Vierte Staffel "Sherlock":Wenn der Taufpate dauernd twittert

Lesezeit: 3 min

Die meisten Menschen fangen beim Anblick kleiner Kinder zu strahlen an. Sherlock hingegen kann nur die Stirn runzeln. (Foto: BBC one)

In der vierten Staffel der BBC-Miniserie hat Sherlock Holmes mit etwas zu tun, womit er nicht so gut umgehen kann: Kinder. Und Gefühle.

TV-Kritik von Carolin Gasteiger

"Moriarty ist tot. Keine Frage. Aber was noch wichtiger ist: Ich weiß genau, was er als nächstes vorhat."

Die Worte eines Besessenen sind das. Eines Menschen, der nicht loslassen kann. Der einen Gegner braucht, um sich seiner selbst zu vergewissern. Und einen Sinn im Leben zu haben. Vielleicht sogar überhaupt ein Leben.

Sherlock-Sonderfolge "Die Braut des Grauens"
:Sherlock kehrt zurück - als zugedröhnter Junkie

Die Sonderfolge "Die Braut des Grauens" versetzt Holmes alias Benedict Cumberbatch ins 19. Jahrhundert zurück. Das ist verwirrend und großartig zugleich.

TV-Kritik von Carolin Gasteiger

Es sind die Worte, mit denen sich Sherlock Holmes in "Die Braut des Grauens" von seinen Fans verabschiedet. Die Sonderfolge der BBC-Miniserie lief an Ostern vergangenes Jahr und sollte die Zeit zur neuen, vierten Staffel überbrücken.

Nun ist Sherlock zurück. Und es verwundert wenig, dass der von Benedict Cumberbatch brillant verkörperte Nerd-Detektiv in "Die sechs Thatchers" nur auf einen, eben Moriarty, wartet. "Ich weiß immer, wann das Spiel weitergeht. Wissen Sie warum? Weil ich es liebe", sagt Sherlock Holmes früh in der Folge. Ohne Moriarty ist Sherlock Holmes kaum denkbar. Immer wieder erscheint ihm der geniale Moriarty in Visionen und stellt die bekannte Frage: "Hast du mich vermisst?"

Eine rhetorische Frage. Aber um "das Spiel", und damit seinen Erzfeind Moriarty geht es in der Auftaktfolge nicht, was Sherlock Holmes und vermutlich auch seine Fans enttäuschen dürfte. Auch die sechs titelgebenden Gipsbüsten von Margaret Thatcher sind lediglich der Aufhänger der Geschichte.

Nein, in der Auftaktfolge geht es vielmehr um etwas, womit der Detektiv viel weniger gut umgehen kann: Kinder. Und damit Gefühle. John und Mary Watson, Sherlocks Partner und die Frau, die er in der dritten Staffel Sherlock geheiratet hat, werden nämlich Eltern - und Sherlock Holmes Patenonkel.

Aber es sind nicht die Presswehen auf der Autorückbank, die den emotionslosen Privatdetektiv überfordern - sondern Marys Vergangenheit als Spionin, die sie nun einholt. Einer ihrer tot geglaubten Spionage-Partner taucht wieder auf, beschuldigt sie des Betrugs und will sie töten. Sherlock hatte einst geschworen, Mary und John Watson zu beschützen - jetzt muss er seinen Eid befolgen.

Serien-Recaps
:Wer hat geerbt, geliebt oder betrogen?

Bissige Nachbesprechungen einzelner Serienepisoden werden immer beliebter. Wer nur deutsches Fernsehen sieht, kann sich das kaum vorstellen.

Von Kathleen Hildebrand

Wäre die "Die sechs Thatchers" ein Fall für sich, es wäre ein schwacher. Zwar ist es amüsant, wie Pate Sherlock während der Taufe in einer Tour twittert oder Watson in einer anderen Szene erklärt, einfach nicht die Konsequenzen von Handlungen zu bedenken - dabei meint er Baby Rosie, die ihre Rassel immer wieder auf den Boden wirft. Funktioniert natürlich nicht. Und natürlich ist es großartig, wie wenig Gestik oder Mimik Benedict Cumberbatch bei seinem Sherlock zulässt. Als wären Gefühle ihm völlig fremd.

Aber die Brillanz, mit der er sonst seine Mordfälle löst, scheint in "Die sechs Thatchers" nur am Rande auf. Wenn er etwa von Eau-de-Toilette-Spuren am Jackett von Inspektor Lestrade auf dessen bevorstehendes Date schließt oder von der Handgröße eines Klienten auf dessen Tätigkeit als Handwerker. Aber anders als bei der Hochzeit der Watsons, als er im Rahmen einer unvergleichlichen Tischrede als Trauzeuge gleich einen ganzen Mordfall aufklärte, sind die vielen kleinen Fälle in "Die sechs Thatchers" nur Füllstoff für den Mary-Plot und nicht weiter von Bedeutung. Um Marys Vergangenheit schließlich enträtseln zu können, braucht es keinen ansatzweise so genialen Detektiv wie Sherlock Holmes.

Das Autorenduo Mark Gatiss und Steven Moffat hatte die vierte als die düsterste aller Sherlock-Staffeln angekündigt. Das beweist das überraschende und verstörende Ende, das hier nicht verraten werden kann, ohne zu spoilern. Im entscheidenden Moment bleibt Sherlock Holmes tatenlos und zeigt dann für seine Verhältnisse sogar so etwas wie Gefühle. Fans reagierten nach Ausstrahlung am Sonntagabend jedenfalls bestürzt:

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Bleibt zu hoffen, dass "Die sechs Thatchers" nur den Weg zu Größerem bereitet und vielleicht doch Moriarty hinter allem steckt. Und, dass Sherlock Holmes sein Genie im Laufe der Staffel noch ausreichend unter Beweis stellen kann. Die zwei weiteren Folgen sind an den kommenden beiden Sonntagen nach Ausstrahlung auf BBC One auf Amazon oder iTunes abrufbar.

Eine mögliche Entwicklung wird in "Die sechs Thatchers" jedenfalls schon angedeutet. Immer wieder wird eine Geschichte aus Sherlocks Kindheit zitiert, die Begegnung in Samarra, bei der ein Händler vergeblich versucht, vor dem Tod zu fliehen. Am Ende stellt sich Sherlock Holmes die Frage: "Der Tod wartet auf uns alle in Samarra. Aber kann man Samarra vermeiden?"

Sherlock "The Lying Detective", 8. Januar 2016, "The Final Problem", 15. Januar 2016

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: