USA:Trumps Forschungspolitik ist ein Rezept für den Niedergang

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Donald Trumps Kabinett macht Wissenschaftlern wenig Hoffnung: Ein Freund der Erdöl-Industrie wird Umweltminister, der künftige Chef des Haushaltsbüros stellt Ausgaben für Forschung infrage. (Foto: AP)

Als würde man erwägen, Kinder nicht mehr in die Schule zu schicken oder Buchverkauf zu verbieten: Die Wissenschaft in den USA steht vor einem Abgrund - und damit auch das Land.

Kommentar von Patrick Illinger

Die vielleicht größte Gefahr besteht nun darin, einfach abzustumpfen. Einfach nicht mehr mit angemessener Empörung zu reagieren, auf all die Ungeheuerlichkeiten, die von Amerikas künftigem Präsidenten Donald Trump und seiner Riege an Adlaten, Ideologen und Jasagern zu hören ist. Jüngstes Beispiel ist ein - mittlerweile gelöschter - Facebook-Post des Tea-Party-Emporkömmlings und künftigen Chefbuchhalters der US-Regierung, Mick Mulvaney. Weil es zu Zeiten der Zika-Epidemie widersprüchliche Aussagen der Wissenschaft gab, stellte er infrage, ob es überhaupt staatlich finanzierte Forschung braucht. Wohlgemerkt, es geht nicht um Detailkritik an einigen Virologen, sondern darum, ob die Vereinigten Staaten von Amerika überhaupt Steuergeld für Forschung ausgeben sollten. Der Mann, der dies in Zweifel zieht, verwaltet und überwacht vom 20. Januar an den Bundeshaushalt der USA.

Es ist, als würde man erwägen, Kinder nicht mehr in Schulen zu schicken. Als würde man den Verkauf von Büchern unterbinden. Was soll man jemandem wie Mulvaney und vermutlich der gesamten Regierung von Donald Trump erwidern? Zumindest dies: Wissenschaft ist genau das, was die zivilisierte Welt und insbesondere euer Amerika je "great" gemacht hat. Und wer Amerika "great again" machen will, sollte alles dafür tun, dass schon Kinder sich für Wissenschaft und Technik interessieren. Und dass das eigene Land der bedeutendste und attraktivste Forschungsstandort der Welt bleibt.

Es waren Wissenschaftler, die dafür sorgten, dass Kinder nicht mehr von dem Polio-Virus verkrüppelt werden, wie es noch in den 1940er-Jahren auch in den USA Alltag war. Wissenschaft hat Amerika auf den Mond gebracht - das vielleicht größte Symbol der "Great Nation". Was muss bloß im Kopf eines Rechtsauslegers wie Mulvaney vorgehen, wenn er die Grundlage allen Wohlstands für verzichtbar hält?

Man könnte es für einen Ausrutscher halten. Doch das ist es nicht. Nicht in einem Land, dessen Umweltbehörde künftig von einem ausgewiesenen Freund der Erdölindustrie geleitet wird. Dessen Außenminister zuvor Vorstand des größten Ölkonzerns der westlichen Welt war. Dessen Chefstratege und engster Vertrauter des Präsidenten, Steve Bannon, zuvor eine Pseudonachrichten-Website betrieben hat mit Schlagzeilen wie dieser: "Empfängnisverhütung macht Frauen hässlich und irr".

Nein, es brechen keine guten Zeiten an für die Wissenschaft und eine Gesellschaft, deren Wohlergehen davon abhängt, dass man Antworten nicht im eigenen Bauch sucht, sondern in Laboren und Denkstuben. Die künftige US-Regierung scheint viel zu viele Antworten schon zu kennen. In der Weltgeschichte war das stets Anzeichen eines furiosen Niedergangs - und nicht von "Greatness".

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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