Ergänzungen für das "Dachauer Gedächtnisbuch":Freisinger Schicksale während des Nationalsozialismus

Ergänzungen für das "Dachauer Gedächtnisbuch": Haben akribisch recherchiert (von links): Emma Loesekraut, Maxime Häcker, Eileen Goepfert, Emilia Jackermaier, Lena Althaus, Maria Gross, Christina Thumann, Marina Hasler, Helin Düzgün und Karilon Bromig.

Haben akribisch recherchiert (von links): Emma Loesekraut, Maxime Häcker, Eileen Goepfert, Emilia Jackermaier, Lena Althaus, Maria Gross, Christina Thumann, Marina Hasler, Helin Düzgün und Karilon Bromig.

(Foto: Marco Einfeldt)

Schülerinnen des Camerloher-Gymnasiums stellen Biografien von zwölf Häftlingen in Konzentrationslagern vor

Von Katharina Aurich, Freising

Die Lebensläufe von zwölf Menschen, die um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts im Landkreis Freising geboren wurden und im Konzentrationslager Dachau inhaftiert waren, holen zwölf Schülerinnen durch ihre akribischen Recherchen aus dem Vergessen zurück. Sie berichteten in der Aula des Camerloher-Gymnasiums aus den Leben der Häftlinge, lasen Briefe vor, zitierten Zeitungsartikel und zeigten historische Fotos, die sie in Archiven aufgespürt hatten.

Bereits zum zweiten Mal arbeiteten Schüler des Camerloher-Gymnasiums in ihrem wissenschaftlich-propädeutischen Seminar unter der Leitung von Andreas Decker mit Sabine Gerhardus vom Projekt "Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau" des Vereins Dachauer Forum und dem Verein "Gegen Vergessen, für Demokratie" zusammen. Die Qualität der Ergebnisse sei beeindruckend und entspreche wissenschaftlichen Arbeiten während eines Studiums, lobte Gerhardus.

Die 17-jährige Christina Thumann wollte mehr über ein Einzelschicksal in der damaligen Zeit herausfinden. Sich mit einer Person intensiv zu beschäftigen, sei etwas anderes, als allgemeine Fakten im Geschichtsunterricht zu lernen, schildert sie ihre Motivation, an diesem Seminar teilzunehmen. Thumann kniete sich 18 Monate lang in den Lebenslauf "ihres" Häftlings. Sie suchte im Bayerischen Staatsarchiv, im Münchner Stadtarchiv, im Standesamt Neufahrn sowie in den Archiven der ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald, Mauthausen und Dachau nach Spuren und Dokumenten und stellte daraus einen Lebenslauf zusammen. Sehr nützlich sei es gewesen, dass alle Teilnehmer zunächst die Sütterlin-Schrift lernten und die Dokumente problemlos lesen konnten. Die jungen Forscher nahmen Kontakte zu den Archiven auf und wurden von den Mitarbeitern sehr unterstützt, erinnern sie sich. Auch in Zukunft würden sie in Archive gehen, denn jetzt wüssten sie, wie man mit Katalogen umgehe und zielgerichtet nach etwas Bestimmtem suche.

Die Ergebnisse der Fleißarbeit kommen zum "Dachauer Gedächtnisbuch" dazu. Wie zum Beispiel die Biografie von Max Kirchlechner, die Eileen Goepfert erarbeitete. Sie berichtete in ihrem Vortrag über das Leben des Tagelöhners und zeigte eine Liste seiner kleinen Straftaten, wegen der er inhaftiert wurde. Kirchlechner, der viel rauchte und eine tiefe Stimme hatte, wie die junge Frau herausfand, wurde im ersten Weltkrieg ausgezeichnet, heiratete, arbeitete als Hausmeister und zog zum Schluss wieder nach Dachau, wo er 1964 starb.

Helin Düzgün berichtete über den SPD-Politiker Hans Unterleitner, nach dem seit 2002 in Freising auf dem Vimy-Areal ein Weg benannt ist. Er wurde wegen seiner politischen Überzeugung inhaftiert, aber wieder entlassen, suchte vergeblich Arbeit und wanderte über die Schweiz, wo er einige Jahre lebte, in die USA aus. Für alle diese Stationen hatte die Schülerin Belege gefunden, um einen möglichst vollständigen Lebenslauf nach zu zeichnen. Mit diesen Biografien werde jedem einzelnen Häftling ein Stück seiner Würde wieder gegeben, betonte Albert Knoll, Archivar der KZ-Gedenkstätte Dachau. Bei der Spurensuche würde manchmal Banales, manchmal aber Unglaubliches zu Tage gefördert. Dazu hätten die Schüler mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag geleistet.

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