Rosenheim:Wie man richtig über Xavier Naidoo streitet

Xavier Naidoo

Eine Nähe zu den "Reichsbürgern" werfen manche Xavier Naidoo vor. Um Musik geht es längst nicht mehr.

(Foto: dpa)

Der Sänger tritt im Sommer in Rosenheim auf. Es entbrennt ein Streit - und dann ein Streit über den Streit. Selbst auf einen Nazivergleich muss man nicht lange warten.

Kolumne von Matthias Köpf

Über Geschmack lasse sich nicht streiten, heißt es schon seit der Zeit, als die gescheiten Leute noch auf Latein geschrieben haben. Aber stimmen muss das deswegen natürlich noch lang nicht. Denn, mit Verlaub: Die Musik von Xavier Naidoo ist objektiv jämmerlich. Oder etwa nicht?

Wie auch immer, die Rosenheimer sind da längst ein bisschen weiter. Sie haben etwas gefunden, über das sich jedenfalls bestens streiten lässt, und wenn es nicht dieser Naidoo selber mit seinen musikalischen und sonstigen Äußerungen ist, dann ist es eben die Art, wie über Naidoo richtig zu streiten wäre. Dieser Streit über den Streit hat immerhin den Vorteil, dass die Geschmacksfrage ein bisschen in den Hintergrund gerät. Dafür spielen Stilfragen eine umso größere Rolle.

Angefangen hat damit die Grüne Jugend, und auch die ist als Teil des eigens gegründeten Bündnisses "Kein Hass auf Rosenheims Bühnen" eigentlich ein bisschen vorgeprescht: Naidoos Auftritt als Sänger der Söhne Mannheims beim diesjährigen Sommerfestival müsse abgesagt werden, lautet jedenfalls die am Dienstag noch einmal erneuerte gemeinsame Forderung, denn der sonst so schnulzige Soul-Popper sei ein "Hasssänger" und "Reichsbürger"-Sympathisant.

Das mit den "Reichsbürgern" wäre nun eigentlich keine Geschmacksfrage mehr. Aber vielleicht hat der Stadtsprecher sie ja dafür gehalten und befürchtet, dass man darüber nicht mehr weiterstreiten kann. Jedenfalls war in der Erklärung aus dem Rathaus dann kaum verhohlen von einer Gesinnungsschnüffelei wie in der Nazizeit die Rede, und bitte: Wie sollte man Nazizeit noch toppen?

Der SPD-Fraktionssprecher hat es mit dem Vorwurf einer geistigen Nähe zu AfD und Pegida wenigstens versucht, und siehe da: Der Erfolg war groß, denn die Gegenseite drohte nun mit Klagen wegen übler Nachrede. Danach stand tagelang ernsthaft zu befürchten, dass sich das Publikum bis zum Sommerfestival an anderen Spektakeln ergötzen muss, doch am Montagabend legte der SPD-Mann doch noch nach: Die Drohung mit der Klage zeige ja gerade wieder, dass es die Gegenseite mit der freien Meinungsäußerung und so weiter und so fort.

Lieber Geschmacksfragen? Gern: Naidoo ist jämmerlich.

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