent zu etwas Selbstgebasteltem, das ja bekanntlich mehr von Herzen kommt als etwas Gekauftes. Obendrein barg der Abend viele überraschende musikalische Geschenke, für Doldinger wie für das Publikum: von Neudichtungen bis zu Weltpremieren reichte der Bogen.

Der Auftakt oblag dem Kinderorchester der Musikwerkstatt Icking, gefolgt von der Juniorband des Musikinstituts Icking. "Wunderbar", freute sich Doldinger, der in der ersten Reihe an einem blumengeschmücktem Tisch mit Sekt die Darbietungen genießen konnte: "Bei diesen Talenten mache ich mir um die musikalische Zukunft Ickings keine Sorgen." Grundsätzlich nahm sich der außerordentlich jung gebliebene Jubilar nach jedem Auftritt Zeit, den Künstlern zu danken. Auch Wolfgang Ramadan, der Gstanzl vortrug und mit ihnen etwas Ungehörtes vollbrachte: "Zum ersten Mal, dass das bayerische Volk nicht auf der Eins klatscht - Danke, Klaus Doldinger", jubilierte er, als der Jazzer beim begeisterten Mitklatschen den Takt vorgab. Dann stand die Bühne den musikalischen Preisträgern der Familie Mitreuter offen. Das Trio für Querflöte (Leonora Mitreuter), Violine (Martha Mitreuter) und Klavier (Ines Mitreuter) begeisterte, wie auch das Trio für zwei Violinen (Therese und Martha Mitreuter) und Klavier (wiederum Ines Mitreuter). Schwung in das Auditorium brachten auch die Perkussionsgruppe des Musikinstituts Icking und Hans Dondl, der nicht nur durch den Abend führte, sondern das Publikum bei seinem "Doldinger-Jodler" zum Mitsingen brachte. Nach Auftritten der Irschenhauser Blaskapelle und der Bigband des Gymnasiums spielte Josef Brustmann "was Kurzes und was Schönes" auf der Zither (Dondl: "Besser als lang und greislig"). Als dann noch die "Lehrerband" groovte, hielt es Doldinger nicht mehr auf seinem Ehrenplatz: Er schnappte sich sein Saxofon und spielte sowohl "Rise" als auch seine berühmte "Tatort"-Melodie. Der Jubel des Publikums kannte ob dieser Sternstunde kaum Grenzen. Nach Peter Horns Premiere neuer Filmmusiken mischte sich der Geburtstagsreigen mit vorweihnachtlicher Freude: Das Klarinettenensemble und das Vokalensemble boten unter anderem Weihnachtslieder dar.

Icking habe zwar "leider keine Ehrenbürgerwürde wie New Orleans", bedauerte Menrad. Dafür ernannte sie Doldinger zum "Ickinger des Jahres". Ein Abend, der so schnell nicht in Vergessenheit geraten dürfte, sondern noch lange nachwirken wird - und wenn es der Funke Begeisterung für die Musik sein wird, den Doldinger vor Ort schürt und der an diesem Abend unmissverständlich übersprang.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: