Fußball:Überlebenswichtige Wurzelbehandlung

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Engelbert Kupka versteht sich als Anwalt der kleinen Klubs gegen die Gier des Profifußballs. Mit dem Bündnis "Rettet die Amateurvereine" will der ehemalige Präsident der SpVgg Unterhaching Druck auf den DFB erzeugen

Von Philipp Jakob

Es rumort im DFB", da ist sich Engelbert Kupka ganz sicher. Vielleicht nicht unbedingt an der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der Krone des deutschen Lieblingssports. Aber am Stamm und an der Wurzel. Dort unten, in den Niederungen des Amateurfußballs, regt sich Widerstand gegen die da oben. Deshalb hat Kupka, ehemaliger Präsident des ehemaligen Bundesligisten SpVgg Unterhaching, für diesen Donnerstag Vereinsvertreter aus ganz Deutschland nach Garching geladen. Wichtigster Tagesordnungspunkt: Die Gründung einer Aktionsgemeinschaft mit dem vielsagenden Namen "Rettet die Amateurvereine".

Auf den DFB angesprochen, kann sich Kupka schnell in Rage reden. Grund ist die aus seiner Sicht - und aus der Sicht vieler Amateurvereine - fehlende Unterstützung durch den größten Sportfachverband der Welt. Die Basis, so der Vorwurf, ist auf sich allein gestellt, wird beim DFB sogar regelrecht übergangen. "Die haben den Boden unter den Füßen verloren", sagt Kupka.

Vor allem der Grundlagenvertrag zwischen dem DFB und der Deutschen Fußball Liga (DFL) ist ihm ein Dorn im Auge. Der besagt, dass dem DFB drei Prozent der Einnahmen der DFL aus Ticketverkauf und Verwertung der TV- und Radiorechte zustehen. Ein Großteil davon soll an die Amateure ausgeschüttet werden. Ein weiterer Bestandteil der Vereinbarung ist eine stärkere Unterstützung des Amateurfußballs. Der DFB zahlt fünf Millionen Euro an die Landesverbände, dazu drei Millionen Euro zusätzlich für "Rahmenbedingungen an der Basis"; die DFL gibt zweckgebunden 2,5 Millionen Euro für konkrete Projekte aus. Macht insgesamt 10,5 Millionen - plus die Anteile aus dem Karten- und Rechte-Erlös. Viel zu wenig, findet Kupka. Dennoch wurde die Vereinbarung im Oktober bis 2023 verlängert.

Bodenhaftung: Viele Amateur-Fußballer in unteren Ligen spüren sie ziemlich direkt. Anders die Profiklubs und der DFB, sagt Engelbert Kupka. (Foto: Foto: Johannes Simon)

"Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer", moniert der 78-Jährige. Während der DFB in Frankfurt für rund 150 Millionen Euro eine Sportakademie und in Dortmund ein Fußballmuseum für 40 Millionen Euro errichten lässt, kämpfe die Basis um ihre Daseinsgrundlage. Kupka fordert deshalb die Anhebung des Verteilungsschlüssels von drei auf zehn Prozent. Das sei für die Profis zu verkraften. "Aber die Gier hört ja nicht auf."

Wie angespannt die finanzielle Lage bei den Amateurklubs ist, rechnet Martin Schmid, Präsident des FC Deisenhofen, vor. "Wir holen die Kinder von der Straße", meint Schmid. Dafür verlangt der Landesligist einen Jahresbeitrag von 150 Euro. Pro Trainingseinheit entspreche dies 80 Cent, nicht viel für Betreuung, Ausrüstung und die anschließende Dusche. Dazu kommt noch die nicht gerade günstige Ausbildung der Trainer. Bald könne sich das kein Verein mehr leisten. "Wir kämpfen ums Überleben", sagt Schmid.

Das sieht Heinz Metz, Vorsitzender des Bayernligisten SV Pullach, ähnlich: "Es ist schwierig, Sponsoren zu finden. Die sehen doch auch, was bei der Fifa und der DFL passiert." Metz meint die Rekordsummen, die die Verbände alljährlich generieren. Einem lokalen Kleinunternehmen sei ein Vereinssponsoring dementsprechend schwer zu vermitteln. Das Problem sei, dass von den Einnahmen der DFL zu wenig bei den Amateurvereinen ankomme, sagen Metz und Schmid. "Der Amateurfußball ist zu einem Bettelorden geworden", meint Kupka. "So kann es nicht weitergehen."

Kenner aller Klassen: Als Präsident der SpVgg Unterhaching verantwortete Engelbert Kupka, 78, deren Aufstieg von der Bezirks- bis in die Bundesliga. (Foto: Claus Schunk)

Der SV Pullach und der FC Deisenhofen sind zwei von 13 Klubs, die das Aktionsbündnis ins Leben gerufen haben - gemeinsam mit Kupka, der als Galionsfigur und treibende Kraft hinter dem Projekt steht. Ihm gehe es dabei nicht ums Geld, betont Kupka immer wieder. "Vieles" sei beim DFB in Schieflage geraten. DFB-Präsident Reinhard Grindel habe es versäumt, "zum Präsidenten der Amateure zu werden", etwa indem er sich mit der DFL beim Thema Grundlagenvertrag anlegt. Stattdessen sei die Verlängerung "einfach so hingenommen" worden. Grindel, sagt Kupka, habe Angst um seine Karriere.

Kupka hat einen Fragenkatalog an den DFB zusammengestellt, in dem er seine Vorwürfe formuliert. Gemeinsam mit Vereinsvertretern aus ganz Bayern, die sich an diesem Donnerstag in Garching versammeln, möchte er diesen Katalog finalisieren und an den DFB nach Frankfurt schicken. Er hofft, endlich Gehör zu finden. Bisher ignoriert die DFB-Spitze ihn und das Anliegen der Amateurvereine.

Zwar könne Kupka noch nicht abschätzen, wie viele Klubs ihre Vertreter wirklich nach Garching entsenden, doch die Unterstützung der Basis sei ihm sicher, davon ist er überzeugt. "Ich habe viele Antworten bekommen, in denen sich die Vereine mit unserer Sache solidarisieren", sagt Kupka. "Einer hat mir geschrieben: ,Wir fühlen uns vom DFB verarscht"." Anders ausgedrückt: Es rumort im Amateurfußball.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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