Ein Anruf bei:Gemeinde sucht Eremit

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Die Einsiedelei über Saalfelden in Österreich. (Foto: AFP)

Ruhe gefällig? Noch bis Mitte März kann man sich als Eremit für die Einsiedelei über Saalfelden in Österreich melden. Pfarrer Alois Moser erklärt, welche Voraussetzungen man mitbringen sollte.

Interview von Bastian Hosan

Eine kleine Kapelle, einige Höhenmeter über Saalfelden in Österreich, an den Hängen des Palfen: Für diese Einsiedelei suchen Pfarrer Alois Moser und der Bürgermeister des Ortes, Erich Rohrmoser, gerade einen neuen Eremiten. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis Mitte Februar.

SZ: Herr Moser, was muss man als Eremit können?

Alois Moser: Man muss vor allem mit sich selber zu Rande kommen. Zwar geht an der Kapelle ein Weg entlang, bei schlechtem Wetter ist man da oben aber allein.

Alois Moser, 54, ist seit September 2016 Pfarrer von Saalfelden. Der ehemalige Jugendseelsorger der Erzdiözese Salzburg wuchs in Reith im Alpbachtal auf und studierte später katholische Theologie in Innsbruck und Salzburg. (Foto: privat)

Das ganze Jahr?

Nein. Im Winter ist die Einsiedelei nicht bewohnbar, es ist zu kalt und es herrscht Lawinengefahr. Wir suchen also jemanden, der von April bis September oder Oktober dort wohnt.

Was ist das eigentlich für ein Job, Eremit?

Alle reden immer von Job, ich weiß nicht, ob man das so nennen kann. Es ist doch eher eine Aufgabe - es geht darum, mit den Menschen in Kontakt zu treten.

Und das ist alles?

Ja, es geht darum, da zu sein. Reden, wenn jemand reden will, sich aber nicht aufdrängen. Seit dem 16. Jahrhundert gehen die Bauern der Gegend zu der Höhle und bitten um eine gute Ernte. Seit dem 17. Jahrhundert ist die Einsiedelei fast durchgehend bewohnt.

Wie vertreibt man sich als Eremiten eigentlich die Zeit?

Heute gibt es ja Möglichkeiten, sich ein bisschen näher an den Puls der Zeit zu bringen - mit Batterien geht alles. Zur Ausstattung gehört das aber nicht. Es gibt keinen Strom, es gibt kein fließendes Wasser, nicht mal einen Bach in der Nähe. Man muss sich alles, was man zum Leben braucht, selbst dort hoch tragen. Manchmal bringen Wanderer etwas vorbei. Aber das ist auch der einzige Service.

Gibt es Geld?

Nein.

Und wie ist die Einrichtung?

Es gibt einen Kachelofen, einen Herd und ein Bett. Das war's. Das Holz muss man sich auch selber zur Einsiedelei tragen.

Ist so ein Leben überhaupt noch zeitgemäß? Das will doch keiner mehr, oder?

So wie das Echo auf die Stellenausschreibung ist, ist das noch zeitgemäß, doch.

Wie meinen Sie das?

Letztens war ich mit einem Reporterteam oben an der Einsiedelei. Überall erscheinen Berichte - und wir haben viele Bewerbungen. Offensichtlich ist das so unzeitgemäß, dass es wieder im Trend liegt.

Aber Sie würden dort doch auch nicht leben wollen, oder?

Für mich käme das nicht infrage. Schon, weil ich nicht kochen kann. Aber es gibt Menschen, die suchen die Abgeschiedenheit. Unser vorletzter Eremit kam zwölf Jahre lang jeden Sommer, weil es ihm so gefallen hat. Hätten Sie denn Interesse?

Ich überleg's mir noch mal.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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