Medizin:Wie Kohlenstoffmonoxid den Körper vergiftet

Fund von sechs Toten in Gartenlaube bei Würzburg

Polizeiwagen vor der abgesperrten Zufahrt einer Gartenlaube in Arnstein. Sechs Teenager waren dort tot aufgefunden worden.

(Foto: dpa)

Man kann das Gas nicht schmecken, nicht riechen, nicht sehen, es dringt durch Ritzen und Türen. Das macht eine CO-Vergiftung so gefährlich.

Von Felix Hütten

Nicht zu Unrecht trägt Kohlenstoffmonoxid unter Bergleuten den Namen "the silent killer", der stille Mörder. Kohlenstoffmonoxid, kurz CO, entsteht bei der unvollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Materialien wie Kohle, Gas und Benzin. Es ist für den Menschen tödlich. Die sechs Teenager, die im unterfränkischen Arnstein tot in einer Gartenlaube aufgefunden wurden, sind einer CO-Vergiftung zum Opfer gefallen.

Man kann das Gas nicht schmecken, nicht riechen, nicht sehen, es dringt durch Ritzen und Türen und führt bei hoher Konzentration zum Kreislaufversagen. Etwa 200 bis 300 Mal stärker als Sauerstoff bindet das giftige CO an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin. Hämoglobin transportiert normalerweise Sauerstoff von der Lunge in die Zellen, wo er zur Energiegewinnung benötigt wird. Kohlenstoffmonoxid aber stürzt sich förmlich auf das Hämoglobin und verdrängt den lebenswichtigen Sauerstoff. Dieser hat dann nur noch wenig Chance auf eine Transportgelegenheit durch die Blutbahn.

"Man darf sich das wie einen Boxkampf vorstellen, Sauerstoff gegen CO", sagt Guido Kaiser, Toxikologe an der Universität Göttingen. "Nur, dass CO die viel größeren Boxhandschuhe trägt."

In Folge leidet der Körper unter Sauerstoffmangel, der Mensch atmet, doch die Luft kommt nicht an. Patienten werden rasch müde, sie klagen über Schwindel und Kopfschmerzen - bis sie bewusstlos werden. Diese Bewusstlosigkeit ist tückisch, denn Opfer haben keine Chance mehr, den Brandherd zu löschen oder sich ins Freie zu retten. Werden Menschen mit schweren Rauchgasvergiftungen nicht rechtzeitig behandelt, sterben sie.

Um das zu verhindern, verabreichen Ärzte das einzige Gegengift, das es gibt: Sauerstoff, hochdosiert. Zwar trägt Sauerstoff weiterhin die kleineren Boxhandschuhe, aber wenn sehr viele von ihnen auf das CO im Blut einprügeln, haben sie eine realistische Chance.

Häufigste Ursache einer CO-Vergiftung ist Selbstmord. Doch kommt es immer wieder auch zu CO-Vergiftungen durch alte, undichte Kohleöfen oder beim Grillen in der Garage oder Wohnung. Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt zudem vor der Lagerung großer Mengen von Holzpellets in geschlossenen Räumen. Diese zu länglichen Stäbchen gepressten Sägespäne könnten auch noch Monate nach der Herstellung CO freisetzen, ganz ohne Verbrennung.

Besitzer eines Kohleofens sollten diese regelmäßig warten lassen und bei Betrieb stets ausreichend lüften. Es droht immer dann Gefahr, wenn nicht genug Frischluft zuströmen kann, beispielsweise in geschlossenen Räumen - oder wenn der Schornstein nicht richtig funktioniert, etwa weil er durch Vogelnester verstopft ist.

Apropos Vögel: Früher nahmen Bergleute Kanarienvögel mit unter Tage. Die Vögel reagieren äußerst sensibel auf Sauerstoffmangel. Kippten die Tiere von der Stange, herrschte höchster Alarm. Heute warnen moderne Messgeräte gegen eine CO-Vergiftung. Batteriebetrieben, zu kaufen für wenige Euro im Baumarkt.

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