Abgasskandal:VW soll Diesel-Fahrer vollen Kaufpreis zurückzahlen

Volkswagen

Hauptsitz des VW-Konzerns in Wolfsburg.

(Foto: Rainer Jensen/dpa)
  • Dieses Urteil könnte folgenreich sein: Ein Skoda-Fahrer soll von VW den vollen Kaufpreis für sein Diesel-Fahrzeug erstattet bekommen.
  • Der Autohersteller hält das Urteil für verfehlt. VW rechnet damit, dass das Urteil in zweiter Instanz aufgehoben wird.

Von Katja Riedel, Berlin

Ausgerechnet in der niedersächsischen Heimat hat am Dienstag ein Gericht ein für Volkswagen möglicherweise folgenreiches Urteil in punkto Verbraucherrechte gefällt: VW muss dem Besitzer eines Škoda Yeti den vollen Kaufpreis für seinen fast drei Jahre alten Wagen zurückerstatten. Es ist nach Angaben des Konzerns der erste Gerichtsentscheid, bei dem Volkswagen direkt beklagt war, ohne dass zuvor eine direkte Vertragsbeziehung zum Kläger vorlag: dieser hatte den Wagen in einem Autohaus gekauft. VW habe "in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise" dem Autokäufer "vorsätzlich Schaden zugefügt", heißt es in dem 18 Seiten umfassenden Urteil, das der Süddeutschen Zeitung, dem WDR und NDR vorliegt. Das Auto gehört zu jenen Fahrzeugen, die vom Dieselskandal betroffen sind - so sieht es zumindest das Gericht, das den Kauf rückabwickeln lassen will und auch das Ausmaß des Skandals beschreibt: Es handele sich um "eine Verbrauchertäuschung, die als ebenso verwerflich einzustufen sei, wie in der Vergangenheit etwa die Beimischung von Glykol in Wein oder von Pferdefleisch in Lasagne". In dem speziellen Fall geht es um 26 500 Euro; doch der Fall könnte die Wolfsburger am Ende deutlich teurer zu stehen kommen. Dann nämlich, wenn sich die Rechtsauffassung in höheren Instanzen durchsetzt. Noch allerdings ist das Urteil nicht rechtskräftig, und der Konzern hält den Entscheid für "rechtlich verfehlt" und verweist auf andere Urteile bei ähnlich gelagerten Fällen. Vergleichbare Verfahren, allerdings mit einem für VW erfreulicheren Ausgang, gab es unter anderem am Landgericht Köln sowie am Landgericht Ellwangen. In München allerdings gewann kürzlich ein VW-Fahrer gegen den Händler, der ihm das manipulierte Fahrzeug verkauft hatte. Oberlandesgerichte haben bisher noch nicht in zweiter Instanz geurteilt. Bisher ist die Lage an den Landgerichten in Sachen Schadenersatz also noch vollkommen unterschiedlich.

Volkswagen argumentierte bisher nicht nur, dass die Autos meist über Dritte, die Händler nämlich, verkauft wurden, und nicht direkt an die Kunden selbst. VW behauptet zudem in zahlreichen Verfahren, dass man in Deutschland und anderen EU-Staaten, anders als in den USA, tatsächlich gar nicht rechtswidrig das Abgasverhalten der Dieselfahrzeuge manipuliert habe.

Die Richter kritisieren auch die Verteidigungstaktik des Autoherstellers

Das Hildesheimer Gericht sah dies nun vollkommen anders, gab der Klage des Yeti-Fahrers statt. Der Konzern habe Autos auf den Markt gebracht, deren Software das Abgasverhalten in einer Art und Weise manipuliert, die gegen europäische Vorgaben zur Typgenehmigung verstoße. Kein verständiger Kunde hätte ein Auto gekauft, das mit solch einer Software ausgestattet gewesen sei, argumentieren die Richter. Und sie kritisieren auch die Verteidigungstaktik von VW: Der Konzern habe nicht dargelegt, wie es zum Einbau der Software kam und wer davon gewusst habe. Es habe vor Gericht stets geheißen: "man kläre gerade die Umstände auf". Diese Haltung sei "unzureichend und im Übrigen auch unglaubhaft", erklärten die Richter nun. Bei dem Einsatz der Motorsteuerungssoftware handele es sich um eine Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite, bei der "kaum anzunehmen" sei, dass sie von einem am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Entwickler getroffen worden sei.

Die Anwälte des Klägers, die Kanzlei Rogert und Ulbrich, werten das Urteil als Durchbruch. Interessant sei es vor allem für diejenigen, die ihre Autos nicht bei VW-Vertragshändlern erstanden hätten, sondern etwa auf dem Gebrauchtwagenmarkt, oder die bereits Fristen versäumt hätten. Volkswagen sieht das indes ganz anders. "Wir halten die Auffassung des Gerichtes für rechtlich verfehlt", kommentierte ein Konzernsprecher die Entscheidung. Der Škoda Yeti sei weiter zugelassen und dürfe genutzt werden. Auch die Wiederverkaufswerte für vom Dieselskandal betroffene Autos seien stabil, so behauptet es zumindest VW. "Wir gehen deshalb davon aus, dass die Entscheidung des LG Hildesheim in der Berufungsinstanz aufgehoben werden wird."

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