Konzert:Grüne Jugend will Auftritt von Xavier Naidoo in Rosenheim verhindern

Konzert: Xavier Naidoo und die Band "Söhne Mannheims" wollen im Juli auf dem Sommerfestival in Rosenheim auftreten.

Xavier Naidoo und die Band "Söhne Mannheims" wollen im Juli auf dem Sommerfestival in Rosenheim auftreten.

(Foto: Malte Christians/dpa)
  • Die Grüne Jugend im Kreis Rosenheim fordert, Xavier Naidoo als "Hassmusiker" vom Sommerfestival am 20. Juli auszuschließen.
  • Sie berufen sich auf Naidoos mutmaßliche Nähe zur "Reichsbürger"-Bewegung.
  • Die Stadt argumentiert, die Verträge seien bereits abgeschlossen und verweisen zudem auf die Meinungsfreiheit.

Von Matthias Köpf, Rosenheim

Die Söhne Mannheims beginnen ihre Tour im Mai in Mannheim und kämpfen sich über Saarbrücken und allerlei andere Stationen irgendwann ins oberbayerische Rosenheim vor, wo sie am 20. Juli am Sommerfestival im Mangfallpark auftreten sollen. Das dortige Publikum hat binnen eines einzigen Tages alle Festivalpässe aufgekauft, nur die grüne Jugend im Kreis Rosenheim teilt diese eilige Begeisterung nicht.

Sie hatte gerade die grüne Landtagsabgeordnete Katharina Schulze zu Gast, um über Rechtsextremismus zu reden. Als Folge fordern die jungen Grünen nun von der Stadt, den Söhne-Sänger Xavier Naidoo als "Hassmusiker" von der Veranstaltung auszuschließen. "Weitere Schritte zu einer offeneren und toleranten Gesellschaft müssen folgen", heißt es gleich im nächsten Satz. Über genau diese Themen wird in Rosenheim seither aufgeregt diskutiert.

Die grüne Jugend nennt Naidoo einen "Reichsbürger-Sympathisanten", weil er 2014 am Tag der Deutschen Einheit bei einer Demonstration der Reichsbürger-Szene zur "Vereinigung aller Menschen zur Befreiung Deutschlands aus der faschistischen Kolonie" gesprochen und dabei allerlei wirre Dinge behauptet hat. Die ARD hat deswegen 2015 ihre Entscheidung zurückgezogen, Naidoo als deutschen Vertreter zum Eurovision Song Contest zu schicken. Der seidige Soul-Popper selbst spricht und singt gerne von Liebe, Freiheit und Miteinander, irrlichtert aber zugleich immer wieder über dem Sumpf von Homophobie und Antisemitismus herum. Für so etwas dürfe das Sommerfestival auf keinen Fall zur Bühne werden, betont die grüne Jugend.

Die Stadt hingegen will von einem Auftrittsverbot für den Hauptact ihres Sommerfestivals nichts wissen und verweist darauf, dass Naidoo nur einer von 19 Söhnen Mannheims sei. Der Stadtrat habe dem Konzept und den Verträgen für das Sommerfestival 2017 zugestimmt, die Vereinbarungen mit den Künstlern und deren Agenturen seien rechtskräftig und bindend, heißt es aus dem Rathaus. Zugleich argumentiert auch die Stadt mit großem Kaliber: Das Grundgesetz schütze die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst, was seine Begründung in der menschenverachtenden Unterdrückung und Barbarei der Nationalsozialisten habe. Dass Stadtsprecher Thomas Bugl in der Mitteilung auch das Wort "Gesinnungsschnüffelei" untergebracht hat, erbost wiederum die Naidoo-Gegner.

Die Rosenheimer Grünen haben das Künstler-Tableau im Stadtrat mitgetragen und distanzieren sich nun vorsichtig von der Forderung ihrer Parteijugend, die sich auf Kreisebene erst kürzlich gegründet hat und schon einen enormen Aufmerksamkeitsgewinn verbuchen darf. Diskutiert wurde das Thema aber auch schon zuvor und ebenfalls auf Anregung der Grünen. So haben sich die Stadt und ihre Tochtergesellschaft, die als Veranstalterin des Festivals fungiert, eigens beim Verfassungsschutz erkundigt, ob Naidoo beobachtet oder im Verfassungsschutzbericht erwähnt werde.

Viele finden nun, das Publikum solle doch mit den Füßen abstimmen

Beides sei nicht der Fall, und auch über eventuelle einschlägige Gerichtsverfahren gegen den Sänger habe man bei allem Bemühen nichts in Erfahrung bringen können, sagt Stadtsprecher Bugl. Außerdem hätten die Stadträte größeren Wert darauf gelegt, den Auftritt nicht als einen von Xavier Naidoo, sondern als einen der Söhne Mannheims zu buchen und zu bewerben. Im Übrigen geben es auf keiner Tourstation auch nur ansatzweise eine solche Debatte wie in Rosenheim, merkt Bugl an.

Allerdings tobt die Diskussion längst im Internet, wo selbst ein lokales Nachrichtenportal, das jeglichen Krawall sonst dankbar aufbereitet, die Kommentarfunktion zu dem Thema deaktiviert hat. Viele finden nun, das Publikum solle doch mit den Füßen abstimmen. Falls etwa der Verfassungsschutz noch Karten braucht und vielleicht sogar über Mitarbeiter mit dem entsprechenden Musikgeschmack verfügt: Einzeltickets zu 51,50 Euro sind noch erhältlich.

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