Kulturerbe:Spektakuläre Erfolge für den Denkmalschutz in Bayern

Service

Bodendenkmal und Weltkulturerbe: das Roseninsel-Ufer im Starnberger See. Dort wurden bis zu 5000 Jahre alte Pfahlbaureste gefunden und bewahrt.

(Foto: Bayerische Schlösserverwaltung)
  • In Bayern stehen zahlreiche Denkmäler vor dem Abriss - mitunter werden sie auch aus Unwissen zerstört.
  • Die Denkmalschützer blicken trotzdem mit Optimismus in die Zukunft, denn viele prägende Gebäude konnten erhalten und restauriert werden.
  • Und noch eines freut die Denkmalschützer: Bei Grabungen und manchmal sogar bei Bauvorhaben werden immer wieder Relikte aus früheren Jahrhunderten entdeckt.

Von Hans Kratzer

Die Gewinne, die derzeit mit Immobilien erzielt werden, übertreffen die schwachen Renditen des Kapitalmarkts bei Weitem. Für Investoren ist das eine sehr gute Entwicklung, für Sparer und Denkmalschützer aber eine sehr schlechte. Denkmäler werden unter solchen Vorgaben oft nur noch als finanzielle Last betrachtet, der Schutz des Kulturerbes wird zur Nebensache.

Kein Wunder, dass in Bayern zahlreiche ortsprägende Gebäude vor dem Abriss stehen, sei es eines der ältesten Bürgerhäuser Bayerns in Donauwörth, sei es das Heinrich-Mann-Haus in München-Schwabing, das alte Zeitungshaus in Weilheim oder gar ein ganzes Stadtensemble wie in Pfaffenhofen.

Das Denkmalthema ist also in der Lage, sehr schnell schlechte Laune und Pessimismus zu erzeugen. Staatliche Denkmalschützer und Vereine wie das Denkmalnetz Bayern sehen trotzdem entspannt in die Zukunft. Sie verweisen lieber auf die vielen positiven Beispiele in der Jahresbilanz des Denkmalschutzes - und dazu zählen beileibe nicht nur jene Bauherren und Denkmalbesitzer, die ihre Gebäude mit viel Ausdauer restauriert haben.

Nicht selten erfolgt eine Zerstörung von Denkmälern aus Unkenntnis. Ein diffiziler Fall ist zum Beispiel die Roseninsel im Starnberger See, einst romantischer Treffpunkt der Seelenverwandten Ludwig II. und Sisi. Mittlerweile ist bekannt, dass diese Insel in einer Welterbe-Zone liegt. In Ufernähe haben sich im Seeboden Pfahlbaureste aus dem ausgehenden Neolithikum und aus der Bronzezeit erhalten, sie sind bis zu 5000 Jahre alt.

Die alten Kulturschichten - darunter Steinkörbe, Keramik und Netze - sind nur durch eine wenige Zentimeter starke Schlick- und Sandschicht geschützt. Bereits das Gehen im seichten Wasser kann diese Funde beschädigen. Drei rote Bojen mit Hinweisschildern informieren deshalb seit einiger Zeit über dieses einzigartige Bodendenkmal. Überdies sollen sie Schwimmer, Segler und Tretbootfahrer von dieser Fläche fernhalten. Im Jahr 2011 hat die Unesco diese und 110 weitere Pfahlbaufundstellen in sechs Alpenländern als grenzübergreifendes Welterbe anerkannt.

Immer wieder werden Relikte entdeckt

2016 sind noch weitere kostbare Zeugnisse aus der Vorzeit ans Tageslicht gelangt. Ein herausragender Fund, der größte seiner Art in Bayern, wurde beim Bau eines Hauses in Oberding (Landkreis Erding) entdeckt. In einer Abfallgrube aus der frühen Bronzezeit (etwa 2000-1800 v. Chr.) fanden sich 809 Kupferbarren, ordentlich in Zehnerbündel gepackt. Zurzeit untersuchen Restauratoren des Landesamtes für Denkmalpflege diese Relikte aus einer Ära, in der die Menschen erstmals Metall bearbeiteten. Vermutlich waren die Bündel Wertgegenstände, mit denen Handel betrieben wurde und zugleich Rohmetall, das zur Herstellung von Schmuck oder Geräten wieder eingeschmolzen wurde.

Als ähnlich spannend erwiesen sich Befunde aus dem sogenannten Schredlhaus, in dem das Schlierseer Heimatmuseum beheimatet ist. Eine dendrochronologische Untersuchung ergab, dass der Wohnteil im 15. Jahrhundert entstanden ist. Gegenwärtig ist kein anderes so gut erhaltenes Blockhaus aus dem ausgehenden Mittelalter in Bayern bekannt.

Zwei alte Figuren haben in den Restaurierungswerkstätten des Landesamts ebenfalls Geheimnisse preisgegeben. Die sogenannte Starnberger Heilige, ein Schlüsselwerk des Bildhauers Ignaz Günther (1725-1775), war bis jetzt ein kunsthistorisches Rätsel. Der ursprüngliche Aufstellungsort dieser Skulptur, die dem Museum Starnberger See gehört, ist nicht bekannt. Aber inzwischen weiß man, dass sie die heilige Katharina von Alexandrien darstellt.

Wo der Denkmalschutz sichtbar wird

Die großartige Himmelfahrtsmadonna vom Hochaltar der Wallfahrtskirche in Feichten (Kreis Altötting) war drei Jahre lang zu Gast in den Restaurierungswerkstätten, bevor sie nun an den alten Standort zurückkehrte. Dort schwebt die barocke Skulptur innerhalb des kulissenartig gestalteten Hochaltares vor einer gemalten Landschaft in den Himmel. Vor langer Zeit wurde sie durch ein Leinwandgemälde ersetzt und verschwand auf dem Dachboden der Sakristei. Jetzt strahlt die Madonna als Augenschmaus wieder im alten goldenen Gewand und Faltenspiel.

Ein von Erfolg gekröntes denkmalschützerisches Großprojekt rankt sich auch um den 1594 vollendeten Augustusbrunnen, einem Wahrzeichen von Augsburg. Die durch Umwelteinflüsse geschädigten Bronzefiguren der Flussgötter werden nach und nach durch Kopien ersetzt. 2016 befanden sich die Flussgötter Lech, Brunnenbach und Wertach in den Restaurierungswerkstätten des Denkmalamts. Dort wird die originale Oberfläche in einer Gussform abgebildet - nur so kann der Bronzeguss dem Anspruch genügen, dem Original maximal ähnlich zu sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: