Mutmaßlich strafbare Inhalte:Zahl der blockierten Beiträge auf Facebook verdreifacht

Mutmaßlich strafbare Inhalte: Facebook blockierte in Deutschland im ersten Halbjahr 2016 deutlich mehr Inhalte als zuvor.

Facebook blockierte in Deutschland im ersten Halbjahr 2016 deutlich mehr Inhalte als zuvor.

(Foto: AFP)

Deutschland gilt als das Land, das "Facebook den Krieg erklärt" hat. Jetzt gibt es neue Zahlen zum Kampf gegen Beiträge, in denen gegen Minderheiten gehetzt wird.

Facebook hat im ersten Halbjahr in Deutschland 1093 Beiträge blockiert. Die Zahl ist dreimal so hoch wie in den sechs Monaten zuvor, als es 366 waren. Das geht aus dem Bericht des Unternehmens über Regierungsanfragen hervor.

Die Beiträge können nicht mehr gesehen werden, weil sie Facebook zufolge "angeblich eine Volksverhetzung bzw. einen Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz darstellen" oder "im Zusammenhang mit der Verleugnung des Holocaust" stünden.

Das könnte ein Zeichen sein, dass der Druck auf Facebook, stärker gegen mutmaßlich strafbare Inhalte vorzugehen, Wirkung zeigt. In Deutschland tobt diese Debatte am heftigsten, die Webseite Mashable erklärte Deutschland in dieser Woche zu "dem Land, das Facebook den Krieg erklärt hat".

Regierung im Clinch mit Facebook

Die Grundfragen sind: Nimmt Facebook seine Verantwortung wahr, strafbare Inhalte zu entfernen? Und wer entscheidet, wann und was blockiert werden muss? Facebooks Praxis in der Frage wirkt oft inkonsequent: Eindeutig strafbare Inhalte bleiben stehen, manchmal verschwinden legale Inhalte, ohne dass ihre Urheber erklärt bekommen, warum. Seit die Flüchtlingszahlen 2015 stark stiegen, liegt Deutschland im Clinch mit Facebook. Das Bundesjustizministerium wirft dem Netzwerk vor, nicht schnell und oft genug volksverhetzende und verleumderische Posts zu löschen, die sich insbesondere gegen Flüchtlinge richten.

Die Forderungen gehen bis hin zu neuen Gesetzen, die Facebook bei zu langsamem Handeln zu einer Geldstrafe zwingen sollen, und dem Einrichten einer Kontaktstelle, die 24 Stunden erreichbar sein muss, damit Inhalte gelöscht werden. Gegner dieser Argumentation - die sowohl aus der Bürgerrechtsbewegung als auch aus dem Umfeld der AfD kommen - warnen, dass auf diese Weise eine Infrastruktur für Zensur geschaffen werden könnte.

Facebook blockiert die Inhalte auf Basis der IP-Adressen der Nutzer. Wer sich von Deutschland aus auf der Seite einloggt, bekommt die hier gesperrten Inhalte nicht angezeigt. Umgekehrt gilt: Nutzer in Deutschland können Inhalte sehen, die in anderen Ländern gesperrt sind. "Inhaltsbeschränkungen" nennt das Unternehmen die Blockaden.

Frankreich und Indien ließen am meisten sperren

Mehr Inhalte als in Deutschland wurden nur in Indien (2034) und Frankreich blockiert (2213). In Frankreich handelte es sich in mehr als der Hälfte der Fälle um ein Foto, das nach den Attentaten vom 13. November 2015 in Paris aufgenommen wurde. Es zeigt Facebook zufolge die Leichen von Opfern im Konzertsaal Bataclan und verstößt "angeblich gegen französische Gesetze in Bezug auf den Schutz der Menschenwürde". Das Blockieren dieses Fotos hatte die Zahl der "Inhaltsbeschränkungen" im zweiten Halbjahr 2015 weltweit in die Höhe schnellen lassen: 55 827 Beiträge hatten staatliche Stellen insgesamt beanstandet. Im ersten Halbjahr 2016 sank die Zahl dann wieder drastisch - um 83 Prozent auf 9663 blockierte Inhalte.

Im Bericht dieses Jahres fehlt dieses Mal interessanterweise die Türkei. In dem Land wurden laut den vergangenen Berichten über Regierungsanfragen an Facebook die meisten Inhalte auf Drängen von Behörden gesperrt.

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