Feuerwehr in Bayern:"Teilweise bekommt man die Einsatzfahrzeuge nicht mehr voll"

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Einsätze mit Atemschutz sind anstrengend. Dafür werden Feuerwehrleute häufig nur bis zu einem Alter von 45 Jahren eingesetzt. (Foto: Marco Einfeldt)
  • Wenn der Piepser ruft, eilen längst nicht mehr alle Feuerwehrleute an die Einsatzorte.
  • Manche Freiwilligen wollen ihre Arbeit nicht wegen eines Einsatzes riskieren.
  • Um die Einsatzstärke zu garantieren, sollen künftig auch 63- bis 65-Jährige helfen dürfen

Von Eva Zimmerhof, Freising

"Stell dir vor, es brennt und keiner kommt", heißt ein Slogan, mit dem Feuerwehren um freiwillige Mitglieder werben. Kann er in einer Region der Pendler, in der Feuerwehrleute tagsüber berufsbedingt für Einsätze nicht erreichbar sind, Wirklichkeit werden? "Um die Freiwilligen Feuerwehren zukunftsfähig zu machen", plant Innenminister Joachim Herrmann 2017 das Bayerische Feuerwehrgesetz zu ändern, wie es auf der Staatsministeriums-Webseite heißt. Dazu gehören Kinderfeuerwehren, die Heraufsetzung des Höchstalters für den aktiven Feuerwehrdienst und Möglichkeiten der Inklusion. Zu stark hat sich die Situation verändert.

"Wir laufen da nicht blauäugig herum", sagt Florian Wöhrl von der Freisinger Feuerwehr. "Tagsüber rechnen wir mit etwa 40 einsatzbereiten Feuerwehrleuten. Das sind die, die kommen, wenn der Piepser geht." Wie viele Leute fehlen, will der Feuerwehr-Sprecher nicht sagen, um dem Ergebnis der städtischen Bedarfsplanung nicht vorzugreifen. "Wir haben ein Problem", räumt er ein. "Aber es ist Aufgabe der Stadt, darauf zu reagieren."

Die Einsatzstärke der Feuerwehr muss garantiert sein

Denn wie für den vorbeugenden Brandschutz - etwa die Planung von Fluchtwegen in Gebäuden - sind die Gemeinden dazu verpflichtet, den abwehrenden Brandschutz - genauer: die Einsatzstärke der Feuerwehr - zu garantieren. Freisings Freiwillige Feuerwehr hat etwa 200 aktive Mitglieder, darunter vier von der Stadt angestellte Gerätemeister. Im Laufe des Jahres sei mit dem Ergebnis der Bedarfsplanung zu rechnen, so Wöhrl.

Selbst wenn die Feuerwehrleute am Ort arbeiten, kommt längst nicht jeder, wenn sein Pieper losgeht. Das Bayerische Feuerwehrgesetz sichert Mitgliedern der Freiwilligen Wehren bei einem Einsatz in der Arbeitszeit bereits den Anspruch auf Freistellung und ein Arbeitsentgelt zu. Das gilt auch für Fortbildungen. "Trotzdem wird keiner seinen Job riskieren für das Freizeitvergnügen Feuerwehr", sagt Wöhrl.

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Manchmal seien die Leute zu sehr eingebunden. Vor allem müsse man es vor dem Hintergrund sehen, dass die Freisinger aufgrund automatisch ausgelöster Feuermelder etwa 100 Einsätze im Jahr fahren. "Nur etwa fünf davon sind Notfälle", so Wöhrl. "Wenn aber zum Beispiel gemeldet wird: Dachstuhlbrand, Flammen schlagen aus dem Dach, Personen sind in Gefahr - dann wird jeder kommen, der kann." Wenn man bei einem Großbrand dennoch nicht genug Leute zusammenbekomme, "wird man den Kreis größer ziehen," so Wöhrl. Etwa 3900 aktive Feuerwehrleute hat der Landkreis.

Doch auf dem Land ist die Lage wesentlich problematischer. "In manchen Kommunen sieht es schlecht aus: Teilweise bekommt man die Einsatzfahrzeuge nicht mehr voll", sagt Kreisbrandinspektor Rudolf Schindler, der für den Osten des Landkreises zuständig ist. Ortsnamen möchte er nicht nennen. "Besonders stark sind eben die kleinen Orte betroffen, denn hier gibt es besonders viele Auspendler."

Die mit der Gesetzesänderung geplante Anhebung des Dienstalters von 63 auf 65 Jahre hält Schindler für "sinnvoll" und für eine "geeignete Gegenmaßnahme, um zumindest eine Zeit lang etwas Abhilfe zu schaffen". Allerdings sind ältere Feuerwehrleute nicht mehr für jeden Einsatz geeignet. Für Atemschutz-Einsätze gilt bei vielen Wehren eine Altersgrenze von 45 Jahren. "Vor 20 Jahren sah es noch rosig aus", sagt Schindler. "Da gab es noch viele Landwirte, die immer vor Ort waren. Pflichtfeuerwehren gebe es hierzulande noch nicht, "aber in Friesland wurden sie in einigen Orten schon eingeführt", so der Kreisbrandinspektor.

Von Kinderfeuerwehren hält Kreisbrandinspektor Schindler nichts

Von den geplanten Kinderfeuerwehren hält Schindler nichts: "Die Jugendlichen dürfen erst ab 18 Jahren ausrücken. Wenn Kinder mit sechs Jahren anfangen, wird es schwierig, sie so lange zu begeistern. Und wer soll die Verantwortung für sie übernehmen? Und sie brauchen eine besondere Betreuung - von speziell ausgebildeten Kräften."

Natürlich dürfe man sich bei Kinderfeuerwehren nicht vorstellen, dass dort Sechsjährige Schläuche ausrollen müssten, sagt Wöhrl. Dennoch plane Freising so etwas ebenfalls nicht, es gebe hier keine Nachwuchssorgen. "Wir nehmen erst ab 14 Jahren auf, aber wir haben kein Problem, ausreichend Mitglieder für die Jugendfeuerwehr zu finden", so der Sprecher.

Nach dem geplantem Gesetz soll außerdem die Inklusion gefördert werden. Doch können Menschen mit Behinderung den körperlich oft anstrengenden Feuerwehrdienst leisten? Jakob Steger hat eine Einschränkung in der Feinmotorik auf der linken Seite und leistet doch Dienst in der Freisinger Feuerwache. "Ich kann zwar keine Atemschutzeinsätze mitmachen, fahre aber durchaus sonstige Einsätze", sagt der 20-Jährige, der dafür einen ärztlichen Tauglichkeitstest bestehen musste. "Natürlich hängt es von der Gesundheit ab - aber grundsätzlich gibt es für die meisten Menschen die Möglichkeiten bei der Feuerwehr. Es muss ja nicht unbedingt der Einsatzdienst sein."

© SZ vom 04.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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