Sozialdemokraten:Kritik an SPD-Landeschef Pronold wird immer lauter

Auftakt Landesparteitag SPD Bayern

Rivalen auf dem SPD-Parteitag in Hirschaid 2015: Landeschef Florian Pronold (links) und sein Gegenkandidat Walter Adam.

(Foto: Timm Schamberger/dpa)
  • Florian Pronold, der Landesvorsitzende der Sozialdemokraten, gilt als angezählt.
  • Die Umfragewerte der Partei sind so schlecht wie nie, Regensburgs SPD-Oberbürgermeister Wolbergs sitzt in Untersuchungshaft.
  • Nun hat eine Gruppierung innerhalb der Partei, die sich "Die Mutigen" nennt, ein Positionspapier veröffentlich, in dem sie Forderungen stellt.

Von Lisa Schnell

Der Ruf nach einem kompletten Neuanfang in der SPD will nicht verstummen. Seitdem die Partei in den Umfragen bei 14 Prozent rumdümpelt und der Regensburger Oberbürgermeister, ein Parteifreund, wegen Korruptionsverdachts in Untersuchungshaft sitzt, gilt der Landesvorsitzende Florian Pronold als angezählt. Gerade war die erste Empörungswelle von meist anonymen Kritikern abgeebbt, kommt schon die nächste angerollt.

Es ist wieder die "Zeit für die Mutigen", wie sich eine Gruppe in der SPD nennt, die ihre Partei schon beim letzten Parteitag 2015 durchrüttelte. Damals präsentierte sie überraschend den bis dahin unbekannten Walter Adam als Gegenkandidaten für Florian Pronold. Der urige Pensionär überzeugte mehr als 30 Prozent der Delegierten. Auch dieses Jahr könnte Pronold ein ähnliches Fiasko drohen.

Die Bayern-SPD müsse den Weg für einen "inhaltlichen und personellen Neuanfang frei machen", heißt es in einem Positionspapier, das von "den Mutigen" am Donnerstag veröffentlicht wurde. Seit Jahren sei die deprimierende Situation der SPD unverändert, innerparteiliche Kritik werde ignoriert, der Landesverband verkümmere zu "einem Wahlverein für die Aufstellung der Bundestags- und Landtagskandidaten. Ein Weiter-so sei für das Bündnis "nicht mehr akzeptabel". Was sich aus ihrer Sicht ändern müsste, haben "die Mutigen" in drei Hauptforderungen formuliert.

So wollen sie mit einer Urwahl des Spitzenkandidaten oder der Kandidatin für die Landtagswahl der Basis mehr Mitspracherecht geben. "Die Mitglieder fragen sich, was ihre Mitgliedschaft überhaupt wert ist", sagt Markus Käser, SPD-Kreisvorsitzender von Pfaffenhofen und ein Sprecher des Bündnisses. Eine Urwahl könne motivierend wirken. Auch die Trennung von Amt und Mandat beim Landesvorsitz gehört zu den Forderungen. "Unsere Partei ist zu wertvoll, um sie nur im Nebenberuf zu führen", heißt es in dem Papier. Wer, wie Pronold, im Bundestag sitze und für ein Ministerium arbeite, der sei zeitlich einfach zu eingebunden, sagt Käser. Pronold verkörpere damit außerdem die große Koalition wie kein anderer. Aus dieser Position sei es schwer, die Interessen der Bayern-SPD in den Vordergrund zu stellen.

"Typisch bayerisch", lautet dann auch eine weitere Forderung. Viel zu lange schon werde die SPD "blass und leidenschaftslos" verkörpert. "Die Sehnsucht nach einem bayerischen Herz an der Spitze" müsse endlich gestillt werden, ist in dem Papier zu lesen. Dass Pronolds Herz nicht bayerisch genug schlägt, zeigt sich für Käser etwa in dessen Zustimmung für das Handelsabkommen Ceta - gegen einen Beschluss der Bayern-SPD.

Offen für Kritik - unter einer Bedingung

"Neuanfang oder Insolvenzverschleppung", vor dieser Entscheidung stehen die Delegierten aus Sicht "der Mutigen" bei der Wahl des Landesvorsitzenden im Mai. Es sei nun an der Parteiführung, den Neuanfang zu organisieren, heißt es in dem Papier. Doch wenn sich weiter nichts bewege, seien viele Genossen bereit, die Alternative zu sein. In den Ohren von Pronold muss das wie eine Drohung klingen. Es sei jedem "unbenommen", etwa den Vorschlag von Trennung und Mandat beim nächsten Parteitag einzubringen, sagt Florian Pronold. Mehr nicht. Oft hat er in letzter Zeit betont, für jede Kritik offen zu sein, aber bitte von Angesicht zu Angesicht, der richtige Ort für Debatten seien die Parteigremien.

Beim Treffen des Landesvorstands am Wochenende müsse "ehrlich und offen" geredet werden, sagt Ewald Schurer, Mitglied des Landesvorstands. Er selbst hält von den Vorschlägen des Bündnisses wie der Trennung von Amt und Mandat nicht allzu viel. Ein Landesvorsitzender müsse in die parlamentarische Arbeit eingebunden sein, sagt auch Florian Post aus der Landesgruppe. Über eine Urwahl des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl könne man reden, meinen beide.

Es wäre mutig, einen Kandidaten zu benennen

Und der personelle Neuanfang? Das werde der Landesvorstand am Wochenende besprechen. Es sei "nicht schädlich wenn wir im Zweifel eine alternative Kandidatur hätten", sagt Vorstandsmitglied Christian Flisek, auch wenn Pronold keinen schlechten Job gemacht habe. Solange aber keiner die Hand hebe, sei die Diskussion nichts als "Selbstbeschäftigungstherapie". "Mutig" wäre es, nicht Papiere in die Welt zu schicken, sondern einen Kandidaten zu benennen, sagt er.

Gibt es einen Adam Nr. 2? Darüber will Käser von "den Mutigen" nichts sagen. Er hoffe zunächst, dass die Signale gehört werden und man "zur Vernunft kommt". Falls nicht, gebe es wohl wieder eine Kampfkandidatur. "Wenn es ein ernst zunehmender Kandidat ist, dann gewinnt er", sagen nicht wenige in der Partei. Einen zweiten Adam aber, der nur aus Protest kandidiert und den Vorsitz gar nicht übernehmen will, wünschen sich die wenigsten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: