Finanzen:Teures Girokonto

Bis zu 200 Euro: Kunden von Filialbanken zahlen im Durchschnitt ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr.

Von Harald Freiberger

Die deutschen Geldhäuser schraubten 2016 die Gebühren für das Girokonto kräftig nach oben. Drei von vier Filialbanken erhöhten die Kosten für die Kunden, zeigt eine Studie des Düsseldorfer Finanzjournalisten Udo Keßler für die Süddeutsche Zeitung. Er untersuchte 16 Banken mit großem Filialnetz: sechs überregionale Institute, dazu die Sparkassen und Genossenschaftsbanken in den fünf größten deutschen Städten. Zwölf von ihnen drehten an der Gebührenschraube, bei sechs stiegen die Kosten für eine durchschnittliche Nutzung sogar um 55 Prozent und mehr. Spitzenreiter sind Frankfurter Sparkasse, Hypo-Vereinsbank und Postbank, bei denen das Girokonto jetzt mehr als dreimal so viel kostet wie noch vor einem Jahr.

"Die Preise für das Girokonto sind innerhalb kurzer Zeit noch nie so stark gestiegen", sagt Studienautor Keßler. Bei den teuersten Anbietern kosten Girokonten mit Zusatzleistungen bis zu 150 Euro im Jahr oder sogar mehr. Nach wie vor gebe es aber auch kostenlose Girokonten, zum Beispiel bei den Direktbanken. "Der Wechsel zu einem günstigen Anbieter hat sich noch nie so ausgezahlt wie heute", sagt Keßler.

Zu den stärksten Preistreibern gehört die HypoVereinsbank mit ihrem Konto "HVB Aktiv"

Banks To Introduce New EC Cards

Die Banken erhöhen die Kosten fürs Girokonto nicht nur, sie verstecken Preisfallen immer geschickter.

(Foto: Getty)

Die Erkenntnisse ergeben sich aus dem Vergleich mit einer Studie, die der Autor schon einmal im Sommer 2015 machte. Er legte dabei die wichtigsten Kosten zugrunde, die mit einem Girokonto verbunden sind: die Grundgebühr, dazu die Gebühren für die Girocard (früher EC-Karte) und für die Kreditkarte. Im November 2016 erhob Keßler die gleichen Daten bei denselben Instituten noch einmal. Das Ergebnis ist die größte Welle an Gebührenerhöhungen, die es in Deutschland je gab.

Die Banken versuchen, damit ihre schwindenden Erträge auszugleichen. Sie leiden unter der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die ihre wichtigste Ertragsquelle, die Zinsspanne, schmelzen lässt. Zudem werben günstige Direktbanken ohne Filialnetz den traditionellen Instituten immer mehr Kunden ab.

In dem Vergleich schneiden die vier Direktbanken Comdirect, ING-Diba, Deutsche Kreditbank und Norisbank denn auch am besten ab. Bei ihnen ist ein Girokonto inklusive Girocard und Kreditkarte nach wie vor ohne Bedingungen kostenlos, ebenso wie bei den Filialbanken Santander und Sparda-Bank München. Zwölf der getesteten 16 Filialbanken erhöhten seit Sommer 2015 dagegen mindestens eine wichtige Gebühr rund ums Girokonto, manche auch mehrere. Im Durchschnitt verlangen die 16 Filialbanken auf 25 verschiedenen Girokonten nun 81 Euro pro Jahr. Im Sommer 2015 waren es noch 61,50 Euro. Die Preise stiegen damit fast um ein Drittel.

Die Liste der Preistreiber ist lang. Die Hypo-Vereinsbank schaffte zum Beispiel das günstige "HVB Konto Online" ab, das einschließlich der beiden Karten lediglich 20 Euro im Jahr kostete. Stattdessen bietet sie jetzt das Onlinekonto "HVB Aktiv" an. Auf einen Schlag erhöht sie die Preise: für die Kontoführung von 0 auf 34,80 Euro, für die Girocard von 0 auf 5 Euro, für die Kreditkarte von 20 auf 30 Euro - macht zusammen 69,80 Euro im Jahr. Das ergibt einen Gebührenanstieg von 249 Prozent.

Dieselbe Preisstrategie verfolgen auch die Berliner Sparkasse und die Stadtsparkasse München. Beide Institute nutzten die Namenswechsel beim Girokonto zu einer Erhöhung der Preise zwischen 55 und 74 Prozent. Auch die Postbank verlangt für ihr "Giro plus" heute mehr als das Dreifache. Sie nahm den Kunden die Möglichkeit, durch einen monatlichen Geldeingang ab 1000 Euro das Girokonto zum Nulltarif zu führen. Dadurch steigt der Preis für diese Kunden von 0 auf 46,80 Euro im Jahr. Hinzu kommt eine höhere Gebühr für die Kreditkarte. Unterm Strich verlangt die Postbank nun 53,80 Euro mehr - ein Plus von 245 Prozent.

Das sind die Annahmen

Dem Gebührenvergleich sind folgende Annahmen zugrunde gelegt: Bei einigen Instituten ist das Girokonto nur kostenlos, wenn jeden Monat ein bestimmter Geldbetrag eingeht. Dieser reicht von 600 Euro (Targobank Online-Konto) über 1200 Euro (Commerzbank Null-Euro-Konto) und 3000 Euro (Postbank Giro extra plus) bis 5000 Euro (Frankfurter Sparkasse "Premium"). Die Studie geht von einem durchschnittlichen Geldeingang von 2100 Euro im Monat aus, was laut Statistischem Bundesamt dem mittleren Haushalts-Nettoeinkommen entspricht. Nur Girokonten, deren Mindesteingang unter dieser Marke liegt, weist die Tabelle mit jeweils null Euro Kontoführungsgebühr aus.

Etliche Institute erheben für die Kreditkarte eine umsatzabhängige Jahresgebühr. Die Studie legte dabei 2114 Euro zugrunde, laut dem Karten-Dienstleister Paysys ist das der durchschnittliche Einkaufsumsatz pro Jahr.

Die Frankfurter Sparkasse führt 2017 beim "Konto Aktiv" eine Gebühr von 0,35 Euro pro Standardbuchungsposten ein (Daueraufträge, Gut- und Lastschriften, Zahlungen und Bar-Abhebungen per Girocard). Die Studie geht - konservativ - von zehn solcher Buchungsposten im Monat aus. Harald Freiberger

Ausdrücklich warnt der Studienautor vor neuen Gebührenfallen. So kassieren Filialbanken mittlerweile selbst für Dienstleistungen, die zum normalen Service einer Bank gehören und deshalb jahrelang nicht gesondert berechnet wurden. Solche Extragebühren rund um das Girokonto hat der Studienautor vor allem bei den preiswerteren Onlinekonten der Sparkassen und der Targobank entdeckt. So greifen die Frankfurter Sparkasse, die Berliner Sparkasse und die Stadtsparkasse München für die Nutzung des Kontoauszugsdruckers gesonderte Gebühren bis zu 2,50 Euro ab. Wer sich sein eigenes Geld am Bankschalter, also an der Kasse, auszahlen lässt, dem werden bei der Stadtsparkasse München 2,50 Euro und bei der Targobank jedes Mal 3,50 Euro vom Konto abgebucht.

Bearbeitet ein Mitarbeiter der Frankfurter Sparkasse, der Stadtsparkasse München, der Berliner Sparkasse oder der Targobank einen Dauerauftrag, kostet das "pro Vorgang" zwischen 1,50 und 3,50 Euro extra. Dadurch könne ein scheinbar kostenloses Girokonto schnell zur Gebührenfalle werden, warnt Keßler.

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