Einreiseverbot in die USA:Trump kann das Präsidentsein nicht

Der US-Präsident weiß offenbar nicht, was er tut. Trump glaubt, ein Land führe man wie ein Privatunternehmen. So stürzt er die USA ins Chaos.

Kommentar von Kurt Kister

Wenigstens Horst Seehofer findet es gut, dass Donald Trump konsequent und schnell handelt. Allerdings sagte der Weltpolitiker aus Ingolstadt im Interview, dass er Respekt gegenüber dem US-Präsidenten vermisse. In gewisser Weise hat Seehofer ja recht: Angesichts dessen, was Trump in seiner ersten Amtswoche schnell und konsequent angerichtet hat, muss man für diese Mischung aus Großsprecherei, Gesetzesbruch, Dilettantismus und beschämender Behandlung von Verbündeten vielleicht wirklich eine besondere Art von Respekt entwickeln.

Seit Menschengedenken hat kein US-Präsident so schnell sein eigenes Land noch mehr gespalten und große Teile der Welt nicht nur gegen sich, sondern leider auch gegen Amerika so aufgebracht. Das ist schon eine Leistung.

Die Proben aufs Exempel sind die per Dekret verhängten befristeten Einreiseverbote, die sich nicht nur gegen bereits überprüfte Flüchtlinge richten, sondern auch die Staatsbürger von sieben sogenannten muslimischen Ländern in nächster Zeit aus den USA fernhalten sollen. Polizeiliche oder sonstige Erkenntnisse spielen dabei keine Rolle. Nein, jemand, der Muslim ist und aus Syrien, Libyen, dem Irak oder Somalia kommt, ist einfach unerwünscht bis verdächtig. Er soll nicht einreisen dürfen. Draußen bleiben, Punkt, hieße das wohl in der Diktion von Trumps Leuten.

Es zeichnet sich ab, dass dieser Mann das Präsidentsein nicht kann

Gewiss, in Trumps Welt gibt es auch "gute" muslimische Länder. Dazu zählen das fundamentalistische Saudi-Arabien oder das autokratische Ägypten, die möglicherweise von Trump als politisch nützlich betrachtet werden. Nützliche Muslime dürfen einreisen.

Die Einreise-Dekrete jedenfalls laufen auf einen nach religiösen und ethnischen "Kriterien" pauschal diskriminierenden Bann hinaus. Man könnte, will man es scharf formulieren, auch sagen, es handelt sich um politisch motivierten Rassismus. Der Bann stellt eine Verletzung zweier zentraler Bestimmungen der ehrwürdigen US-Verfassung dar.

Der Erste Verfassungszusatz (Amendment) garantiert Meinungs- und Religionsfreiheit und den Schutz vor Diskriminierung aus religiösen Gründen; der Fünfte Verfassungszusatz sichert unter anderem das Recht auf ein ordentliches Rechtsverfahren (due process) zu. Beide Zusatzartikel zur Verfassung sind Teil der Bill of Rights, jener seit 1791 leuchtenden Erklärung der Individual- und Menschenrechte. Am Freitag hat Trump dieses Licht ausgeschaltet.

Trumps Diskriminierung per Dekret ist beschämend

Die Immigrations-Dekrete verstoßen nicht nur gegen die Verfassung, sondern wohl auch gegen eine Reihe einschlägiger Gesetze, die der Kongress zum Teil schon vor Jahrzehnten verabschiedet hat, um die Diskriminierung von Einreisenden zu verhindern. Die unmittelbare Folge dieses Konflikts um die Trump-Dekrete sind erste Eilentscheidungen von Gerichten, in denen sie zum Teil gestoppt wurden.

Es wird jetzt eine Klagewelle geben, die mit einiger Sicherheit auch beim Supreme Court, dem Verfassungsgericht, anbranden wird. Weil Trumps Amtszeit von solchen Klagen geprägt werden wird, versucht der Präsident, schnellstmöglich viele trumpistische Richter für hohe und höchste Gerichte zu berufen. Auch vor Gericht wird der Kulturkampf toben.

So beschämend Trumps Diskriminierung per Dekret ist, so bezeichnend ist es, dass diese Regierung nicht einmal ihre verwerfliche Politik organisieren kann. Trump hat eilends unterschrieben, aber ganz offensichtlich gab es keine Ausführungsbestimmungen, keine klaren Umsetzungsverordnungen, keine Gespräche mit den zuständigen Behörden, wie was zu geschehen habe.

Man muss sich ernste Sorgen machen

An den Flughäfen regiert das Chaos, hier wurden Reisende festgehalten, dort freigeklagt und wieder woanders mussten sie stundenlang irgendwo sitzen und durften dann doch raus - oder auch nicht. Studenten, Green-Card-Inhaber, Visa-Besitzer werden mal so, mal so behandelt. Wer an Allah glaubt und aus Iran stammt, darf nicht nach Trump-Land, oder vielleicht doch, aber dann nur donnerstags oder vielleicht bei Vollmond.

Nach einer Woche spricht bereits manches dafür, dass Trump es grundsätzlich nicht kann, das Präsidentsein. In seiner Firma konnte er sagen: Kauft dieses Hochhaus, und es geschah. Im Weißen Haus unterschreibt er zu einer Zeit, in der große Teile seiner Regierung noch nicht einmal zu arbeiten begonnen haben, Dekrete, die das Land ins Chaos stürzen. Er glaubt ganz offenbar, Politik und das Regieren eines Landes funktioniere wie Trump Enterprises oder wie seine Fernsehshow.

Respekt soll man haben? Nein, ernste Sorgen muss man sich machen. Dieser Mann tut zwar schnell, was er glaubt, aber ganz offenbar weiß er nicht, was er tut. Und dabei ist er sehr konsequent.

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