Österreich:Nützliche Idioten und ihre Neider

Österreich: Bitte recht freundlich: Schnee und Kälte konnten den FPÖ-Granden Harald Vilimsky, Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer und Johann Gudenus (v.l.) den Spaß beim Moskau-Besuch nicht verderben.

Bitte recht freundlich: Schnee und Kälte konnten den FPÖ-Granden Harald Vilimsky, Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer und Johann Gudenus (v.l.) den Spaß beim Moskau-Besuch nicht verderben.

(Foto: FPÖ/facebook)

Die FPÖ unterzeichnet eine Kooperation mit Putins Partei "Einiges Russland". Ist Geldmangel das Motiv? Parteichef Strache selbst preist seine außenpolitische Weitsicht.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Heinz-Christian Strache war sichtlich angefressen. Mehr als eine halbe Stunde lang erklärte der Parteichef in rhetorischen Schleifen die Weltlage - und wie die FPÖ sie sieht. Er jonglierte vor ratlosen Journalisten, die eigentlich nicht für ein außenpolitisches Seminar zur FPÖ-Pressekonferenz gekommen waren, mit Namen von Rebellengruppen in Syrien, von Dschihadistengruppen wie al-Nusra-Front und al-Qaida, verwies auf das Chaos in Libyen und den Tod des Arabischen Frühlings in Ägypten, welche die USA mitzuverantworten hätten. Er streifte kurz die Ära der US-Präsidenten Kennedy und Carter sowie ihre Treffen mit den sowjetischen Generalsekretären Chruschtschow und Breschnew, um dann wieder und wieder zur Conclusio zu kommen: Die FPÖ lasse sich ihre außenpolitischen Kontakte nicht verbieten.

Friedensvermittler, Friedensstifter wolle man sein. Und das sei nötiger denn je in Zeiten wie diesen. Wenn den Regierungsparteien das nicht gefalle, dann spreche daraus nur eines: purer Neid. Jawohl, Neid auf die hervorragenden Kontakte der FPÖ nach Russland, zu Wladimir Putin. Und in die USA, ins Lager von Donald Trump.

Bei der Förderung von Patriotismus und Arbeitsfreude will die FPÖ von Moskau lernen

Grund für Erregung und Exkurs in Wien war eine Gruppenreise der Parteispitzen nach Moskau gewesen, die daheim für heftige Aufregung sorgt. Nicht zu touristischen Zwecken war eine Abordnung der Partei im Osten gewesen, auch wenn ein lustiges Selfie der Reiseteilnehmer (neben Strache und dem kürzlich knapp gescheiterten Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer sind auf dem Foto der EU-Abgeordnete Harald Vilimsky und Vizeparteichef Johann Gudenus zu sehen) darauf hindeutet, dass die Gruppe ihren Spaß hatte. Nein, die Reise sei, betonte Strache mal um mal, ein Arbeitsbesuch gewesen.

Und das Ergebnis könne sich sehen lassen: eine Abmachung mit einer wichtigen russischen Partei zur Vertrauensbildung, über den Austausch von Erfahrungen in der Gesetzgebung, die Stärkung von Handel und Wandel und bitte sehr, ja: auch die Förderung von Patriotismus und Arbeitsfreude bei der Jugend. Was denn an Patriotismus schlecht sei? Und Arbeitsfreude - das klinge vielleicht postsowjetisch, aber sei doch nicht mehr als Teil einer schönen Karriere, eines guten Berufswegs? Oder?

Tatsächlich hat die FPÖ eine vorerst auf fünf Jahre angelegte Abmachung mit der Kremlpartei "Einiges Russland" unterschrieben, die seit den letzten Parlamentswahlen auch die letzten oppositionellen Stimmen in der Legislative eliminiert hat und nichts ist als ein Putin-Wahlverein. Gegengezeichnet hat der Parteisekretär für internationale Beziehungen, Sergej Schelesnjak, der in der EU mit Einreiseverbot belegt ist. Politische Gegner und Medien in Österreich sprechen von einer "außenpolitischen Geisterfahrt" , von "Putins willigen Helfern", von "nützlichen Idioten".

Pikant ist die Geschichte schon deshalb, weil FPÖ-Kandidat Hofer seinem Gegner Alexander Van der Bellen im Wahlkampf vorgeworfen hatte, womöglich ein KGB-Spion zu sein - und das zu einem Zeitpunkt, als seine Reise nach Moskau zu den Freunden im Kreml längst geplant war.

Aber das ist eher eine anekdotische Komponente. Viel wichtiger, und Anlass für die verstärkte Kooperation könnte, neben der ideologischen Nähe in vielen Punkten, der Finanzbedarf der FPÖ gewesen sein. Die hat nach dem überlangen Präsidentschaftswahlkampf in Österreich Geldsorgen. Der politische Partner der Rechtspopulisten in Frankreich etwa, der Front National, hatte 2014 von einer Kreml-nahen Bank einen so hohen wie günstigen Kredit bekommen. Die FPÖ-Spitze dementiert aber, von staatlichen Stellen oder Oligarchen in Russland alimentiert zu werden oder Spenden zu erhalten. Außerdem setzt sich die FPÖ, die für ihre notorische EU-Kritik bekannt ist, seit Langem gegen die EU-Sanktionen, mit denen Russland im Zuge der Ukraine-Krise belegt wurde. Strache bezeichnet sie als nutzlos - und als schädlich für die heimische Wirtschaft. Eine Geste, die Putin belohnen könnte.

So weit, so durchsichtig. Strache argumentiert, man müsse nach allen Seiten Kontakte pflegen und das schwierige Verhältnis zu Moskau verbessern. Und zumindest da widerspricht ihm niemand. Fraglich ist aber, wie weit man dabei geht. Straches Mitreisender und Freund, der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus, hatte zuletzt keine Berührungsängste mit dem brutalen Kreml-Statthalter in Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, den er in Grosny besuchte. Er suchte auf Konferenzen die Nähe zur extremen russischen Rechten und reiste als Beobachter zu den nach der Annexion durch Russland auf der Krim abgehaltenen Wahlen. Die, befand Gudenus, seien sehr demokratisch abgelaufen. Ob auch FPÖ-Chef Strache findet, dass Russland eine Demokratie sei, dazu sagte der nach seiner Rückkehr aus Moskau nichts.

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