Frankfurt:Dieser Tatort ist als Halbmusical verkleidet

Tatort: Land in dieser Zeit

Hauptkommissarin Anna Janneke (Margarita Broich, Mitte) ermittelt diesmal im Milieu der Rechtsradikalen.

(Foto: dpa)

Der Frankfurter Tatort hat die Regeln des Sonntagabendkrimis oft gebrochen. Dieses Mal kommt dabei Anstrengendes heraus: Die Kommissare ermitteln unter Rechtsradikalen, gesungen und rezitiert wird aber auch.

Von Holger Gertz

In ihrem fünften Fall bekommen die Frankfurter Ermittler einen neuen Kommissariatsleiter, der sich einführt mit den Worten: "Eile mit feile, eile mit feile, eile mit feile, durch den fald." Ein zweiter Wortbeitrag strandet in der Klangfolge "Tohuwaboobaba, tohuwaababa, tohuubaba, toobaba, babba"; der neue Chef ist Jandl-Fan und liest aus dessen Werken, was durchaus nervig ist.

Zumal die Wunderlichkeit dieses Mannes angereichert wird durch Wunderlichkeiten, die schon länger (Zazie de Paris als Zimmerwirtin Fanny Flora) Teil der Inszenierung sind. Oder die neu aufgeboten werden: Am Kiosk singt die Belegschaft "Froh zu sein bedarf es wenig", und im Kommissariat bringen die Ermittler das Kinderlied von der Wanze, die auf der Mauer auf der Lauer liegt. Und das ist nur ein Auszug aus der Tracklist eines Tatorts, der in Teilen als Halbmusical verkleidet ist.

Die Künstler vom Hessischen Rundfunk haben die Regeln des Sonntagabendkrimis oft gebrochen, häufig kam Aufregendes dabei heraus, manchmal schwer Anstrengendes, wie diesmal. In einem ausgebrannten Friseurladen liegt eine Leiche, und weil Kill all nazis auf dem Asphalt geschrieben steht, ermitteln die großäugige Frau Janneke (Margarita Broich) und der warmherzige Herr Brix (Wolfram Koch) im Milieu der Rechtsradikalen. Dabei stellen sie fest, dass auch junge Frauen rassistischen Scheißdreck reden, denen man ihre sogenannte Gesinnung auf den ersten Blick nicht ansieht. Es geht um Sprachröhrchen und die intellektuelle Rechte im Souffleurkasten.

Dass die trübe Brühe nicht nur in den Schädelwannen kahlrasierter Zellhaufen vor sich hinwabert: Diese nicht sehr neue Erkenntnis wird in "Land in dieser Zeit" mühevoll umtanzt. Was die jungen Frauen allerdings so ruiniert hat, bleibt im Dunkeln und kann kaum aufgelöst werden, weil der Film von Regisseur Markus Imboden (und einer ganzen Staffel von Autoren) sich in Eigenartigkeiten und Wortwitzchen verliert. Während alles in Trümmern liegt, liest man im Kommissariat Gedichte. "Lechts und rinks kann man nicht velwechsern? Werch ein Illtum!" Jandls berühmteste Zeile ist geschaffen als Moral von der Geschichte. Und natürlich trägt der neue Chef sie vor, am erwartbaren Ende dieses rettungslosen Tohuwaboobabas.

Sonntag, ARD, 20.15 Uhr.

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