Oberlandesgericht:Partnerin mit HIV infiziert: Mann muss 71 000 Euro zahlen

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Ein Schnelltest zeigt, ob Aids-Viren im Blut sind oder nicht. (Foto: REUTERS)

Bei ihm sei "alles in Ordnung", soll er seiner damaligen Freundin erzählt haben. Dann steckte er sie mit dem Aids-Erreger an und weigerte sich, Schmerzensgeld zu zahlen.

Ein Mann, der seine ehemalige Partnerin mit dem Aids-Erreger HIV angesteckt hat, muss ihr 71 000 Euro Schmerzensgeld plus Zinsen zahlen. Das hat das Oberlandesgericht München am Mittwoch entschieden. Er muss außerdem ihre Anwaltskosten übernehmen und für eventuelle materielle und immaterielle Schäden, die der Frau künftig entstehen, zu zwei Dritteln aufkommen.

Die heute 60-Jährige hatte in dem Zivilprozess 160 000 Euro Schmerzensgeld verlangt.Sie hatte den Mann 2012 kennengelernt und nach eigenen Angaben vor dem ersten Sex einen Aidstest verlangt, weil seine frühere Lebensgefährtin an Immunschwäche gestorben war.

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Er habe allerdings entgegen der Absprache nur einen allgemeinen Gesundheitscheck und keinen Aidstest gemacht und ihr gesagt, bei ihm sei alles in Ordnung. Daraufhin schlief die Klägerin im Juli 2012 zum ersten Mal mit dem Mann. Einige Monate später stand fest, dass auch sie HIV positiv ist.

Das Landgericht München hatte in vorheriger Instanz ein Schmerzensgeld von 110 000 Euro bewilligt, wogegen der Beklagte Rechtsmittel einlegte. Die Klägerin wiederum legte Anschlussberufung ein und erhob ihre Ursprungsforderung von 160 000 Euro.

Es war nicht das erste Mal, dass eine HIV-Infektion die Justiz beschäftigt. Nach Angaben der Deutschen Aids-Hilfe gab es seit 1987 50 Strafrechtsprozesse.Die Deutsche Aids-Hilfe lehnt die Strafbarkeit der HIV-Übertragung ab. Sie bürde, so die Begründung, Menschen mit HIV einseitig die Verantwortung auf. Jeder Mensch könne und müsse selbst für Schutz sorgen.

Schätzungen zufolge infizieren sich jedes Jahr 3200 Menschen in Deutschland mit HIV. Alleine in Bayern wurden 2015 643 HIV-Erstdiagnosen gemeldet. In München ist die Zahl der Ansteckungen im Vergleich besonders hoch. Experten halten auch die Dunkelziffer für hoch, also die Zahl der Menschen, die gar nicht wissen, dass sie das Virus in sich tragen.

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