Neubaugebiet:Bad Aibling entscheidet sich gegen Max-Mannheimer-Straße

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  • In einem Neubaugebiet in Bad Aibling entsteht eine neue Straße, die man nach dem Willen eines Stadtrats und weiterer Unterstützer nach dem KZ-Überlebenden Max Mannheimer hätte nennen sollen.
  • Die Stadträte haben den Vorschlag nun abgelehnt.
  • Die Gründe klingen merkwürdig: Offenbar wird befürchtet, dass eine Max-Mannheimer-Straße Ziel rechter Schmiereien werden könnte.

Von Matthias Köpf und Sebastian Jannasch

Der Maximiliansplatz in Bad Aibling ist gerade im Entstehen, zusammen mit den neuen Wohnbauten südlich des Bahnhofs, zwischen denen er dann liegen wird. Der Name orientiert sich an der einstigen Maximiliansbahn, klingt nach wie vor königlich und wird beim Vermarkten der Wohnungen sicher nicht hinderlich sein. Und die neue Straße dorthin wird Maximiliansstraße heißen, das hat der Rat der oberbayerischen Kurstadt gerade beschlossen.

Damit hat er zugleich entschieden, wie sie nicht heißen wird - nämlich Max-Mannheimer-Straße. Mit dem derart gescheiterten Versuch, den im September gestorbenen KZ-Überlebenden und Zeitzeugen Max Mannheimer zu ehren, haben die Räte ihrer Stadt und sich selber aber eher keine Ehre gemacht.

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Den Vorschlag hatte SPD-Stadtrat Richard Lechner vor einigen Wochen gemacht und dafür zunächst viel Zustimmung erhalten. Mannheimer hatte öfter Vorträge in den Bad Aiblinger Schulen gehalten und sollte im vergangenen September die lokalen Literaturtage eröffnen. Er hatte krankheitsbedingt absagen müssen und war wenige Tage später gestorben.

Aus immobilienwirtschaftlicher Sicht passt "Maximiliansstraße" doch am besten

Der Bauausschuss schloss sich Lechners Vorschlag einstimmig an, doch die Einigkeit hielt nicht lange: Bürgermeister Felix Schwaller (CSU), selbst ein erklärter Befürworter von Lechners Vorschlag, gab zur entscheidenden Stadtratsitzung bekannt, dass im Rathaus Anrufe und Schreiben eingegangen seien. Neben Vorschlägen, die Straße nach Franz Josef Strauß zu benennen, sei auch die Sorge formuliert worden, dass die schöne neue Wohnanlage in einer Max-Mannheimer-Straße womöglich Ziel rechter Schmierereien werden könnte.

Zwar ist es in der nahen Geschwister-Scholl-Straße, in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße oder in der Anne-Frank-Straße bisher nie zu derartigen Schmierereien gekommen, doch angesichts solcher Sorgen vertagten sich die Räte lieber. Dazu kam der Vorschlag, die neue Straße "Am Güterbahnhof" zu nennen, wie der bisherige festgefahrene Weg über den Bahngrund inoffiziell schon immer geheißen hat. "Am Güterbahnhof" aber hört sich so gar nicht nach den "Maximiliansgärten" an, wie die dort noch zu bauenden Häuser schon lange angepriesen werden. Aus immobilienwirtschaftlicher Sicht passt "Maximiliansstraße" doch am besten.

Wenn man Bürgermeister Schwaller nach Gründen für den Stimmungswandel fragt, antwortet er wolkig: Er spricht was von Asyldebatte und einigen Leuten in der Bevölkerung, die Schaum vorm Mund hätten. Insgesamt müsse er eine "Tendenz weg von der Geschichte" feststellen, die Offenheit sei nicht mehr da. Das sei auch für ihn eine bittere Erfahrung. Begeistert von der Mannheimer-Straße sei nur eine "gewisse Schicht" gewesen.

In der Ratssitzung hieß es dann von einem CSU-Stadtrat: Für Mannheimer wäre irgend so eine Sackgasse sowieso zu wenig. Grünen-Stadträtin Martina Thalmayr hält die Begründung für "völlig unglaubwürdig". Es sei eine "totale Katastrophe", wegen einiger ablehnender Stimmen einzuknicken. "Es entsteht der Eindruck, dass man die Erinnerungskultur weit wegschieben will." Denn irgendwann einmal soll es draußen am Stadtrand ein Neubaugebiet geben, und dort wird für Max Mannheimer dann vielleicht sogar ein kleiner Platz frei.

© SZ vom 03.02.2017 / KPF, Sjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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